Duisburg-Bruckhausen. Die „Neue Hauptverwaltung“ von Thyssenkrupp in Duisburg ist nun ein Denkmal und für die Forschung wichtig. Die Stadt nennt dafür mehrere Gründe.

Bei der Thyssenkrupp Steel Europe AG mit ihrem Hauptsitz an der Kaiser-Wilhelm-Straße in Duisburg-Bruckhausen herrschen momentan dunkle Zeiten. Der Staatseinstieg in die Stahlsparte des Konzerns ist gescheitert, die Kruppianer bangen um ihre Zukunft. Sichern kann die Stadt Duisburg die bedrohten Arbeitsplätze in einer globalisierten Welt nicht, aber sie will zumindest das Verwaltungsgebäude schützen. Die „Neue Hauptverwaltung“ der August-Thyssen-Hütte (ATH), wie das Unternehmen früher hieß, soll unter Denkmalschutz gestellt und damit ein „unverzichtbarer Baustein im städtebaulichen Gefüge Bruckhausens“ gesichert werden. So hat es zuletzt die Bezirksvertretung Meiderich/Beeck mit großer Mehrheit beschlossen.

Hauptverwaltung ist Grundstein für Duisburg-Bruckhausen als „werksnahes Quartier“

Bis in die 1880er Jahre, so steht es in den städtischen Unterlagen für die Bezirksvertreter, war Bruckhausen noch eine Bauernschaft mit verstreuten Höfen. Nachdem die Alte Hauptverwaltung, die ebenfalls unter Denkmalschutz steht, Bruckhausen in die Moderne geführt hatte, ließ die August-Thyssen-Hütte im Jahr 1957 eine neue Hauptverwaltung bauen, um die verstreuten Verwaltungsabteilungen in einem Gebäude zu vereinen. Der Architekt Gerhard Weber bekam schließlich den Zuschlag – und im November 1964 wurde das Gebäude schließlich in Betrieb genommen.

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Die neue Hauptverwaltung ist jedoch tatsächlich ein ganzer Gebäudekomplex, mit einem 14-stöckigen Hochhaus als Blickfänger an der Ecke der Franz-Lenze-Straße und der Kaiser-Wilhelm-Straße, gleich gegenüber der qualmenden Schlote des Stahlwerks. Dazu gesellen sich das Kasinogebäude, das Ausstellungsgebäude und der neungeschossige „Büroriegel“. Alle vier Häuser sind jetzt, zusammen mit den zugehörigen Frei- und Grünflächen, denkmalgeschützt.

Radikale Gestaltungsweise macht den Thyssen-Gebäudekomplex so besonders

Keine reichverzierte Kirche also, kein historischer Wohnort berühmter Persönlichkeiten: Wieso ist der spartanische Gebäudekomplex trotzdem schützenswert? „Das Ensemble Neue Hauptverwaltung ATH zeigt sich gerade im Äußeren weitgehend als zeitgenössisches Zeugnis einer repräsentativen, architektonisch umgesetzten und versinnbildlichten Unternehmenskultur.“ So begründet es Martin Breil, Leiter der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Duisburg.

Der Thyssen-Gebäudekomplex in Duisburg-Bruckhausen verkörpert laut städtischer Denkmalschützer „in städtebaulichen Gestaltung die Prinzipien der Nachkriegsmoderne“. Besonders aber die Fassaden sind demnach für die Forschung wichtig.
Der Thyssen-Gebäudekomplex in Duisburg-Bruckhausen verkörpert laut städtischer Denkmalschützer „in städtebaulichen Gestaltung die Prinzipien der Nachkriegsmoderne“. Besonders aber die Fassaden sind demnach für die Forschung wichtig. © FFS | Kai Kitschenberg

Damit meint Breil beispielsweise die Fassaden der Gebäude, deren radikale Gestaltung mit Kupfer oder Stahl die „Produkte des stahlerzeugenden Unternehmens versinnbildlichen“, wie es in der Beschlussvorlage heißt. Gleichzeitig sei die Hauptverwaltung aber auch eine „weithin sichtbare Landmarke“, die über Duisburg hinausweise – und die Bruckhausen zu einem „werksnahen Quartier“ forme.

Fassaden haben große Bedeutung für wissenschaftliche Forschung

„An der Kreuzung der Kaiser-Wilhelm-Straße mit der Franz-Lenze-Straße ist man von der baulichen Geschichte der GDK (Gewerkschaft deutscher Kaiser), der August-Thyssen-Hütte und heute von Thyssenkrupp umgeben“, erklärt der städtische Denkmalschützer schriftlich den Bezirksvertretern. Das Ensemble der vier Gebäude, aber auch der umliegende Freiraum verkörpern demnach in ihrer „städtebaulichen Gestaltung die Prinzipien der Nachkriegsmoderne“.

Vor allem aber ist das Denkmal auch eine Investition in die Zukunft: Den weitestgehend originalen Fassaden kämen in Zukunft große Bedeutung „für wissenschaftliche Forschung zu zeitgenössischen Fassadenkonstruktionen, deren Dauerhaftigkeit und Detaillierung zu.“

>> THYSSENKRUPP BAUT IN BRUCKHAUSEN NEUES VERTRIEBSGEBÄUDE

● Thyssenkrupp Steel Europe (TKS) baut gegenüber der alten Hauptverwaltung ein neues Vertriebsgebäude.

● Dieses fünfstöckige Gebäude soll 3000 Quadratmeter Platz bieten und der Stahlkonzern investiert nach eigenen Angaben einen „niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“ in den Neubau.