Duisburg. Erich Schauder ist Zeitzeuge. Seit 1985 begleitet er das wirtschaftliche Auf und Ab im Hafen. Er hat den Niedergang der Kohle miterlebt und den Aufschwung der Container-Schifffahrt. Schon als kleiner Junge stand Schauder am Rhein und staunte über die Industriekulisse.

Als kleiner Junge stand Erich Schauder in den 50er Jahren am Rhein in Wanheimerort und staunte. „Wir blickten genau auf Rheinhausen, auf die vielen Hochöfen, die den Himmel manchmal orange färbten. Und auf dem Rhein zogen wieder Schiffe vorbei. Diese Kulisse, die vergisst er nie. „Manchmal, wenn ich nicht schlafen konnte und das Fenster ein Stück geöffnet war, hörte ich das Tok-tok-Tok der Dampfschiffe.“ Das monotone Geräusch wiegte ihn in den Schlaf.

Dass er später einmal im Hafen arbeiten würde, daran war noch nicht zu denken. Erst machte Erich Schauder nämlich eine Ausbildung zum Bauzeichner. Parallel holte er sein Abi nach. Bei der Firma Züblin plante er Überseehäfen in Costa Rica, Indonesien und Iran. Schauder galt als Spezialist für Wasserbau und Seehäfen. „Es hat Spaß gemacht“, blickt er zurück. Doch als „Züblin“ ihn in den 80er Jahren wieder einmal in die Welt schicken wollte, sagte er ab.Der Sohn war gerade geboren, dank Aufträgen für die Ufersicherung im Vinckekanal hatte er ohnehin Kontakt zum Duisburger Hafen – also bewarb er sich für das Planungsbüro – und wurde prompt eingestellt. Seit 1985 begleitet er das wirtschaftliche Auf und Ab, hat den Niedergang der Kohle miterlebt und das, was viele schlicht als „Strukturwandel“ bezeichnen. Der tat mitunter weh. „Ich bin Zeitzeuge“, sagt er.

Dem Container gehört die Zukunft

„Wir hatten in den 50er Jahren zwar auch einen Kohleofen, aber eigentlich wurde schon nach dem Zweiten Weltkrieg die Kohle als Energieträger verdrängt“, erklärt Schauder. Kohleinseln im Hafen wurden verkleinert, große Öltanks stattdessen gebaut. Bis 1983 betrieb Thyssen ein Terminal im Nordhafen, von dem ein Förderband das Eisenerz direkt ins Werk brachte.

Dann übernahm der Hafen selbst das Terminal. 2008 wurde der Nordhafen schließlich zugeschüttet. Auf dem Grund wurden große Hallen für Verpackungslogistik gebaut. Dem Container gehörte da längst die Zukunft. „Die Hallendächer wurde extra so konstruiert, dass sie über das Wasser ragen. Dann können die Schiffe ihre Güter im Trockenen umschlagen und sind nicht so wetterabhängig.“

"Ich kannte viele, die dort gearbeitet haben"

Der 64-Jährige kann sich noch gut an wichtige politische Entscheidungen erinnern. 1988 gab es beispielsweise Überlegungen, in Duisburg ein Freihafen-Lager für Produkte aus Übersee einzurichten. „Da trafen sich wichtige Politiker aus NRW bei Kanzler-Kohl und berieten über Strukturhilfen für das Ruhrgebiet.“ Der Freihafen bot den Vorteil, dass man außer-europäische Güter lagern konnte – und der Zoll erst fällig wurde, als man die Ware zum Kunden transportierte. Der Kosmetikhersteller Shiseido sitzt hier und schickt seine Cremes aus Duisburg ins westliche Europa. Inzwischen besitzen fast alle großen Firmen eigene Freiläger.

1987, ein Jahr bevor in Bonn wichtige Entscheidungen für den Hafen getroffen wurden, leitete Krupp in Rheinhausen den Strukturwandel auf seine Weise an. Am 26. November wird den Stahlarbeitern mitgeteilt, dass sie ihre Jobs verlieren und das Werk dicht gemacht werden soll. Der Schock saß tief – bei den Arbeitern und in der ganzen Stadt. Schauder, der als Kind die Kulisse so bewundert hat, kämpfte Seite an Seite mit den Kumpeln. „Ich kannte viele, die dort gearbeitet haben.“ 1993 wurde die Hütte endgültig geschlossen. 1998 kaufte die „Duisburg Ruhrorter Hafen AG“ das Gelände.

Nur die Kulisse hat sich modernisiert

Noch heute hat Schauder die Szenen vor Augen, wenn er über die Brücke der Solidarität fährt. Schauder, mittlerweile in der passiven Altersteilzeit, ist dem Hafen immer noch verbunden und führt regelmäßig Geschäftsleute durch das Gebiet. Dort, wo früher Tränen um Jobs geweint wurden, arbeiten heute wieder tausende Menschen. Logport I ist das Vorzeige-Projekt des Hafens. Schauder hat das Gebiet mitentwickelt. Staubig ist es nicht mehr, die Ware kommt sauber verpackt in Containern. Große Namen haben sich angesiedelt. „Danone Waters“ distribuiert in Duisburg die Marken „Evian“ und „Volvic“. „Niemand hätte gedacht, dass Logport so ein Erfolg wird.“

Manchmal, wenn Schauder die Rheinpromenade entlangspaziert, staunt er noch immer. Nur die Kulisse hat sich modernisiert.