Duisburg-Hamborn. Nach Beschwerden über das Verhalten von Drogensüchtigen im Hamborner Zentrum haben sich Akteure aus dem Stadtteil über Lösungen ausgetauscht.
Pöbeleien, Handgreiflichkeiten, Spuckattacken – Hamborner berichten von zunehmenden Problemen mit Drogenabhängigen, seit der Suchthilfeverbund seine neue Niederlassung am Rathaus eröffnet hat. Ein Runder Tisch aus Politik, Ordnungsamt, Polizei und weiteren Akteuren hat sich jetzt zu diesem Thema ausgetauscht. Dabei herrscht Einigkeit: Die Suchthilfe ist nicht Ursache des Problems, sondern muss Teil der Lösung sein.
Viele Menschen, das bestätigen auch die Reaktionen auf die bisherige Berichterstattung, fühlen sich beim Einkaufen im Hamborner Zentrum unwohl. Das ist schlecht für die Händler, aber auch Anwohner klagen darüber, dass immer wieder Junkies in Hausfluren Drogen konsumieren oder an Hauseingängen urinieren.
Team der Suchthilfe soll Kontakt zu Drogenabhängigen aufbauen
Ein ernstzunehmendes, aber bereits älteres Problem, sagen die Bezirksvertreter Christopher Hagenacker (SPD) und Marcus Jungbauer (CDU). Beide erinnern daran, dass man jahrelang für das Streetwork-Projekt in Alt-Hamborn gekämpft habe. „Schon damals, also lange vor Ansiedelung des Suchthilfeverbunds, hat man hier Spritzen gefunden“, so Jungbauer.
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Zwei Streetworkerinnen haben vor rund elf Wochen die Arbeit aufgenommen. Ihre tägliche Runde führt sie neben dem Rathausvorplatz zum Altmarkt und zu den Grünanlagen im Hamborner Zentrum. Dort sprechen sie ihre Klienten an, versuchen, Kontakt aufzubauen. „Die Runde dauert etwa anderthalb Stunden, je nachdem, wie viel los ist“, sagt Mustafa Arslan, Geschäftsführer des Suchthilfeverbunds.
Duisburger Ordnungsamt registriert nicht sehr viele Beschwerden
Das unbehagliche Gefühl mancher Menschen an diesen Orten beruhe oft auf einer subjektiven Einschätzung, meint Thorsten Bleckmann vom Ordnungsamt: „Drogenabhängige sind ein Klientel, dem viele Bürger ängstlich begegnen.“ Natürlich gehe man jeder Beschwerde nach und habe zum Beispiel die Möglichkeit, Platzverweise auszusprechen. Die Beschwerden hielten sich allerdings in Grenzen; in der ersten Märzwoche etwa habe es keine einzige gegeben.
Vorwürfe wie der, Süchtige würden absichtlich die Gehwege blockieren, seien zudem nur schwer zu überprüfen: „Auf dem Gehweg darf jeder stehen“, sagt Bleckmann, der aber natürlich weiß, dass sich viele Situationen bereits aufgelöst hätten, wenn die Ordnungskräfte eintreffen. Auch sei klar, dass nicht bei jedem Vorfall die Polizei oder das Ordnungsamt verständigt werde.
Klocontainer und Konsumraum könnten Situation in Hamborn entschärfen
Dass Spritzen in der Öffentlichkeit herumliegen oder an Häuser uriniert wird, geht gar nicht – da sind sich die Beteiligten einig. Um das einzudämmen, brauche es aber auch entsprechende Angebote. Schwester Ursula von Marxloher Petershof wirbt daher für Toilettencontainer, mit denen man dort gute Erfahrungen gemacht habe: „Das Wildpinkeln hat bei uns seitdem aufgehört.“ Die Suchthilfe bringt außerdem einen Konsumraum ins Spiel, an dem die Abhängigen im geschützten Umfeld und abseits der Öffentlichkeit Drogen nehmen können.
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Benötigt werde aber vor allem Zeit, sagt Mustafa Arslan. „Die brauchen wir, um einen Dialog und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.“ Gleichzeitig würde er gerne Vorurteile abbauen und Menschen für die Probleme der Suchtkranken sensibilisieren. Denn Arslan sagt auch: „Das sind erwachsene Menschen, die werden wir nicht umerziehen.“
Drogenszene hat in jeder Großstadt ihre Treffpunkte
Diese Zeit soll sein Team bekommen. Verschwinden werden die Süchtigen ohnehin nicht – Treffpunkte von Drogen- und Alkoholabhängigen gibt es in jeder Großstadt, bestätigt Polizist Christian Draeger, der früher in Essen gearbeitet hat. Ähnlich äußert sich Bezirksbürgermeisterin Martina Herrmann (SPD): „Es nützt nichts, diese Orte so ungastlich wie möglich zu machen. Dann ziehen die Leute einfach um.“
Der Runde Tisch will sich deshalb im Herbst erneut austauschen und sehen, wie sich die Situation weiter entwickelt hat.
>>SUCHTHILFEVERBUND HILFT DROGENABHÄNGIGEN IN NOTSITUATIONEN
• In seiner Hamborner Kontakt- und Anlaufstelle unterstützt der Suchthilfeverbund die Betroffenen neben Drogenberatung mit niederschwelligen Angeboten, darunter Spritzentausch, Duschen, Waschmaschinen, Essens- und Kleidungsausgabe oder eine Postadresse für Obdachlose.
• Außerdem werden Suchtkranke in Notsituationen unterstützt und können auf ein Hilfsnetzwerk aus Behörden und anderen Akteuren zurückgreifen, auch damit sie ihre Grundsicherung bekommen.