Duisburg-Beeck. Die Beecker Kirmes ist abgesagt, eine Neuauflage in 2022 nicht ohne Kritik. Doch der Duisburger Traditionsrummel soll ein neues Konzept bekommen.

Die Beecker Kirmes fällt wegen Corona bereits im zweiten Jahr infolge aus. Das hat kürzlich die veranstaltende Stadttochter Duisburg-Kontor entschieden. Die Menschen in Beeck können diese Entscheidung nachvollziehen, sind sich aber uneins über eine Neuauflage im Sommer 2022. Dagegen steht für die Schausteller und die Stadt Duisburg bereits fest, dass sie den jahrhundertealten Traditionsrummel nicht sterben lassen werden. Derzeit tauschen sich alle Beteiligten über ein neues Konzept aus – und sprechen dabei auch über ungewöhnliche Ideen.

Ein frisches Konzept scheint auch nötig, zumal die 480. Auflage der Kirmes im Jahr 2019 in der Kritik stand. So hatte es einen deutlichen Besucherrückgang um rund ein Drittel gegeben – bis zum Abschlussfeuerwerk des fünftägigen Rummels kamen nur noch 200.000 Besucher. Vor allem kritisierten die Duisburger, etwa in den sozialen Medien, dass zu wenig Fahrgeschäfte aufgebaut waren und dass der Jahrmarkt geschrumpft war. Wenig Gegenliebe fand unter Beeckern auch, dass die Organisatoren seit 2017 vom traditionellen Termin rund um den Bartholomäustag (24. August) abgewichen sind.

Kritik an der Beecker Kirmes: „Lieber einen Schlussstrich ziehen“

„Uns zieht es nicht mehr auf die Kirmes, und darüber sind wir sehr enttäuscht“, sagt der Beecker Torsten Karau, der sich als Lokalpatriot sieht und bei Facebook auf vergangene Zeiten seiner Heimat blickt. Seine Gruppe „Erinnerungen an Beeck“ hat mehr als 1300 Mitglieder, und diese äußerten mehrheitlich Kritik am Rummel.

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Denn die Beecker verbinden demnach mit der Kirmes schöne Kindheitserinnerungen aus den 70ern, 80ern oder 90ern. Der Vergleich mit der letzten Version vor Corona erzeugt bei vielen dagegen Frust. Durch die Corona-Zwangspause hat Torsten Karau gemerkt, dass er die Veranstaltung gar nicht vermisst. Damit ist er nicht alleine: Der Großteil seiner Gruppenmitglieder plädiere mittlerweile dafür, die Kirmes aufzugeben, möchte „lieber einen Schlussstrich ziehen“, sie in „schöner Erinnerung behalten“, bevor man 2022 „noch eine Enttäuschung erleben“ muss.

Corona-Zwangspause bedeutet auch eine Chance auf neue Ideen

Ganz anders sieht das Wilma Hohmann, die Vorsitzende des Vereins „Netzwerk Oberhof“. Sie findet die Kirmes wichtig für den Stadtteil und möchte sie erhalten sehen – wie übrigens auch sehr viele Beecker. Zwar nahm man zuletzt nur „die Nörgler“ mit ihrer Kritik wahr, die sieht Hohmann aber nicht als Mehrheit. So würdigt sie beispielsweise viele Versuche der Organisatoren, die Veranstaltung zu verbessern, etwa durch das Schlagerzelt. Das wurde zwar ein Flop, „aber man sollte nicht jeden Versuch niedermachen“.

Ohnehin erinnert Hohmann die Kritiker daran, dass die Kirmes auch deshalb kleiner wurde, weil sich einerseits Anwohner oft über Lärm beschwerten und andererseits immer weniger Menschen hingingen und Geld auf Karussells und an Imbissständen ausgaben.

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Die Corona-Zwangspause sieht Hohmann jetzt als Chance, neue Ideen zu entwickeln. Sie und andere Beecker würden sich gerne daran beteiligen, damit es 2022 mit ganz neuem Elan weitergeht. Denn ihre Heimat und der Rummel gehören für sie zusammen. „Meine Enkelkinder vermissen die Kirmes sehr“, sagt Wilma Hohmann. Genauso geht es vielen Kindern – und natürlich auch Erwachsenen.

Stadt Duisburg und Schausteller arbeiten an neuem Konzept

Tatsächlich sitzen bereits Schausteller mit dem Veranstalter Duisburg-Kontor und mit der Stadt Duisburg zusammen, damit die Kirmes nicht nur erhalten, sondern auch besser wird. „Wir sind bereit, alles in die Waagschale zu werfen, was die Attraktivität erhöht“, sagt Albert Ritter, der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes. „Die zündende Idee ist noch nicht geboren“, sagt der Essener, „aber ein Weiter so darf es nicht geben. Da muss gehandelt werden.“ Dazu seien aber bisher alle Beteiligten bereit.

Dazu gehört auch der Verbandschef der Duisburger Schausteller, Mike Bengel, für den außer Frage steht, dass wieder eine Beecker Kirmes steigt, sobald sie ohne Corona-Regeln möglich ist. „Wir sind das größte Antidepressivum“, so wirbt er dafür, dass möglichst viele Menschen und junge Familien auf den Rummel zurückkehren, der jetzt „ganz neuen Schwung“ bekommen soll. Derzeit ist aber noch offen, ob die Besucher demnächst wieder nach Beeck kommen müssen oder vielleicht nach Meiderich in den Landschaftspark Duisburg-Nord.

Duisburgs Schaustellerchef fordert Rückkehr zum traditionellen Termin

Geht es nach Bengel sollte die fünftägige Sause zumindest wieder am alten Termin rund um den Bartholomäustag stattfinden. Dadurch könne man wieder mehr Schausteller, vielleicht sogar Großkarussells, aus ganz Deutschland nach Duisburg locken, weil sie direkt im Anschluss in Moers aufbauen könnten. Doch auch das Rahmenprogramm soll wachsen. So liegen aktuell viele Ideen auf dem Tisch: etwa ein Viehmarkt wie früher, ein Handwerkermarkt oder Trödelmarkt.

Bieten wollen Veranstalter und Schausteller aber weiterhin etwas für jeden Geldbeutel, betont Mike Bengel, doch allen Beteiligten sei besonders wichtig, dass wieder mehr Besucher kommen und dass sie richtig viel Spaß haben – vor allem die Kinder.

>> RÜCKENDECKUNG AUS DER POLITIK

Rückendeckung bekommen die Schausteller von Bezirksbürgermeister Peter Hoppe, der als Kind auf der Beecker Kirmes noch den Schweineverkauf erlebt hat. Er fordert von der Stadt Duisburg Kulanz bei den Standgebühren, da die Schausteller wegen Corona zuletzt im Advent 2019 auf dem Duisburger Weihnachtsmarkt Geld einnehmen konnten.

● Nachdem bereits viele Duisburger Stadtteilkirmessen weggestorben sind, wolle die Politik alles tun, um die Beecker Kirmes und das Brauchtum zu erhalten. Peter Hoppe freut sich schon auf den Sommer 2022 und auf den ersten Fassanstich seiner Amtszeit.

„Die Situation brennt“, sagt Schaustellerchef Mike Bengel über seine Branche in der Corona-Krise. Allerdings hätten die Überbrückungshilfen bisher ein Firmensterben in Duisburg und Umgebung verhindert.