Duisburg. Busse statt Bahnen wegen Bauarbeiten: So läuft der Schienenersatzverkehr zwischen Hamborn und Meiderich auf der Linie 903. Was Fahrgäste sagen.
Ersatzbusse pendeln zwischen Meiderich und Hamborn, damit die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) jetzt Gleise auf der Strecke der 903 erneuern kann. Auch außerhalb des täglichen Berufsverkehrs bedeutet das Herausforderungen für die Fahrgäste.
Gegen 9 Uhr ist am Meidericher Bahnhof noch wenig los am Bussteig 6, wo der Fahrer des gelben Ersatzbusses aus Essen nach seiner Pause den Pendlern die Türen öffnet. Gerade mal 20 Fahrgäste wollen in den Stadtnorden. Unterwegs schauen sie auf Bagger an den großen Baulöchern, wo die Gleise bereits entfernt sind.
Schienenersatzverkehr im Duisburger Norden: Die Busse sind teils rappelvoll
Wenig später, auf einem anderen Baustellenabschnitt, schweißen und hämmern Arbeiter gerade an den Schienen. Der entgegenkommende Ersatzbus 903 ist rappelvoll. Deutlich mehr Menschen wollen über Meiderich die Innenstadt als vom Meidericher Bahnhof nach Hamborn.
Ausbau der Bahnlinie 903- Das kommt auf die Duisburger zuDieser Eindruck bestätigt sich später bei der Ankunft im Rathaus. Zusammen mit den Straßenbahnkunden aus Walsum warten nun mehr als hundert Menschen an und vor der Bushaltestelle am Hamborner Rathaus auf den nächsten Ersatzbus.
Darunter ist auch die hochschwangere Cindy Gröning. Der errechnete Geburtstermin ist schon überschritten. Ihren Arzttermin hat sie extra außerhalb des Berufsverkehrs gelegt. „Im vollen Bus kriege ich nie einen Platz angeboten“, sagt die 32-Jährige. Um von sich aus darum zu bitten, dafür sei sie zu schüchtern. „Die Ersatzbusse hier sind für mich die beste Motivation, schnell den Führerschein zu machen“, scherzt sie und lacht, bevor sie sich in einen brechend vollen Bus quetscht.
Mit ihr möchte Maria Vizdoaga nicht tauschen, die gerade beruflich in die Innenstadt unterwegs ist. Neuerdings braucht sie von Walsum in die City dank zweifachen Umsteigens statt 40 Minuten manchmal sogar die doppelte Zeit. Schlimmer findet sie aber, „dass niemand mehr den Corona-Abstand einhält“.
Hundert Menschen drängen in den Ersatzbus der Linie 903
Wer es sich zeitlich leisten kann, verzichtet ohnehin lieber darauf, sich mit hundert anderen Menschen in einen Bus oder eine Bahn zu drängen. Gerade viele Rentner lassen den einen oder anderen Ersatzbus am Rathaus aus und steigen auch in keinen vollen regulären Linienbus.
Unfreiwillig bleiben dagegen jetzt zahlreiche Mütter mit Kinderwagen und weiteren Kindern an der Haltestelle zurück, während zwei Seniorinnen mit Rollatoren ihr Glück versuchen. Andere Fahrgäste hasten aus der Straßenbahn 903, sprinten bei roter Ampel über die Straße, um noch den Ersatzbus zu erwischen – vergebens.
Rentner warten geduldig an den Haltestellen
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„Das ist eine Katastrophe“, kommentiert Uwe Deichmann den Schienenersatzverkehr und ist an diesem Morgen damit längst nicht der Einzige, der ihn so beschreibt. Der Rentner kommt gerade vom Friseur und vom Einkauf, hat aber vorausschauend nichts in der Tüte, was schnell ins Eisfach muss.
„Das ist hier alles schlecht organisiert“, findet der 61-Jährige. Nicht zuletzt, weil oft auf eine volle Straßenbahn eine fast komplett leere folgte. Er kenne besseren Schienenersatzverkehr aus Hamburg, Berlin und München.
Während er auch beim nächsten vielbegehrten Ersatzbus nach Meiderich aussetzt, wagen sich andere ins Getümmel. Wieder finden nicht alle Familien mit Kinderwagen genug Platz und bleiben zurück. An der Trinkhalle neben dem Rathaus holen sie sich bei Petra Kövari einen Kaffee oder Limo.
„Die Busse sind wirklich oft richtig voll“, beobachtet die Verkäuferin und sagt voraus: „Wenn die Schule wieder anfängt, wird das noch viel schlimmer.“ Dabei ist es auch an einem eher ruhigen Ferienmorgen längst nicht immer nur schön für Kövari.
Vor allem im Berufsverkehr meckern Pendler dann über unfreiwillige Wartepausen, machen ihrem Ärger lautstark Luft. „Manchmal werden sie auch uns gegenüber kiebig“, sagt Petra Kövari, „aber wir haben ein dickes Fell.“
Duisburger Fahrgäste brauchen derzeit Gelassenheit
Schon bald fährt der nächste Ersatzbus mit gut 80 Menschen ab. Drinnen ist es stickig, vereinzelt ziehen Fahrgäste ihre Corona-Maske unter die Nase oder unters Kinn. Kommentare oder gar Streit darüber bleiben aus.
An den Haltestellen steigen weitere Passagiere zu. Ankunft am Meidericher Bahnhof ist fast eine halbe Stunde später, viele gehen direkt weiter zur U-Bahn und rennen noch auf der Treppe los, als sie hinten am Gleis die 903 stehen sehen, vor der sich schon eine Menschentraube gebildet hat.
Die 23-jährige Kristina Gusarieva rennt nicht dorthin, sondern wartet mit ihrer Schwester Karolina (15) ganz gelassen auf eine spätere U-Bahn. Sie fährt nur wenige Minuten später ein. Für eine Großstadt, finden die beiden Flüchtlinge aus der Ukraine, seien die Bahnen und Busse nicht wirklich voll – und der Schienenersatzverkehr sei gut organisiert.
Die Fahrpläne seien für sie leicht verständlich, obwohl sie kaum Deutsch sprechen. „Das ist alles nicht kompliziert“, sagt Kristina auf Englisch, mit den Straßenbahnen und Ersatzbussen liefe eigentlich „alles ganz gut“.
Da würden jedoch viele Duisburgerinnen und Duisburger widersprechen. Sie beschweren sich über volle Bahnen und Ersatzbusse, aber auch über viele Bahnausfälle und Verspätungen auf der Linie 903.
Duisburger Verkehrsgesellschaft verzeichnet steigende Nachfrage am ÖPNV
Grundsätzlich fährt der Schienenersatzverkehr im gleichen Takt wie die Straßenbahnen der 903, also tagsüber alle siebeneinhalb Minuten. Das teilt die DVG auf Nachfrage mit. Zwischen Meiderich und Hamborn setzt sie nach eigenen Angaben insgesamt acht Gelenkbusse ein.
Der Fahrgastwechsel dauert demnach bei Gelenkbussen länger als bei Straßenbahnen. Die Busse stehen zusammen mit Pkw im Stau und sind in engen Straßen langsamer und rücksichtsvoller unterwegs. „Das kann zu Verzögerungen führen, so dass längere Wartezeiten entstehen können“, so eine Sprecherin. Die Straßenbahnen und Ersatzbusse seien aufeinander abgestimmt. Doch aufgrund teilweise verspäteter Busse könne nicht jeder Anschluss eingehalten werden.
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Trotz des Schienenersatzverkehrs und immer mal wieder unplanmäßigen Ausfällen bei den Bahnen – zuletzt am Samstag wegen kurzfristiger Krankmeldungen – steigt in Duisburg wieder das Interesse am ÖPNV. „Ganz grundsätzlich verzeichnen wir seit einigen Wochen wieder eine steigende Nachfrage“, auch an Wochenenden, bestätigt die DVG-Sprecherin. Das liege nicht nur am 9-Euro-Ticket, sondern auch an gelockerten Corona-Regeln und an den Veranstaltungen in der Stadt.
Die Strecke vom Hamborner Rathaus zum Meiderich Bahnhof bleibt also wohl auch künftig viel genutzt. Noch bis voraussichtlich Mitte September 2022 ist dort Schienenersatzverkehr geplant.