Duisburg. Axel Josten ist seit über 50 Jahren ein Fan der Deutschen Oper am Rhein. Seit dem 4. Januar verkauft er im Forum Kostüme aus dem DOR-Fundus. Bei der Arbeit helfen ihm nicht nur seine Opernkenntnisse, sondern auch sein Fachwissen aus der Textilbranche.
„Axel, habt ihr Platz für acht neue Ständer?“ Heide Koch schaut etwas zweifelnd über das noch gut bestückte Angebot in dem Erdgeschossladen des Forums, in dem die Deutsche Oper am Rhein seit gut zwei Wochen Kostüme aus ihrem Fundus feilbietet.
Der Schneefall dieser Tage hat den Absatz ein wenig gebremst. Doch die neue Lieferung steht verkaufsfertig bereit. Wohin damit? In den Laden, oder ins Lager, das das Management des Einkaufszentrums zur Verfügung gestellt hat?
Hüte, Masken und Kostüme
Axel Josten wirft einen fachmännischen Blick in die Runde. „Das kriegen wir hin“, kann er die Marketingchefin der Rheinoper beruhigen. Die hat noch eine Überraschung mitgebracht. „Unserer Modistin hat wieder Hüte gefunden. Und die Maske hat einige Masken aussortiert, die bring ich nachher auch mit. Ach ja, und Stoffreste. Die kommen heute auch noch.“ „Tschuldigung“, klinkt sich da ein hochgewachsener Mann in das Gespräch ein und hält Axel Josten ein asiatisch anmutendes Gewand in Schwarz und Dunkellila hin. „Aus welcher Oper ist das?“ Josten sieht kurz auf das opulente Stück. „Das ist aus der Zauberflöte“, sagt er und unterstreicht seine Auskunft mit einem freundlichen Lächeln, das er gleich mit einem „schönen, guten Tag“ weiterreicht an eine Stammkundin, die jeden Tag vorbeischaut, um sich umgehend wieder Heide Koch und den organisatorischen Angelegenheiten zu widmen.
Ein treuer Fan wird engagiert
Wer’s nicht besser weiß, hält den distinguierten Herren im dezenten grauen Anzug mit der theaterroten DOR-Krawatte ganz sicher für einen Mitarbeiter der Rheinoper. Das aber ist Axel Josten mitnichten. Ein Fan, ja, ein ganz großer und treuer, seit über 50 Jahren. Und das hat auch dazu geführt, dass die Oper ihn für ihren ersten wochenlangen Kostümverkauf fest engagiert hat. Zudem bringt der 69-Jährige seine reiche Berufserfahrung in der Textilbranche mit.
Schon in Hamborn, wo er geboren wurde, sprang er auf Kindesbeinen durch den elterlichen Laden „Damen- und Herrenmode Josten“. Später stieg er nach seinen Lehr- und Wanderjahren bei Hettlage in Duisburg und Berlin in die Filiale ein, die seine Eltern mit dem „Modehaus Josten“ bereits 1956 in Wesel eröffnet hatten. „Weil meine Großmutter mütterlicherseits aus Wesel kam.“
Fundus-Verkauf im Forum
Bis zum 9. Februar noch verkauft die DOR Kostüme aus ihrem Fundus. Seit der Eröffnung des Ladenlokals im Forum am 4. Januar wurden bereits 2800 Teile verkauft. Dabei handelt es sich nicht nur um vollständige Kostüme, sondern auch um Hüte, Stoffreste und Accessoires. Groß ist auch die Nachfrage nach Perücken. Die aber rückt die DOR nicht raus. „Perücken sind zu teuer. In einer stecken 40 Arbeitsstunden“, sagt Marketingleiterin Heide Koch.
Betrieben wird der Shop von einer Tochtergesellschaft der DOR, der Opera DOR GmbH, die auch die Opernshops unterhält. Das Angebot wird ständig nachgeliefert. Die Kostüme stammen aus dem Düsseldorfer und dem Duisburger Haus. „Unser Fundusverwalter meinte unlängst, es sei schon schön leer geworden.“ Dennoch glaubt Heide Koch, dass der Shop bis zum 9. Februar bestückt werden kann. Normalerweise kümmern sich drei Verkäufer um die Kunden. In Spitzenzeiten sind es bis zu zehn.
Bis 2004 hat Josten das Geschäft in Wesel geführt. Auf ein Intermezzo von Quelle folgte nach der Insolvenz des Versandhauses wieder ein Textilhändler. Karl-Heinz Haffke kaufte die Immobilie im attraktiven Domviertel, baute sie um und trennte sich von seinen Läden im Oberhausener Centro und auf dem Duisburger Sonnenwall. Acht Monate hat Axel Josten für Haffke in Oberhausen gearbeitet und auch in Duisburg war er bei dem sechswöchigen Räumungsverkauf dabei.
Schnell Entschieden
„Ich denke, das hat Stephan Brinkmann auf die Idee gebracht, mich zu fragen, ob ich den Kostümverkauf der Oper übernehmen will.“ Auch wenn Axel Josten dadurch seinen Beruf und sein Hobby miteinander verbinden konnte, erbat er sich von dem Leiter des Opernshops und Service Duisburg eine Nacht Bedenkzeit. „Am nächsten Morgen bin ich dann aber sofort zu ihm hin und hab zugesagt.“
Und eine gute Kollegin hat Axel Josten auch noch mitgebracht. Anna Cammalleri, mit der er bei Haffke im Centro gearbeitet hatte, ist nun die zweite fest engagierte Kraft im Kostümladen der DOR.
Mit einer Träne im Auge
„Anna und Axel sind ein ungeheurer Glücksfall mit ihrem Fachwissen“, lobt Heide Koch das Duo, das jeden Tag von 9.30 bis 20 Uhr am Start ist. Im Vergleich zu den anderen Kräften, die die DOR für den Laden verpflichtet hat - viele davon Studenten, die bei Vorstellungen an der Garderobe und im Service aushelfen - kommen Axel Josten und Anna Cammalleri mit den Anforderungen besser zurecht. „Uns macht das lange Stehen ja nichts aus. Wir sind das gewohnt“, erklärt Josten.
Als langjähriger Opernbesucher , der mit 14 Jahren das erste Mal im Theater war und von „Madame Butterfly“ unheilbar mit dem Opernvirus infiziert wurde, hat er allerdings seiner Kollegin profunde Kenntnisse im Hinblick auf die Kostüme voraus. „Die meisten, die hier etwas kaufen, wollen wissen, aus welcher Oper die Kostüme stammen und für welche Rolle sie gemacht wurden.“
Da kann Josten oft helfen. „Und manchmal hat man sogar eine Träne im Auge. Letztens hatten wir Kostüme aus ‘Aida’, einer ganz in Blau und Gold gehaltenen Inszenierung. Die war so wunderschön“, schwärmt Josten, der die italienischen Komponisten wie Verdi, Puccini oder Donizetti besonders liebt. Für ihn paart sich da seine Liebe zur Musik mit seiner Vorliebe für das gut ausgestattete Bühnengeschehen ganz besonders.
Bald wieder mehr Zeit für die Oper
Einigen seiner derzeitigen Kunden geht es wohl genauso. „Andere kommen und suchen gezielt nach Karnevalskostümen. Sehr oft wird nach Hexenkostümen gesucht, nach Uniformen, nach Seeleuten und Piraten. Aber das gibt es wohl erst, wenn der ‘Fliegende Holländer’ nicht mehr auf dem Spielplan steht.“ Und was macht Axel Josten, wenn der Kostümverkauf nicht mehr auf seinem persönlichen Spielplan steht? Josten lacht: „Ganz ehrlich, ich weiß es nicht.“ Zumindest hat er dann wieder mehr Zeit, in die Oper zu gehen.