Duisburg. Während hunderte Polizisten in Mülheim Hells Angels und Bandidos davon abhielt aufeinander loszugehen, diskutierten in Duisburg für die WDR 5-Sendung „Stadtgespräch“ Innenminister Ralf Jäger mit OB Sören Link und Autor Jörg Diehl („Rockerkrieg“) über die Bekämpfung krimineller Rockerbanden. Mehr als ein Dutzend Polizisten kamen auch - weil wie erwartet auch einige Bandidos mitdiskutierten.

Das nennt man wohl Duplizität der Ereignisse: Während hunderte Polizisten Razzien im Rockermilieu in Mülheim durchführten, diskutierten am Dienstagabend in Duisburg der NRW-Innenminister Ralf Jäger, der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link, Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft sowie Jörg Diehl, Autor des Buches „Rockerkrieg“, wie man die Situation in den Griff bekommen kann. Sie waren zu Gast in der „WDR 5“-Sendung „Stadtgespräch“, die in der Aula des Getrud-Bäumer-Berufskollegs aufgezeichnet wurde.

Rund 30 Zuhörer, eine Traube Journalisten und mehr als ein Dutzend Polizisten, die für Sicherheit sorgen sollten, saßen im Publikum. Man war wohl darauf vorbereitet, dass einige Rocker auftauchen würden. So war es denn auch: Fünf Bandidos samt Pressesprecher lauschten in der hinteren Reihe. Dort wurden sie von der Polizei platziert. „Wir dachten, uns geht das hier auch was an“, erklärt „Bandidos“-Pressesprecher Micha – und moniert: „Gerne hätten wir auch ganz vorne gesessen und mitdiskutiert.“ Dieser Platz war den anderen Herren vorbehalten – und die waren sich einig: Die Situation an Rhein und Ruhr wird sich wohl künftig noch zuspitzen. Es könnten sich sogar weitere Clubs und Chapter in Duisburg und Umgebung ansiedeln.

„Nicht alle Rocker sind kriminell“

„Mir ist schon ein bisschen mulmig, wenn man abends durch Duisburg läuft“, sagt eine ältere Besucherin, die die Diskussion im Publikum mitverfolgte. „Es sind ja nicht nur die Rocker, wir hatten ja hier auch die Mafia.“ Immerhin: Als Bürger habe man bisher nicht so viel davon mitbekommen. Ein anderer Mann aus Hochfeld sagt sogar: „Ich wohne direkt in unmittelbarer Nähe zum Rotlichtviertel. Seitdem die Stadt die Genehmigung zum Ausbau gegeben hat, ist es schlimmer geworden. Mit den Rockern hat das nix zu tun.“ Auf dem Podium wurde indes bezweifelt, dass es sich bei Bandidos, Hells Angels und Satudarah um freundliche Freizeit-Motorradfahrer handele. Jörg Diehl schränkte ein: „Nicht alle Rocker sind kriminell.“ 

Allerdings seien gerade die jüngeren Mitglieder, die neu aufgenommen werden, sehr gewaltbereit. Und: Wenn ein Mitglied in Konflikt mit der Polizei komme, dann werde das nicht sanktioniert und mit der Polizei werde nicht zusammengearbeitet. „Bandido“ Michael widersprach: „Wenn wir einen Verkehrsunfall haben, holen wir auch die Polizei.“

Er gibt zu, dass die Chapter in letzter Zeit schnell gewachsen seien und man vielleicht nicht den Überblick habe, wer aufgenommen wurde. Was denn passieren würde, wenn ein Chapter komplett zu einer anderen Rockergruppe wechseln würde, hakte der Moderator nach. „Ich weiß, was sie jetzt hören wollen“, entgegnete Michael. „Das finden wir natürlich nicht gut. Aber wir haben kein Instrumentarium, dass zu ahnden.“

BilderchronikJäger: „Alle unsere Verbote waren bisher gerichtsfest“

Erich Rettinghaus forderte noch einmal Verstärkung für seine Kollegen vor Ort. Mit Fußball, Rockern, aber auch Ermittlungen in Sachen Mafia gebe es erheblich mehr Arbeit als früher. Jäger betonte, er habe 1477 zusätzliche Polizisten eingestellt, die aber natürlich erst einmal ausgebildet werden müssten. Die Polizei mache einen guten Job. „Alle unsere Verbote waren bisher gerichtsfest. Das Gewaltmonopol geht vom Staat aus und nicht von Rockergruppen. Das lassen wir uns nicht aus der Hand nehmen.“

Auch die Stadt wolle künftig wachsam sein."Wir liege in einer geostrategisch günstigen Lage", weiß Sören Link. "Aber das ist kein Duisburger, sondern ein regionales Problem." Stadt und Land arbeiten in der Sache zusammen. Beruhigter gehen die Besucher nicht nach Hause.