Duisburg-Obermeiderich. Erst im Herbst 2020 schloss die Kirche Herz-Jesu in Duisburg-Obermeiderich, jetzt ist sie schon ein Denkmal. Was das Gotteshaus besonders macht.
Die Herz-Jesu Kirche in Duisburg-Obermeiderich ist jetzt ein Baudenkmal. Mitten in den ohnehin entbehrungsreichen Coronazeiten schloss diese katholische Kirche im September 2020 für immer ihre Pforten. Doch das Kirchengebäude weiterbestehen und soll nicht zerfallen wie die Obermeidericher Kirche Maria Königin, die jetzt einem Wohnbauprojekt gewichen ist. Die Stadt Duisburg erklärt, warum das Gotteshaus an der Brückelstraße schützenswert ist und welche Vorteile sich durch den Denkmalstatus ergeben.
Auch interessant
Die Kirche Herz-Jesu wurde in den Jahren 1953 und 1954 errichtet, so ein Stadtsprecher – vermutlich nach einer „städtebaulichen Idee für die Positionierung der Kirche“, die es schon gab, als die umliegende Meidericher Siedlung 1906 noch in den Kinderschuhen steckte. „Die Kirche Herz Jesu ist bedeutend als zentrales städtebauliches Element einer wichtigen Straßenkreuzung am Eingang einer zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichteten Arbeiter-Wohnsiedlung“, heißt es ganz knackig in der Vorlage an die Bezirksvertretung Meiderich/Beeck, die sich für den Denkmalschutz ausgesprochen hat.
Eine Rebellion per Bauwerk: „Ausdruck großstadtfeindlicher Haltung“
Aber warum macht das die Herz-Jesu-Kirche denkmalwürdig? „Die Kirche ist mit ihrem Erscheinungsbild einer mittelalterlichen Dorfkirche zugleich auch ein anschauliches Zeugnis für den städtebaulichen Ausdruck der kulturkritischen und großstadtfeindlichen Haltung traditioneller Kreise“, erklärt Martin Breil, Leiter der unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Duisburg. Demnach wehrten sich katholischen Gruppierungen architektonisch gegen das moderne Großstadtleben.
Auch interessant
„Der gewählte Stil und die städtebauliche Reminiszenz an einen historischen Dorfkern“, so steht es in der Vorlage, sollten also den Unmut der katholischen Kreise gegen die moderne Großstadt zum Ausdruck bringen – auch noch in den 50er-Jahren. Diese Rebellion per Bauwerk sei selten so anschaulich überliefert wie durch die Kirche Herz-Jesu in Obermeiderich. Genau das mache sie so schützenswert.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Dass die Kirche jetzt ein Denkmal ist, hat jedoch nicht nur theoretischen Wert, sondern wirkt sich auch in der Praxis aus. Als kulturelles Erbe steht Herz-Jesu künftig unter der hütenden Hand des NRW-Denkmalschutzgesetzes. Jede Veränderung an diesem Gotteshaus muss zunächst von der zuständigen Behörde genehmigt werden. Zur Pflege des Denkmals gibt es außerdem Möglichkeiten der öffentlichen Förderung durch Kommunen, das Land oder den Bund.
Der Architekt ist in Duisburg kein Unbekannter
Entworfen hat die Kirche seinerzeit der Duisburger Architekt Walter Kremer. Zusammen mit Johannes Kramer hat er auch die Entwürfe für ein weiteres Duisburger Bauhighlight geliefert: Die Einschornsteinsiedlung in Neudorf.
So mag die Geschichte dieser Obermeidericher Kirche zumindest als Gotteshaus ein Ende gefunden haben. Ursprünglich zur „Verbesserung der seelsorgerischen Betreuung“ der katholischen Arbeiter von Thyssen errichtet, behält Herz-Jesu aber auch nach seiner Profanisierung einen Teil seiner Bedeutung – als Denkmal, als gebäudegewordenes Museum der 50er-Jahre und als Erinnerung in den Köpfen der Meidericher.
>> KIRCHENSCHLIESSUNGEN WEGEN SPARVORGABEN DES BISTUMS
● Die Herz-Jesu-Kirche gehörte zur katholischen Großpfarrei St. Michael.
● Zu dieser Pfarrei gehört auch die Beecker Kirche St. Laurentius, die wie Herz-Jesu ebenfalls 2020 geschlossen wurde.
● Der Grund die derzeitigen Schließungen katholischer Kirchen sind Sparvorgaben des Bistums Essen, das darauf basierend den sogenannten „Pfarrentwicklungsprozess“ vorantreibt.