Duisburg-Bruckhausen. Ein ganz besonderes Gebäude, das für die Nachwelt erhalten wird, ist die alte Thyssen-Hauptverwaltung in Duisburg-Bruckhausen – ein Prachtbau.

Vor zehn Jahren ist die Alte Thyssen-Hauptverwaltung an der Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße/Franz-Lenze-Straße unter Denkmalschutz gestellt worden. Dieses Großgebäude ist eines der stattlichsten Gebäude im Duisburger Norden und kann mit dem Hamborner Rathaus, dem Amtsgericht Ruhrort und der alten Hauptpost Meiderich in einem Atemzug genannt werden.

Anders als die drei vorgenannten Gebäude handelte und handelt es sich bei dem Industriedenkmal allerdings nicht um ein öffentlich zugängliches Bauwerk. Denn es wird nach wie vor als Verwaltungsgebäude von Thyssenkrupp genutzt.

1903/1904 errichtet

Errichtet wurde der erste Teil 1903/1904. August Thyssen, der seit den 1970er Jahren in der Stahlbranche tätig war, wollte in der Nähe des Werks Bruckhausen, das schon damals zu den größten und modernsten in Europa zählte, seine Verwaltung aufbauen. Innerhalb von zwei Monaten, berichtete die frühere Duisburger Denkmalschützerin Claudia Euskirchen, „erwarb Thyssen 1889 zur Verwirklichung seiner ehrgeizigen Pläne große Flächen und wurde Eigentümer fast der ganzen Bauernschaft Bruckhausen“.

Umzug von einer alten Schuleins eigene Gebäude

Die Baustelle zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals entstand die Thyssen-Verwaltung.
Die Baustelle zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals entstand die Thyssen-Verwaltung. © Hamborner Verlag

Auf diesem Grund und Boden war neben den verschiedenen Industrieanlagen einschließlich Zeche auch Platz für das mit neugotischen Formen errichtete Prunkgebäude.

Der Haupttrakt entstand ab 1903, doch schon bald zeigte sich, dass die Räume nicht ausreichten. So folgten Anbauten in den Jahren 1909 und 1923. Aus dem einstigen dreiflügligen Komplex wurde ein vierflügeliger mit Innenhof. Zuvor war die Verwaltung in einem ehemaligen Schulgebäude untergebracht, berichtete Brigitte Ingeborg Schlüter in ihrer Doktorarbeit 1991. Sie ist sich sicher, dass der Neubauentwurf das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs war. Denn: Der Planer Carl Bern kam aus Dortmund.

In den 1910er Jahren plante Thyssen weitere Anbauten, die jedoch aufgrund des Ersten Weltkriegs fallen gelassen wurden. 1923 folgte nur noch ein kleinerer Anbau – ebenfalls von Carl Bern geplant.

Der Haupteingang zur alten Thyssen-Hauptverwaltung
Der Haupteingang zur alten Thyssen-Hauptverwaltung © Gregor Herberhold

Errichtet wurde der Bau mit einem Natursteinsockel. Die Obergeschosse sind durchgehend aus hartgebranntem Ziegel gemauert. Dieses Material gilt als besonders unempfindlich gegen Industriestäube und Gase.

Das Gebäude ist in die Neugotik einzuordnen

„Das Verwaltungsgebäude verkörpert die Industriegeschichte Duisburgs und darüber hinaus auch des montanindustriell geprägten Ruhrgebiets. Waren die Hochöfen und Stahlwerke Wahrzeichen des technischen Fortschritts, verdeutlichte das Verwaltungsgebäude die repräsentativen Vorstellungen des Unternehmers und speziell auch der dominanten Persönlichkeit in diesem ganz aus August Thyssen zugeschnittenen Konzern“, berichtet Claudia Euskirchen.

Das Gebäude sei einzuordnen in die von Conrad Wilhelm Hase entwickelte Neugotik. Hase hatte sie in der von ihm begründeten Hannoverschen Schule erfunden. Die Gotik gilt als Inbegriff des konstruktiven Denkens.

Gewerkensaal im Inneren ist erhalten

Von den Innenräumen ist laut Denkmalamt lediglich der repräsentative Gewerkensaal (Sitzungszimmer) im ersten Obergeschoss mit seiner Holzvertäfelung, dem offenen Dachwerk und Stuckelementen erhalten, ebenso die Türanlage aus Holz mit „dem der Körpergröße August Thyssens angepassten, niedrigen Türdrücker“.

Reichhaltige Verzierung

Die Verzierungen an dem Gebäude sind vielfältig. So sind dort Löwenfratzen zu erkennen, aber auch sonnenstrahlförmige Bögen, Mosaikfelder und Pflanzenmotive.

Die einstigen Giebelornamente sind Anfang der 1960er Jahre entfernt worden, als Arbeiten an den Fassaden anfielen. Teile sind dennoch erhalten geblieben – allerdings in reduzierter Form.

Unter Denkmalschutz steht das Gebäude in seiner jetzigen Form, und zwar inklusive des Innenbaus.

Das Bauwerk gilt dennoch als so bedeutend für die Industriegeschichte der Stadt, dass es erhalten werden muss. Zu seinen Besonderheiten zählen (außen) unter anderem das pompöse Eingangsportal, das ornamentreich gemauert ist, sowie die schmiedeeiserne Türklinke und die künstlerisch gestalteten Fenstergitter, ferner der Merkurkopf in einem halbkreisförmigen Mosaikfeld unter der Giebelspitze.