Duisburg. Rüge für die deutsche Justiz - der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg befasste sich mit einem ungewöhnlichen Fall von “vorgetäuschter“ Kindesmisshandlung. Ein nachfolgendes Verfahren beim Duisburger Amtgericht drehte sich nun um das Anwaltshonorar, das die Eltern verweigerten.
Weil ihre Kinder behaupteten, sie würden von den Eltern misshandelt, begann für ein Ehepaar aus Duisburg ein jahrelanger Rechtsstreit, der bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte führte. Zwischendrin gab es das Eingeständnis der Kinder, dass sie gelogen hatten.
Und am Ende stand eine Ohrfeige der Richter in Straßburg für die deutsche Justiz und ein Urteil, dass die Bundesrepublik zur Zahlung von 54.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz verurteilte. Doch als es um die Gebühren für ihre erfolgreiche Anwältin ging, stellten die Eltern auf stur. Die Honorarforderung landete jetzt vor dem Amtsgericht Duisburg.
Kinder gestanden Lügen ein Jahr später
Schockierende Geschichten über Misshandlungen hatten das pubertierende Mädchen und ihr Bruder 2008 zu berichten gewusst. Resultat: Das Jugendamt holte die Kinder aus der Familie, ein Richter entschied, dass sie in einem Heim unterzubringen seien. Eine Entscheidung, gegen die die Eltern juristisch vorgingen, die aber durch alle Instanzen bis zum Oberlandesgericht hielt.
2009 wandelte sich die Sachlage allerdings gewaltig. Bei einer Anhörung, in der es um das Umgangsrecht ging, gestanden die Kinder, dass sie alles nur erfunden hatten.
Verfahren endet mit Vergleich
Die empörten Eltern klagten beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, nachdem das Bundesverfassungsgericht den Fall nicht angenommen hatte. Insgesamt 110.000 Euro forderten die Duisburger von der Bundesrepublik. Die Europa-Richter gestanden ihnen 2013 rund 54.000 Euro zu. Und fanden deutliche Worte für die deutsche Justiz: Bei derart einschneidenden Entscheidungen, die die Kinder ihren Eltern komplett entzogen, hätte man einen Gutachter einschalten müssen, um zu klären, ob die Beschuldigungen Substanz hatten.
850 Euro Prozesskostenhilfe hatte Straßburg den klagenden Eltern gewährt. Die Duisburger Familienanwältin, die sie vor dem Europa-Gericht vertrat, forderte weitere 2100 Euro. Doch die Eltern sahen gar nicht ein, einen Cent mehr zu zahlen. als das, was Straßburg an Hilfe gewährt hatte. Der Rechtsanwältin blieb nichts anderes übrig, als ihr Honorar einzuklagen.
Am Ende stand ein Vergleich, der zur Grundlage der Gebührenrechnung nicht die eingeklagte, sondern nur die erstrittene Summe von 54.000 Euro machte. 1200 Euro müssen die Eheleute nun noch an die Anwältin zahlen und obendrein die Kosten für den Prozess tragen.