Duisburg-Bruckhausen. Das Café Ma(h)lzeit ist zum Stadtteiltreff in Duisburg-Bruckhausen geworden. Wegen Corona ist es geschlossen, doch die Solidarität ist geblieben.

Das Café in der ehemaligen Krypta der Liebfrauenkirche hat sich zu einem regelrechten Stadtteiltreff in Duisburg-Bruckhausen entwickelt. Genauso hat es sich Christoph Huxohl auch gewünscht. Für die Berufshilfeorganisation Duisburger Werkkiste verantwortet der 48-Jährige seit fast zwei Jahren das Projekt „Ma(h)lzeit“, bei dem die Solidarität durch den Magen geht und ein leckeres Essen nur der willkommene Anlass ist, sich mit seinen Nachbarn zu vernetzen. Obwohl in dieser Küche derzeit wegen Corona der Herd kalt bleibt, hält Huxohl weiterhin Kontakt zu den Stammgästen. Denn das Projekt will mehr als nur satt machen, es will soziale Teilhabe schaffen – und die ist in der Krise besonders wichtig.

„Wir wurden super angenommen“, sagt sich der gelernte Hotelfachmann Huxohl, der zudem Sozialpädagogik studiert hat. Bis zu 70 Gäste sind demnach täglich zum Mittagstisch gekommen, haben die Gemeinschaft genossen, sich nachbarschaftlich vernetzt oder Hilfsangebote genommen. So haben Ehrenamtler vor allem Rentnern beigebracht, wie sie mit Handys oder Computern umgehen oder online zu einem günstigeren Stromtarif wechseln. Angeboten wurde zudem ein Walking-Programm und eine Rückenschule.

So helfen Quartierskümmerer armen Familien in Duisburg „Das war schon immer unser Konzept“, erläutert Susanne Patzelt, die Standortleiterin der Werkkiste in Bruckhausen. So sei das Café Ma(h)lzeit von vornherein als Modellprojekt angelegt, das den Menschen im Stadtteil nicht nur ein gesundes und erschwingliches Essen serviert. Sie sollen auch ermuntert werden, Sport zu machen oder sich zumindest bewegen, und fürs digitale Zeitalter fit gemacht werden. Vor allem gehe es aber um Gemeinschaft. Durch die Mahlzeiten – ob ein Mittagessen oder nur ein belegtes Brötchen – soll Kommunikation entstehen.

Gemeinschaft und Kommunikation sind in dem Duisburger Café das Wichtigste

„Mittlerweile ist das Essen zweitrangig, jetzt geht es um die Gemeinschaft“, bestätigt Christoph Huxohl, lobt aber auch das Speisenangebot. „Wir kochen alles frisch, und unser Essen ist richtig gut. Unsere Köchin macht einen super Job.“ Auf dem Speiseplan stehen vor allem bodenständige Gerichte, „gesunde Ernährung für kleines Geld, für die, die sich das sonst nicht leisten können“. Ein Schnitzel mit Kartoffeln und Bohnen etwa kostet ermäßigt 1,50 Euro und regulär 3,50 Euro.

Das Essen von Köchin Dzenana Hegemann ist für viele Duisburger ein willkommener Anlass, sich in Bruckhausen zu vernetzen und sich zu unterstützen. Wegen Corona muss der Herd im Café Ma(h)lzeit aktuell kalt bleiben.
Das Essen von Köchin Dzenana Hegemann ist für viele Duisburger ein willkommener Anlass, sich in Bruckhausen zu vernetzen und sich zu unterstützen. Wegen Corona muss der Herd im Café Ma(h)lzeit aktuell kalt bleiben. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Obwohl das Publikum gemischt ist, von Beamten über Thyssen-Malocher bis zu Bedürftigen, so machen Rentner doch den Großteil der Gäste aus, was sogar die Speisekarte beeinflusst hat. So ist Graupensuppe besonders beliebt und wird entsprechend oft angeboten. Und: „Senioren wollen gar keine gesunde Ernährung, sondern lieber dick Butter dabei und Fettaugen auf der Suppe“, sagt Huxohl und lacht.

Bis zuletzt hat die Werkkiste versucht, diese Stadtteilküche mit einem Hygienekonzept geöffnet zu halten. „So haben sich die Leute wenigstens noch getroffen“, sagt Susanne Patzelt. Doch im Lockdown ist damit zunächst Schluss und das Café geschlossen. Ein Lieferdienst scheitere an zu hohen Auflagen. Allerdings bleibt das Netzwerk, das sich dort seit Sommer 2019 aufgebaut hat. „Wir haben zu 90 Prozent unserer Gäste weiterhin Kontakt“, sagt Christoph Huxohl, der sie an der Wohnungstür besucht und sie im Lockdown mit kleinen Leckereien überrascht, mal mit einem Glas Graupensuppe, mal mit einem Weckmann oder Schokohasen.

Haustürbesuche gegen die Vereinsamung im Corona-Lockdown

„Die Leute sind so glücklich darüber und haben Tränen in den Augen“, berichtet er, denn wegen Corona seien gerade die älteren Menschen einsam und deshalb dankbar für solche Besuche. Doch genauso klingelt er bei armen Familien mit Kindern an. Da dauert ein kurzes Hallo schon mal eine halbe Stunde. Diese Erlebnisse machen ihm ein großes Defizit in Bruckhausen bewusst: „Alte, behinderte und arme Menschen müssen mehr an der digitalen Welt teilhaben, damit sie in der Pandemie nicht in die Einsamkeit abstürzen.“

Stadtteil-Check Bruckhausen- In vieler Hinsicht abgehängt Das scheint aber eine Herkules-Aufgabe zu sein, zumal „viele noch nicht mal ein Handy haben“, so Huxohl und ohnehin die Internetverbindung im Stadtteil schlecht sei. Davon ist auch die Werkkiste betroffen, die viele ihrer Angebote und Beratungsgespräche nun online durchführt.

Umso mehr hofft Christoph Huxohl, dass die Corona-Krise demnächst überstanden ist und dass er dann mit seinem Team in der früheren Krypta an der Schulstraße wieder täglich rund 70 Gäste bekochen kann. „Unser Café war ein Stadtteiltreff und ist es hoffentlich bald wieder.“

>>> UNI DUISBURG-ESSEN BEGLEITET DAS PROJEKT

● Das Projekt Ma(h)lzeit wird von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW unterstützt und wird zunächst bis Sommer 2022 gefördert. Die Universität Duisburg-Essen begleitet das Projekt wissenschaftlich.

● Die Duisburger Werkkiste hilft vor allem Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Berufsorientierung und -qualifizierung. Sie leistet mit ihren Beratungsstellen und Quartierskümmerern außerdem Stadtteilarbeit.

● Weitere Informationen auf www.werkkiste.de