Duisburg.

Ein Bild des Jammers bietet die archäologische Zone „Alter Markt“ hinter dem Rathaus: Blödsinnige Graffiti verunzieren die alten Steine der früheren Markthalle und die baulichen Überreste zweier Häuser, die aus dem späten 13., frühen 14. Jahrhundert stammen.

Ein ausgelatschter Schuh gammelt auf dem historischen Pflaster vor sich hin. Es ist nicht der einzige Müll, den rücksichtlose Zeitgenossen in dem eingehegten Bereich „entsorgt“ haben. Das Glas, das einst die Informationstafeln für Besucher schützte, ist längst zerschlagen. Die Tafeln sind geklaut, andere mit Lackfarben so vollgesaut, dass die Informationen ohnehin niemand mehr lesen kann.

Völlig verdreckte Vitrinen

Drei Vitrinen, in denen Fundstücke präsentiert werden, sind völlig verdreckt. Bei einer ist ebenfalls das Glas zertrümmert, und weil das den Tätern offensichtlich nicht reichte, haben sie gleich noch die Exponate zerhackt. Und die kleinen Dächer, die die Informationstafeln vor der Zone schützen sollen, zeigen die typischen Flecken von ekligen Bubble-Tea-Attacken. So mancher, der sich an anderer historischer Stätte wie etwa der Akropolis, Pompeji oder dem Forum Romanum über derartige Verwüstungen heillos aufregen würde, schlendert hier in Duisburg achtlos daran vorbei.

„Die Historie vor der eigenen Haustüre wird nicht wirklich wahrgenommen“, bedauert der Duisburger Stadtarchäologe Dr. Thomas Platz den Zustand am Alten Markt. Andererseits lobt Platz den Beschluss, den die Duisburger Politiker ehedem fällten, diese archäologische Zone einzurichten, die Anfang der 90-er Jahre fertiggestellt wurde. „Das war ‘ne gute Entscheidung, man hätte damals auch alles wieder zuschütten können“, meint Platz.

Den Platz überbauen

Damit befindet er sich im besten Einvernehmen mit Bürgermeister Manfred Osenger (SPD), der allerdings betont: „Jetzt sind die Stadtväter und - mütter gefordert, damit diese archäologischen Ausgrabungen weiter erhalten bleiben. Diese Zone hier ist ein schönes Schaustück für Touristen, aber auch für die Duisburger selber.“ Auch die sieht Osenger in der Pflicht, sich stärker um ihr historisches Erbe zu kümmern. „Wir brauchen Sponsoren, Spendengelder und Bürgerengagement.“

Zwar sieht der Masterplan von Lord Norman Foster für die Innenstadt vor, im Zuge der Wiederanbindung des Rathauses an die City auch den Bereich des alten Marktes zu überbauen. Das aber dergestalt, dass die historischen Überreste so eingebunden werden, dass sie weiter zugänglich sind. Bis dahin allerdings werden noch etliche Jahre ins Land gehen, Zeit, die weiter an den alten Mauern nagt. „Nichts geht verloren“, verspricht Platz. „Wir bergen loses Steinmaterial und lagern es im Archiv, damit es später wieder an der entsprechenden Stelle eingesetzt werden kann.“

Grabungen an der Steinschen Gasse

Eines respektvollen Umgangs erfreuen sich die Archäologen bei ihren Grabungen an der Steinschen Gasse, die Überreste aus der Zeit um 1300 zu Tage förderten. Mauern eines alten Klosters, das nicht von Nonnen bewohnt wurde, wie Thomas Platz berichtet. „Seniorinnenstift würde man heute sagen. Es waren Frauen mit einem gewissen Vermögen, das sie stifteten. Dafür erhielten sie in der Klosteranlage ein kleines Häuschen und wurden rundum versorgt.“ Diese Häuser seien später zu Professorenhäuser der alten Universität gemacht worden. „In den Häusern lebten und lehrten die Professoren, nahmen dort auch die Prüfungen ab“, schildert Platz.

Ihn freut es, dass dieser ergrabene Bereiche beim Bau des Stadtfensters an der Steinschen Gasse nicht einfach wieder zugeschüttet werden, sondern begehbar erhalten bleiben soll. Zudem begeistert ihn die Aufmerksamkeit und Neugier der Passanten: „Die Leute finden spannend, was wir da machen und fragen oft nach.“ Daraus zieht Platz den Schluss, dass die Archäologie doch bei den Menschen in Duisburg gut angesehen ist. Das müsste sich jetzt nur noch in einem respektvollen und schützenden Umgang mit den bereits ausgegrabenen Zeugen der Geschichte niederschlagen.