Duisburg.

Ist der Wochenmarkt in der Nachbarschaft noch zeitgemäß? Oder liegt er voll im Trend? Klar ist: Wochenmärkte sind bei den Verbrauchern beliebt. Aber kaufen sie deshalb auch an den Marktständen? Duisburg hat viele Wochenmärkte im gesamten Stadtgebiet. Erst gestern eröffnete das Frischekontor als Marktbetreiber in Bruckhausen einen weiteren Wochenmarkt, der den Freitagsmarkt im Stadtteil ergänzt. Die NRZ-Redaktion sprach mit dem Geschäftsführer des Frischekontors, Peter Joppa, über Trends und Entwicklungen.

Das Frischekontor hat im vergangenen Jahr im Wochenmarktsegment einen Umsatzrückgang von 118.000 Euro eingefahren. Woher kommt dieser Verlust?

Peter Joppa: Wochenmärkte entwickeln sich nicht statisch sondern unterliegen Schwankungen, die manchmal auch ganz banale Gründe wie die Abhängigkeit von langen/kurzen Wintern, anhaltenden Hitzeperioden oder auch verregneten Sommern haben. So hat das Jahr 2012 zwar einen deutlichen Umsatzrückgang zu verzeichnen gehabt, da in 2011 die Umsätze um 6 % gestiegen waren, liegt das Ergebnis 2012 aber wieder in etwa auf dem Umsatzniveau des Jahres 2010. Insofern ist die Langzeitbetrachtung von Wochenmärkten viel aussagekräftiger. Hier muss – nicht nur für Duisburg, sondern auch in den meisten vergleichbaren deutschen Städten – bestätigt werden, dass es einen schleichenden Rückgang von Marktbeschickern und auch von Umsätzen der Marktbetreiber gibt. Hier ist allerdings lediglich von 1 bis 2 % per anno auszugehen.

Ist der Wochenmarkt angesichts der Konkurrenz im Einzelhandel ein Auslaufmodell oder sehen Sie noch eine Zukunft? Und wenn ja welche?

Joppa: Natürlich übt die Entwicklung im Lebensmitteleinzelhandel mit einer Tendenz zur Großflächigkeit und Discounterisierung einen enormen Druck auf den kleinteiligen Einzelhandel wie z. B. die Wochenmärkte aus. Allerdings hat das „System Wochenmarkt“ seinen ausgezeichneten Ruf und eine große Beliebtheit bei der Kundschaft behalten. Dafür sorgen die vorhandenen Vorteile wie die Qualität, die Frische, die Regionalität und die Erzeugernähe der Waren kombiniert mit dem emotionalen Einkaufsvergnügen „von Mensch zu Mensch“.

Aber als Hauptversorger haben die Märkte ausgedient, oder?

Joppa: Die Wochenmärkte sind natürlich heute nicht mehr Hauptversorger, aber werden im Bereich der Nahversorgung weiterhin eine wichtige Rolle für die qualitätsbewusste Kundschaft spielen. Auch in Duisburg ist deutlich festzustellen, dass gut funktionierende Stadtteile großen Wert auf „ihren“ Wochenmarkt legen und der Anteil an Stammkundschaft bei bis zu 90 % liegt.

Brauchen die Duisburger Bürger überhaupt Wochenmärkte?

Joppa: Durch die Vergrößerung der Verkaufsflächen haben die vielen Handelsketten mit ihren Einrichtungen inzwischen zahlreiche Stadtteile und Wohnquartiere verlassen und sind an die Ausfallstraßen oder in Gewerbegebiete umgezogen. Dadurch ist für viele – insbesondere die weniger mobilen Gruppen wie ältere Menschen und Familien mit kleineren Kindern – der ortsnahe Einkauf schwierig bis unmöglich geworden. Hier erfüllt ein Wochenmarkt in fußläufig erreichbarer Entfernung zum Wohnort eine wertvolle Aufgabe. Die Marktplätze sind historisch die wichtigen Treffpunkte der Menschen in ihren Stadtteilen. Duisburg blickt hier auf eine 600-jährige Tradition zurück. Wenn die Wochenmärkte nicht mehr wären, würden unverzichtbare Kommunikationsflächen für das soziale Leben entfallen.

Aus diesem Grund setzen sich auch überall insbesondere die Städteplaner aber auch Bürgervereine für den Erhalt der Wochenmarktlandschaft ein. Ich bin sicher, dass in Duisburg die Menschen auch in Zukunft nicht sagen werden „Am Samstag treffen wir uns auf dem Parkplatz vor dem Discounter“ sondern weiterhin „Wir sehen uns auch beim nächsten Mal zum Einkauf auf dem Wochenmarkt“. Aber: Um die breit gefächerte Duisburger Wochenmarktlandschaft als Ergänzung zum stationären Einzelhandel zu erhalten, brauchen die Marktbeschicker Umsätze. Bei Umfragen in der Bevölkerung werden die Märkte immer noch sehr positiv bewertet, aber wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern deutlich machen, dass wir etwas, was wir wollen, auch entsprechend nutzen müssen. Nur so ist die Existenz unserer Wochenmärkte auch langfristig zu sichern.

Traditionell stark ausgeprägte Wochenmarktlandschaft 

Wie viele Wochenmärkte gibt es in Duisburg? Und wie viele Händler beschicken die Duisburger Märkte?

Joppa: Duisburg hat traditionell eine stark ausgeprägte Wochenmarktlandschaft und ist mit 60 Marktveranstaltungen je Woche an 30 Standorten nach Köln die Nummer zwei in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland unter den Top Ten. Wir haben mit dem Altmarkt in Hamborn den größten Wochenmarkt in NRW, dreimal wöchentlich mit bis zu 150 Beschickern, und mit dem Hochemmericher Wochenmarkt landesweit die Nummer drei, zweimal wöchentlich mit bis zu 120 Beschickern. Insgesamt besuchen etwa 650 bis 700 Marktbeschicker die Duisburger Wochenmärkte, davon rund 500 regelmäßig als Vertragspartner des Frischekontors.

Also sind Wochenmärkte auch ein Wirtschaftsfaktor?

Joppa: Mit den Duisburger Wochenmärkten sind etwa 2000 Arbeitsplätze verbunden, wovon rund 75 % mit Duisburgerinnen bzw. Duisburgern besetzt sind.

Wie viele Menschen kaufen denn auf den Duisburger Wochenmärkten ein?

Joppa: Es gibt insgesamt keine exakt erfassten Besucherzahlen für Wochenmärkte. Auch ist die Schwankungsbreite der Kundenanzahl sehr stark von der Größe des einzelnen Marktes abhängig. Ein kleiner Wochenmarkt mit 5 bis 10 Anbietern kann mit durchschnittlich 300 bis 500 Kundenkontakten zurechtkommen während es die beiden größten Duisburger Wochenmärkte in Hamborn und Hochemmerich an umsatzstarken Samstagen auf bis zu 10.000 Kundinnen und Kunden bringen können.

Welche Märkte laufen besonders gut? Welche Märkte laufen schlecht? Und, vor allem, warum?

Joppa: Die kleineren bis mittleren Märkte sind stark abhängig von der Struktur ihres jeweiligen Stadtteils bzw. Quartiers. Hier sind die Wochenmärkte das Spiegelbild der Entwicklung und wenn Stadtteile strukturelle Probleme haben, so leiden auch die Wochenmärkte darunter. Das ist z.B. zurzeit in Laar und Beeck der Fall. Die größeren Märkte sind etwas unabhängiger von ihrem unmittelbaren Umfeld und werden auch überregional besucht. Hier steht umso mehr das Einkaufserlebnis im Vordergrund und die Kundinnen und Kunden genießen - im Gegensatz zur häufig sterilen Atmosphäre im stationären Lebensmittel-Einzelhandel- die häufig mediterrane Atmosphäre auf den Wochenmärkten.

Besonders positive Beispiele dafür sind die Märkte in Hamborn und Hochemmerich aber auch in Hochheide und Aldenrade. Stark besucht sind auch die Multi-Kulti-Märkte in Hochfeld und Bruckhausen und eine besonders gute Entwicklung hat der Bauernmarkt in der Duisburger City mit seinem tollen Frischwarenangebot zu verzeichnen.