Duisburg. .
Mit William Mastrosimones Stück „Tagträumer“ hat Michael Steindl seinen beiden Eleven Jennifer Riahi und Adrian Hildebrandt keine leichte Aufgabe zugedacht. Denn obwohl die beiden seit langem im Theater-Jugendclub „Spieltrieb“ aktiv sind und schon einige Bühnenerfahrung gesammelt haben, verlangt dieses Zwei-Personen-Stück den Darstellern alles ab: So schön und poetisch der Text auch komponiert ist – er ist lang. Der handlungsarme Dialog beschwört mehr Bilder im Kopf herauf als er auf die Bühne bringt.
Von toten Vögeln
Das bedeutet für die Darsteller, fast zwei Stunden lang hundertprozentig präsent sein und die Spannung über einen großen Bogen hinweg halten zu müssen. Das machen die beiden sehr gut, fordert sie aber auch bis an ihre Grenzen.
Ein Mann und eine Frau, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Cliff, der Trucker, hat eine Panne. Im Supermarkt verkauft ihm Rose Schokoladenplätzchen. Sie lädt ihn in ihre Wohnung ein. Das Stück beginnt, als die beiden die Tür zu diesem Kammerspiel betreten. Der sehr geerdete, manchmal auch grobe Cliff hofft auf einen unkomplizierten Abend mit Bier und Bett. Die weltfremde Träumerin Rose sucht einen zum Reden und ein wenig Wärme. Zwei entfernte Universen, die nur eines gemeinsam haben: ihre Einsamkeit.
Kann das gut gehen? Eigentlich nicht. Denn Rose ist ein reichlich versponnenes Seelchen, das es nicht mal schafft, einen vertrockneten Kaktus wegzuwerfen. Sie hat Angst vor jeder Veränderung und vor körperlicher Nähe, sie erzählt immer nur traurige Geschichten von Tod und „wahrer Liebe“. Sie träumt von einer Farm und Kaninchen. Sie hat mit ansehen müssen, wie Jugendliche in einem Tierpark Wasservögel mit Steinen beworfen und getötet haben – darüber kommt sie nicht hinweg.
Hin- und hergerissen
Cliff, der desillusionierte Realist, staunt über ihre fast wehrlose Naivität und versucht, sie auf den Boden zu holen. Statt großer Trucker-Freiheit besteht sein Leben aus Termindruck, Schikanen, Müdigkeit und Gefahr. Aber auch aus dem Anblick des Ozeans. Sein Abend mit Rose ist eine Enttäuschung, ihr Abend mit Cliff ein Ärgernis. Sie streiten, Cliff will gehen und kehrt doch wieder zurück. Hin- und hergerissen sind beide vom Anderen. Sie spricht bei ihm Seiten an, die er längst vergessen zu haben scheint, er verleitet sie dazu, gegen ihre Prinzipien zu verstoßen – zum Beispiel, nie zu fluchen. Der Streit eskaliert, wird laut, handfest, bedrohlich. Am Ende wendet ausgerechnet die Geschichte von den toten Vögeln die Katastrophe ab – neu erzählt, wird sie zur gemeinsamen, hoffnungsvollen Perspektive.