Duisburg. .
Der Skandal um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat im Oktober offensichtlich auch in Duisburg zu einem starken Anstieg der Austritte aus der katholischen Kirche geführt. Laut Amtsgericht haben allein im vergangenen Monat 107 Katholiken ihrer Kirche den Rücken gekehrt. Im September 2013 waren es zum Vergleich nur 27. Im Schnitt seien es 30 bis 40 Austritte pro Monat. Seit Jahresbeginn musste die katholische Kirche bis Ende September insgesamt 402 Austritte verkraften – ebenfalls deutlich mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum (310).
Stadtdechant Bernhard Lücking redet Klartext. „Das, was in Limburg passiert ist, ist ganz sicher ein Skandal. Ich kann deshalb den Ärger nachvollziehen, aber die Konsequenzen natürlich nicht gut heißen. Egal, ob ein Bischof oder auch ein Papst versagt, sollte das nicht diese Auswirkungen auf das Verhältnis zur Kirche haben.“
Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst steht seit Wochen wegen der drastisch gestiegenen Baukosten für den Bischofssitz von mindestens 31 Millionen Euro in der Kritik. Demnächst will er sich offenbar zu den Untreuevorwürfen in diesem Zusammenhang äußern.
Limburg hat das Fass zum Überlaufen gebracht
„Einem Kirchenaustritt geht meistens ein längerer Prozess voraus, aber ich vermute, dass Limburg das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagt Lücking. „es gibt mit Sicherheit die Sehnsucht bei vielen Menschen, dass gerade die Kirche gewisse Werte hochhält. Wenn dann so ein Skandal passiert, ist die Enttäuschung umso größer.“
Er ärgert sich allerdings schon darüber, wenn die Kirche nun unter Generalverdacht gestellt wird – „nach dem Motto: Die Kirche ist reich, verschleudert aber nur das Geld und damit die Kirchensteuer“, so der Stadtdechant. „Das stimmt ja einfach nicht. Vor Ort tun wir sehr viel mit großem Engagement. Aber viele wissen eben leider nicht, was im Gemeindeleben passiert. Da fehlt oft der direkte Kontakt.“
Auch deshalb werden nun auf Weisung der Bischofskonferenz Briefe an alle verschickt, die aus der Kirche ausgetreten sind. „Das passiert unabhängig zu den Vorfällen in Limburg. Vielleicht ergibt sich dadurch die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen“, so Lücking. „Christlicher Glaube geschieht im Rahmen der Kirche, auch wenn das manche Leute anders sehen.“
Trotz der zuletzt massenhaften Austritte gibt es in Duisburg immer noch viele Menschen, die der katholischen Kirche treu bleiben (Stand 31. Dezember 2012: 148.668) und sich vor Ort engagieren – zum Beispiel im Gemeinde- oder Pfarreirat. Am kommenden Wochenende ist Wahl. Wir stellen zwei Kandidaten exemplarisch vor.
Engagement und Empörung: Zwei Kandidaten für den Gemeinderat
Die Missbrauchsfälle und jetzt aktuell der Skandal um den Limburger Bischof sind auch an Rita Osowski (58) und Michael Roth (61) nicht spurlos vorbeigegangen. Und trotz aller Empörung wollen sich die beiden weiterhin vor Ort für ihre katholische Kirche engagieren. „Ich wäre schon 30 Mal ausgetreten, wenn ich nicht in dieser Gemeinde mit diesen Menschen tätig wäre“, sagt der 61-Jährige aus der Karmel-Gemeinde am Innenhafen. Der Tischlermeister aus Buchholz, verheiratet, drei Kinder, tritt ebenso wie die Hausfrau aus der Gemeinde St. Ludger in Neudorf, verheiratet, zwei Kinder, bei der Gemeinderatswahl am kommenden Wochenende (9./10. November) an. Wir stellen die Kandidaten exemplarisch vor.
Gottvertrauen
Beide gehören dem Gremium seit 1997 an, Rita Osowski ist seit vier Jahren sogar Gemeinderatsvorsitzende. „Dabei hatte ich die Kirche als Jugendliche eigentlich schon ad acta gelegt“, erzählt sie. „Kein Priester hat mich damals richtig motivieren können. Erst durch die Geburt meiner Kinder habe ich mich der Kirche wieder stärker zugewandt.“ Sie hat dieses Gottvertrauen und ist überzeugt, „dass Gott mir die nötige Kraft gibt und den richtigen Weg weist“.
Michael Roth glaubt ebenfalls an „diese Kraft, die uns trägt“, sagt der 61-Jährige. „Das Leben Jesu ist für mich beispielhaft.“ Er sei in einer katholisch geprägten Familie groß geworden, „wobei mein Vater immer schon progressiv war“. Roth ist später Pfadfinder und Pfadfinderleiter. „Ich habe immer das große Glück gehabt, Priester kennen zu lernen, die nah am Glauben, aber auch am Menschen waren.“
Sicher auch ein Grund, warum sich Michael Roth seit 16 Jahren im Gemeinderat engagiert und dort einiges bewegt. „Auf unsere Initiative hin haben wir seit längerem einen Förderverein und es dadurch geschafft über den Kontakt zum Karmel-Orden eine Projektleiterin für die Jugendarbeit zu finanzieren.“ Und erst kürzlich hat das Gremium eine Pilgerfahrt mit 200 Menschen zur Karmelgemeinde in Marienthal organisiert.
Rita Osowski hat in St. Ludger ebenfalls einen Förderverein mit ins Leben gerufen, der sich unter anderem für den Erhalt der Kirche einsetzt. Darüber hinaus versucht sie auch im Leitungsgremium der Katholischen Frauen Deutschlands die Menschen zu motivieren, „bei der Stange zu bleiben“.
Das ist nicht immer leicht, findet sie, findet auch Michael Roth. Das autoritäre System, Zölibat, der Umgang mit Geschiedenen, Schwulen und Frauen, die Priesterinnen werden wollen – beide haben die Hoffnung auf eine andere Kirche, in der sich alle Christen zu Hause fühlen können, noch nicht aufgegeben. Und auch deshalb engagieren sie sich weiter.
Die Regularien zur Wahl und Aufgaben der Räte
Ein Kreuz – grenzenlose Möglichkeiten: In den Bistümern Essen, Münster, Aachen, Köln und Paderborn wird an diesem Wochenende (9./10. November) gewählt. Duisburg ist dabei geteilt. Die Pfarreien Liebfrauen (Mitte), St. Judas Thaddäus (Süden), St. Michael (Meiderich) sowie St. Johann und St. Norbert in Hamborn gehören zum Bistum Essen. Hier sind 92 574 Katholiken nach offiziellen Angaben wahlberechtigt, erstmals auch Jugendliche ab 14 Jahren.
Die Pfarreien St. Peter, St. Johannes und Liebfrauen in Homberg, St. Peter, St. Joseph und St. Marien in Rheinhausen, St. Klara und St. Marien in Rumeln-Kaldenhausen sowie St. Dionysius in Walsum werden hingegen dem Bistum Münster zugeordnet – ebenso wie die Baerler Gemeinde St. Lucia innerhalb der Moerser Pfarrei St. Martinus. Hier sind knapp über 40 000 Katholiken wahlberechtigt – aber erst ab 16 Jahren.
Darüber hinaus wird im Bistum Münster erstmals nicht mehr ein Pfarrgemeinderat, sondern ein Pfarreirat gewählt. Außerdem gibt es die Möglichkeit, zusätzliche Gemeindeausschüsse als beratendes Gremium zu bilden.
Die Gemeinderäte im Bistum Essen mit sechs bis zwölf Mitgliedern als auch die Pfarreiräte im Bistum Münster mit acht bis 16 Mitgliedern werden jeweils für vier Jahre gewählt, verantworten und gestalten als Ehrenamtliche mit den Seelsorgerinnen und Seelsorgern das kirchliche Leben vor Ort in der Gemeinde. Da geht es unter anderem um die Gestaltung der Gottesdienste, Gemeindefeste, die Verkündigung des Glaubens und um die generelle Frage, was für die Menschen in der jeweiligen Gemeinde getan werden kann.
De Orte der Wahllokale sowie die Öffnungszeiten werden in den Gemeinden und Pfarreien bekannt gegeben. Weitere Informationen gibt es unter www.pgrwahl.de.