Duisburg. Julia Völz ist Archäologin und Grabungsleiterin. Seit einigen Wochen ist sie mit ihrem Team auf dem Gelände des künftigen „Stadtfensters“ mit der Sichtung von Überresten längst vergangener Zeiten beschäftigt. Und sie wurde fündig.
Julia Völz ist Archäologin und Grabungsleiterin. In Köln hat sie sieben Jahre lang U-Bahn-Baustellen begutachtet und nach Bodendenkmälern gesucht. Seit einigen Wochen ist sie mit ihrem Team auf dem Gelände des künftigen „Stadtfensters“ mit der Sichtung von Überresten längst vergangener Zeiten beschäftigt. Und sie wurde fündig: Neben Fundamenten aus dem 19. Jahrhundert wurden auf dem Gelände auch menschliche Skelette gefunden.
„Ich vermute, dass es sich um vergrabene Überreste der Anatomischen Abteilung der damaligen Duisburger Universität handelt,“ erklärt die Archäologin, Mitarbeiterin der Firma ,Archäologische Baugrundsanierung’ (ABS) aus Köln. Dafür spreche, dass man zwar Knochen gefunden habe, jedoch bislang keine Schädel. Die Universität existierte von 1655 bis 1815 an dieser Stelle der Altstadt.
90-Tonnen-Abbruchbagger soll Abriss vollenden
Während Julia Völz und das Grabungsteam also eine Überraschung erlebte, blieb dies zum Glück Bauleiter Jan Stapelmann – bislang – erspart. Der Ingenieur von Multi Development betreut zur Zeit die Abbrucharbeiten des alten Boecker-Hauses an der Steinschen Gasse. „Wir haben zuvor einen Gutachter beauftragt, der ein Schadstoffkataster erstellt hat.“ Nachdem das Gebäude in den vergangenen Monaten zunächst von allen Schadstoffen befreit und entkernt wurde, wird heute ein 90-Tonnen schwerer Abbruchbagger zum Gelände gebracht, der vollenden soll, was sein ,kleiner Bruder’ (45 Tonnen) bereits begonnen hat: Den „hohlen Vogel’“, wie Bauleiter Jan Stapelmann das Boecker-Haus nennt, abzureißen.
„Zuvor müssen wir allerdings die Keller mit dem Bauschutt verfüllen, der hier schon liegt, damit wir mit dem schweren Gerät nicht einbrechen“, schildert der Ingenieur den Vorgang. „Wenn das Haus abgerissen ist, wird der Bauschutt wieder herausgeholt und durch anderes Material ersetzt. Das wird anschließend verdichtet, um darauf das neue Gebäude zu errichten.“
"Wir hoffen nur, dass es nicht friert"
Der größere Abbruch-Bagger dürfte im Boecker-Haus auf wenig Widerstand treffen: Mit seiner Zange kann er mühelos Stahlträger durchkneifen. „Das ist für ihn kein Problem“, erklärt Stapelmann. „Wir hoffen nur, dass es nicht friert, weil die Abbruchstellen mit Wasser besprüht werden müssen, um den Staub zu mindern.“
Beim Abbruch wird der Beton vom Moniereisen getrennt. Die Eisenteile werden eingeschmolzen, der Beton zerkleinert, um an anderer Stelle wieder als Material zum Verdichten des Untergrunds genutzt zu werden. Im März, so glaubt der Bauleiter, werde das Boecker-Haus nur noch Geschichte sein. „Da bleibt nichts von übrig.“
Im Herbst nächsten Jahres sollen Volkshochschule und Stadtbibliothek in das „Stadtfenster“ einziehen. Dort ist ferner geplant, ein NS-Dokumentationszentrum aufzubauen. Dessen Finanzierung ist allerdings noch fraglich.
Archäologin Julia Völz wird dann längst woanders nach Bodendenkmälern suchen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind bis dahin vielleicht bereits ausgewertet und es wird Näheres über die menschlichen Überreste bekannt sein, die sie gefunden hat.
Verkehrsbehinderungen drohen
Wegen der Abrissarbeiten muss die Verkehrsführung auf der Steinschen Gasse ab Freitag geändert werden. Da in Fahrtrichtung Marientor zwei Spuren erhalten bleiben müssen, entfällt in Gegenrichtung eine Fahrspur. Es kann zu Verkehrsbehinderungen kommen. Fußgänger müssen den Gehweg entlang der Königsgalerie nutzen. Die Arbeiten dauern voraussichtlich bis Ende März 2012.