Duisburg. Das Theater am Marientor in Duisburg steht bisher nur bis zum Sommer als Ausweichstätte für die zu sanierende Mercatorhalle zur Verfügung. Und auch den Philharmonikern droht der Verlust ihres Ersatz-Konzertsaals. Denn noch immer hat der Beschluss des Stadtrates Bestand, das TaM zu verkaufen.
Das schmucke Theater am Marientor hat jede Menge Fans. Einer davon ist Dieter Nuhr, der jedes Jahr im November an zwei Abenden hintereinander in Duisburg auftritt. Bald könnte er sich wieder fragen, in welcher Halle er wohl dieses Jahr gastieren wird. Ende 2011, kurz bevor das TaM dicht machte und sogar über einen Abriss diskutiert wurde, sagte er dem Bau eine Zukunft als Supermarkt voraus.
„Mal schauen, wo ich nächstes Jahr auftrete“, unkte er, „vielleicht dann hier im Lidl“. Für sein Gastspiel im darauf folgenden Jahr hatte er bereits die Mercatorhalle gebucht, die aber dann geschlossen wurde.
Und plötzlich stand Nuhr 2012 wieder im TaM. „Ist schön geworden, der Lidl“, stellte er amüsiert fest.
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Eigentlich könnte er dieses Jahr wieder in seinem Lieblingstheater stehen, die Mercatorhalle bleibt schließlich noch mindestens bis zum Sommer 2014 dicht. Doch womöglich wird es auch gar nichts mit einem Auftritt in Duisburg. Denn im Zweifel hat die Stadt bald gar keine große Veranstaltungsstätte mehr, die sich für solche Auftritte buchen lässt. Und auch den Philharmonikern droht der Verlust ihres Ersatz-Konzertsaals.
Klarer Auftrag: TaM verkaufen
Denn das TaM steht nach jetzigem Stand als Ausweichstätte nur bis zum 30. Juni dieses Jahres zur Verfügung. Bei der Duisburg Marketing GmbH (DMG), die den Landschaftspark und die Mercatorhalle vermarktet, liegt zwar eine lange Liste mit Anfragen von Veranstaltern.
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„Aber wir können derzeit nichts bestätigen“, sagt DMG-Chef Uwe Gerste auf NRZ-Nachfrage. „Wir können uns natürlich sehr gut vorstellen, dass die Veranstaltungen auch über den Sommer hinaus im TaM stattfinden. Aber darüber müssen wir erst mit der DBV verhandeln.“
Die DBV, die Duisburger Bau- und Verwaltungsgesellschaft, ist Eigentümerin des Theaters am Marientor. Das Tochterunternehmen der Gebag hat allerdings einen eindeutigen Auftrag: das Theater am Marientor zu verkaufen. Der entsprechende Beschluss des Stadtrates wird bald sieben Jahre alt.
Für die DBV bleibt das TaM auch trotz des derzeit ganz gut gefüllten Programmkalenders ein finanzieller Klotz am Bein. Denn kostendeckend lässt sich das Theater mit seinen 1500 Polstersitzen ohnehin nicht betreiben. Zudem soll im Frühjahr die Zinsbindung des Kredits auslaufen, mit einem Verkauf wäre die DBV ihre Sorgen auf einen Schlag los. Selbst die Gebag würde profitieren, die DBV könnte dann noch einen offenen Millionen-Kredit begleichen.
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Zwar ist der Druck für einen Verkauf nicht mehr so hoch wie früher, weil die DBV den 14-Millionen-Euro-Kredit seit elf Jahren abstottert und die Schuld auf rund zwei Millionen Euro geschmolzen ist. Aber die DBV hat oft genug betont, dass sie auch gar kein Betreiber einer Veranstaltungshalle sein will. Dass die Türen des Theaters überhaupt wieder geöffnet wurden, war Teil der Verkaufsstrategie, um den finanziellen Klotz am Bein endlich loszuwerden: Ein Haus, in dem Betrieb herrscht, lässt sich leichter verkaufen.
Zwar zerplatzten diverse Kaufofferten über die Jahre immer wieder wie Seifenblasen, vor wenigen Monaten streute Geschäftsführer Utz Brömmekamp aber wie berichtet neue Hoffnung: Es gebe verschiedene Interessenten, heißer Kandidat sei Wolfgang De Marco, der schon früher sein Musical „Brave Heart“ im TaM umsetzen wollte, aber damals keinen Finanzier fand. Die Gespräche seien konkret und keinesfalls „eine Luftnummer“.
Die Verhandlungen sind nach wie vor aktuell. DeMarco selbst bestätigte der NRZ erst kürzlich die Absicht das Theater übernehmen zu wollen, das Ergebnis hänge aber noch „von einigen Faktoren“ ab.
Was würde aus den Philharmonikern?
Die Entscheidung dürfte nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen, wie DBV-Geschäftsführer Udo Steinke gestern auf NRZ-Anfrage erklärte: DeMarco habe einen Investor gefunden, der sich das Theater auch selbst noch einmal angesehen habe und sein Engagement jetzt abschließend prüfe: „Wir warten derzeit auf das Ergebnis.“ Die DBV würde ein entsprechendes Kaufangebot trotz der gesperrten Mercatorhalle wohl kaum ausschlagen. „Wir haben einen klaren Auftrag zum Verkauf, an den wir gebunden sind“, bestätigt Steinke.
Bleibt die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Muss der Rat seinen Beschluss ändern, damit Duisburg vorerst eine große Bühne behält? Wird man potenzielle Käufer mit der Auflage abschrecken, der Stadt Sondernutzungsrechte einzuräumen? Und wenn nicht: Wo sollen dann künftig die Philharmoniker spielen?
In der nächsten Woche will die Stadt diese Fragen klären, die Beteiligten wie DMG, DBV und das Kulturamt sollen mit am Tisch sitzen.
Und im Zweifel muss Dieter Nuhr wohl tatsächlich Regale in einem Supermarkt beiseite räumen, um in Duisburg auftreten zu können.