Duisburg/Colditz. Die Hells Angels sind in Duisburg nun wieder offiziell mit einem Charter vertreten. 20 Mitglieder fuhren am Samstag zur Hochwasserhilfe nach Sachsen. Dafür gab's Applaus von Feuerwehr und Regionalzeitungen. Warum die Betreiber der Facebook-Seite „Gegen Rocker-Hass“ dennoch eine Medienkampagne wittern.
Duisburger Hells Angels haben am Wochenende ausnahmsweise mal für Positiv-Schlagzeilen gesorgt: „Duisburg-Rocker gegen Mulde-Schlamm“ titelten die Tageszeitungen Dresdner und Chemnitzer Morgenpost, nachdem 20 Duisburger Höllenengel in vom Hochwasser verwüsteten Dörfern in Sachsen beim Aufräumen geholfen hatten. Dafür gab’s Applaus in der Biker-Szene und viel Dank von Feuerwehrleuten und Anwohnern. Die Betreiber der Facebook-Seite „Gegen Rocker-Hass“ witterten eine Medienkampagne, weil die örtliche Presse im Internet nicht über den Hilfseinsatz berichtete.
Hells Angels reaktivierten Duisburger-Charter am 10. Mai
An Rhein und Ruhr war die Motorradgang in den vergangenen Jahren durch gewalttätige Auseinandersetzungen mit den Bandidos aufgefallen, 2013 vor allem durch Revierkämpfe mit dem Duisburger Satudarah-Chapter. Wie am 24. Februar, als ein Bandido-Boss aus Köln einen Duisburger Unterstützer der Rot-Weißen durch Schüsse schwer verletzte, waren oft Rocker aus Unterstützerclubs in die Scharmützel verwickelt. Ein Charter, eine offizielle „Clubfiliale“, hatten die Hells Angels in Duisburg nicht.
Neuerdings aber sind sie wieder mit einem Club in der westdeutschen Rocker-Hauptstadt vertreten: Der Hells Angels MC Germany gab bekannt, dass sein Duisburger Charter seit dem 10. Mai „reaktiviert“ ist. Der Gruppe gehören nach Informationen unserer Redaktion auch Mitglieder des aufgelösten Charters „Central-West“ an. Dieses hatten zuvor übergelaufene Ex-Bandidos aus Oberhausen, Köln, Leverkusen und Kleve Ende 2012 der Öffentlichkeit in Krefeld mit einer Pressekonferenz vorgestellt. In die Szene gewaltbereiter Rocker hatte dieser "Verrat" zusätzliche Unruhe verursacht.
Höllenengel, Harley Owner und Kartoffelkäferbande im Hilfseinsatz
Aber zurück zur Katastrophenhilfe der Kuttenträger im Landkreis Leipzig: Am Samstagmorgen hatten sich die Duisburger auf den Weg zu ihren Clubkollegen in der Sachsen-Metropole gemacht. Gemeinsam mit organisierten Motorradfahrern vom Stammtisch der Biker-Union Leipzig, darunter etwa die Harley Owners Group (HOG) und die „Kartoffelkäferbande“, wollten sie Anwohnern des Elbe-Nebenflusses Mulde nach der Flut unter die Arme greifen.
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Journalisten lotsten den 50 Mann starken Trupp nach Colditz-Podelwitz und -Tanndorf, wo Feuerwehr-Chef Mathias Kirchhof und 18 Mitglieder bis dahin vergeblich auf angeforderte Hilfe gewartet hatten. „Ein Bus aus Leipzig mit 100 Helfern war auf dem Weg zu uns in einen anderen Ort abgebogen“, berichtet Kirchhof. „Da waren wir für jede Hilfe dankbar. Und die Rocker haben richtig rangeklotzt, waren wirklich eine große Unterstützung.“ Sie schaufelten stundenlang Schlamm aus dem Weg und stellten Zäune auf, räumten die geflutete Technik des Maschinenbaumeisters Peter Bulnheim und auf Schloss Podelwitz auf.
Allerdings wollten nicht alle hochwassergeschädigten Anwohner die Hilfe der tätowierten Muskelmänner der Vereinigung annehmen, der die Polizei in mehreren Bundesländern organisierte Kriminalität vorwirft:
Lob und Likes auf der Facebook-Seite "Gegen Rocker-Hass"
Mathias Kirchhof: „Einige hatten dann doch Bedenken.“ Den Reporter der Morgenpost indes überzeugten die Aufbauhelfer aus Duisburg. Er schrieb: „Tief aus dem Westen! Harte Jungs zeigten ihr weiches Herz!“
Als so viel Rocker-Lob dann nicht mal von der Morgenpost im Internet veröffentlicht wurde, mutmaßten einige Sympathisanten der Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG), die Medien verschwiegen die Hilfsbereitschaft der „Onepercenter“ absichtlich. Auf der Facebook-Seite „Gegen Rocker-Hass“ posteten Sie am Montag ein Foto des Artikels. Das gefiel bis Mittwochabend fast 5000 Nutzern, 6300 teilten ihn. Tatsächlich hat die Dresdner Morgenpost gar keine eigene Newssite, und im Portal der Sächsischen Zeitung werden nur vereinzelt Morgenpost-Artikel veröffentlicht.
Beifall vieler Biker
Das Szenemagazin „Ride Free“ legte noch am Montag online mit Fotos und einem ausführlichen Bericht („Fluthilfe in der Kutte“) nach, zumal die Leipziger Hells Angels den Flutopfern tagelang in Grimma zur Seite standen, ohne dass Medien darüber berichtet hatten. Der Autor zitiert auch den Präsidenten des Duisburger Charters, Christian: „Wir sind hier nicht, um Interviews zu geben, sondern um anzupacken. Wir haben das tagelang im Fernsehen verfolgt und haben uns gesagt, dass dort sicher ein paar kräftige Hände gefragt sind. Also sind wir einfach losgefahren.“
Diese Ausfahrt war nicht mal dem „PR Team 81“ eine Pressemitteilung wert, obwohl die Öffentlichkeitsarbeiter um Pressesprecher Rudolf „Django“ Triller sonst emsig Imagepflege und Medienschelte betreiben. Ob die Duisburger Hells Angels nun aus Kalkül oder Anteilnahme in Podelwitz und Tanndorf schufteten, dürfte die unterstützten Anwohner und Feuerwehrleute eh nicht interessieren. Sie waren, sagt Feuerwehr-Chef Kirchhof, „ganz einfach froh und dankbar“.