Duisburg. Zwei Ukrainerinnen beleben jetzt einen Mietertreff in Duisburg. Dort wollen sie anderen geflüchteten Landsleuten helfen, vor allem den Kindern.

Die beiden jungen Frauen sind seit Kindertagen beste Freundinnen. Beide sind vor dem Krieg geflohen, aus ihrer Heimatstadt Lusk in der nordwestlichen Ukraine. Erst in Duisburg haben sich Anastasia Dudik und Anna Zhuravlova wiedergesehen. Mit ihrem Ehemann und ihrer kleinen Tochter Polina lebt Dudik jetzt im Duisburger Norden, in einer vorübergehenden Wohngemeinschaft mit Zhuravlova, der Patentante des kleinen Mädchens. Zusammen mit der Wohnungsgesellschaft (Woge) Ruhrgebiet bauen die beiden 26-jährigen Ukrainerinnen gerade einen Flüchtlingstreff in Alt-Hamborn auf.

Insgesamt 20 Wohnungen hat die Woge an die Stadt übergeben, die dort ukrainische Kriegsopfer unterbringen wird. Hauptsächlich ziehen wohl Familien oder Frauen mit Kindern ein. Weitere zehn Wohnungen werden aktuell hergerichtet und sollen im Mai folgen. Für sie alle wird zudem aus der ehemaligen Geschäftsstelle an der Maxstraße ein Treffpunkt für die Ukrainerinnen und Ukrainer aus den Woge-Gebäuden. Zu den Mietern zählen auch die zwei Freundinnen, die seit drei und vier Wochen in Duisburg sind.

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Zuletzt war das Gebäude ein Mietertreff. Meist nutzten ihn Seniorinnen, dann beendete die Corona-Pandemie die Zusammenkünfte. Nun sollen viele Kinder mit ihren Eltern kommen, sagt Anna Zhuravlova. Die fünfjährige Polina will zwar zurück nach Lusk, freut sich aber trotzdem schon auf andere Kinder, mit denen sie in Hamborn spielen, Lieder singen und malen kann.

Sozialer Treffpunkt für Geflüchtete aus der Ukraine eröffnet bald in Duisburg-Hamborn

Der neue Treff soll ein sicherer Ort sein. „Alle Menschen, die aus der Ukraine hierher kommen, brauchen Unterstützung. Jeder ist willkommen“, sagt Zhuravlova, die mit ihrer Freundin die Einrichtung künftig leitet. Dabei übernimmt sie die Aufgabe der Dolmetscherin. Zunächst ehrenamtlich, bis die Woge sie offiziell anstellen darf. Sie hat Fremdsprachen studiert und spricht nicht nur Ukrainisch, Russisch und Englisch, sondern auch Deutsch.

Der Dienstwagen ist schon aufgetankt. Anastasia Dudik und Anna Zhuravlova wollen als kleines Willkommenskomitee ihre Landsleute in Duisburg besuchen, die auch bei der Wohnungsgesellschaft Ruhrgebiet unterkommen.
Der Dienstwagen ist schon aufgetankt. Anastasia Dudik und Anna Zhuravlova wollen als kleines Willkommenskomitee ihre Landsleute in Duisburg besuchen, die auch bei der Wohnungsgesellschaft Ruhrgebiet unterkommen. © Woge Ruhrgebiet | Volker Wieczorek

„Das hier wird ein sozialer Treffpunkt, um das Leid besser zu ertragen“, sagt Woge-Geschäftsführer Volker Dittrich. „Hier können die Ukrainer gemeinsam backen, Mittagessen kochen, und Kinder können hier spielen.“ Dass es den Kindern gut geht und sie einen sicheren Ort haben, soll dabei im Vordergrund stehen, betont Anna Zhuravlova. „Ich vermisse meine Familie und meine Freunde, die fast alle in der Ukraine sind. Natürlich freue ich mich darauf, wieder nach Hause zu kommen“, sagt sie. Aber vor Polina und anderen Kindern sprechen die Erwachsenen nicht über ihre Kriegserlebnisse.

„Niemand von uns will über den Krieg sprechen“, betont die Einrichtungsleiterin, „aber wir wollen uns über Nachrichten aus der Heimat austauschen.“ Die beherrscht der Krieg. Und so sprechen auch fremde Ukrainer, die sich zufällig bei Behörden treffen, beim Spazierengehen oder beim Bäcker, notgedrungen über Tod, Leid und Gräueltaten.

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Neben Nachrichten aus der Heimat, sagt Anastasia Dudik, die in Lusz als Schuhverkäuferin gearbeitet hat, beschäftigt ihre Landsleute in Duisburg aktuell, wie die Kinder in den Kindergarten oder die Schule kommen und wie die Erwachsenen eine Arbeit finden.

In Duisburg fühlen sich die Freundinnen sehr willkommen und sind sehr dankbar dafür. Wo auch immer sie hingehen, die Duisburgerinnen und Duisburger seien sehr freundlich, lächeln und grüßen immer und helfen, wo sie können.

Ukrainer erleben Kulturschock auf Duisburger Behörden

Jetzt wollen die beiden Frauen ihren Landsleuten beim Eingewöhnen im Duisburger Norden helfen. Auch wie sie mit dem Kulturschock in Sachen Duisburger Behörden umgehen können. „In unserem Land“, erzählt die ehrenamtliche Dolmetscherin, „läuft alles digital. Hier müssen wir zu jedem Amt persönlich hingehen und dann sehr lange warten.“

Im Treffpunkt für ukrainische Flüchtlinge in Duisburg-Hamborn soll schon sehr bald fröhliches Kinderlachen zu hören sein.
Im Treffpunkt für ukrainische Flüchtlinge in Duisburg-Hamborn soll schon sehr bald fröhliches Kinderlachen zu hören sein. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Nicht mehr lange warten müssen sie dagegen auf die städtische Namenslisten, die jetzt jeden Tag bei der Woge eingehen müssen. Darauf steht, welche Flüchtlinge in den 20 übergebenen Wohnungen untergebracht sind. Sobald sie Namen und Adressen bekommen, setzen sich Anna Zhuravlova und Anastasia Dudik in ihren Firmenwagen, besuchen die Neuankömmlinge zu Hause als kleines Willkommenskomitee. „Das wird für alle eine schöne Überraschung“, sind sie schon voller Vorfreude.

Dabei stellen sie sich als Leiterinnen für den ukrainischen Mietertreff an der Maxstraße vor und wollen im Duisburger Norden eine Community aufbauen. Erste Erfolge gibt es bereits dank sozialer Medien und dem Messenger-Dienst Telegram. Welche Angebote künftig alles im neuen Treffpunkt angeboten werden, soll in der Gemeinschaft beraten werden. Spätestens nach Ostern soll dort aber regelmäßig fröhliches Kinderlachen zu hören sein.

>> STADT DUISBURG GEHT VON MEHR ALS 12.500 GEFLÜCHTETEN AUS DER UKRAINE AUS

● Bislang sind über 3000 Menschen aus der Ukraine in Duisburg angekommen. Die Stadt rechnet, basierend auf Prognosen, mit potenziell mehr als 12.500 Geflüchteten.

Der neue Treff an der Maxstraße 3 ist ausschließlich für ukrainische Flüchtlinge, die bei der Wohnungsgesellschaft Ruhrgebiet im Duisburger Norden leben. Um die Wohnungen zu möblieren, arbeitet die Woge aktuell mit Sozialkaufhäusern zusammen.

● Die Woge-Tochter Wohnungsbau hat zudem damit begonnen, Ukrainer als Handwerker anzustellen. Zusätzlich will sie ihr Netzwerk nutzen, um weitere Jobs zu vermitteln.

● Zudem plant sie Vorträge für junge Ukrainerinnen zur Kriminalitätsprävention, weil längst nicht jeder und jede Deutsche ihnen Gutes will. Offen ist noch, ob bei Bedarf auch Unterstützung bei Kriegstraumata geleistet oder zumindest vermittelt werden kann.