Duisburg. .

Der Name ist nicht gerade griffig, die Idee aber genial: „Studentinnen und Studenten helfen Schülerinnen und Schülern und Schülerinnen und Schüler helfen Schülerinnen und Schülern“, abgekürzt SHS². Dahinter steckt die Erkenntnis, dass man durchaus davon profitieren kann, wenn man anderen hilft. Chancenwerk heißt der Verein, der seine ganz besondere Unterstützung inzwischen in 29 Städten anbietet.

In Duisburg sind drei Gesamtschulen dabei: Theodor-König, Aletta-Haniel und Erich-Kästner. In Beeck ist das erste Jahr mit dem Projekt jetzt fast rum, 40 Schüler der sechsten Klasse werden hier nach dem Unterricht einmal die Woche für anderthalb Stunden gefördert – Sephora in Mathe, Francesca in Englisch. Und zwar von Oberstufenschülern, die vor allem bei den Hausaufgaben helfen, aber auch für Klassenarbeiten lernen oder mit speziellen Arbeitsblättern in Problemfächern auf die Sprünge helfen.

geschult in Zuhör- und Fragetechniken

Sie werden aber nicht unvorbereitet auf die Kleinen losgelassen, erst werden sie in Zuhör- und Fragetechniken geschult, damit das Kind die Aufgabe selbst lösen kann. Ein Student unterstützt die Schüler dabei. Ob Muhammed (11) an seinen Englisch-Aufgaben verzweifelt oder Arifcan (12) an der Division natürlicher Zahlen: mit Engelsgeduld wird erklärt, bis es sitzt. Immer dabei: PAUL – das Persönliche Arbeits- und Lerntagebuch, in das die Kinder jedes Mal gutes und schlechtes, gelerntes oder nicht-gewusstes eintragen sollen.

Özlem gefällt das gut. Die 12-Jährige freut sich über Hilfe in Deutsch, „in Mathe bin ich schon sehr gut“. Für ihr Engagement in der Unterstufe bekommen die Oberstufenschüler zum einen Kompetenztraining mit Themen wie „einen Vortrag halten“, „fit fürs Abi“ sowie ein Zertifikat für ihr bürgerschaftliches Engagement. Schwächere Oberstufenschüler wiederum erhalten intensive Unterstützung durch Studenten in einem Fach ihrer Wahl.

Studierende erhalten Praktikumsbescheinigung

Die Studierenden schließlich erhalten neben einem kleinen Stundenlohn Praktikumsbescheinigungen für ihr Studium, können sich auch Punkte anrechnen lassen. Außerdem gibt es für sie Trainee-Angebote – und bestenfalls schon einen Einblick in ihr zukünftiges Schaffensfeld als angehende Lehrer.

Das ist für Sezen Peker aber gar nicht die Motivation. Die 22-Jährige macht einen Bachelor-Abschluss in Politikwissenschaft. „Ich glaube an die Idee, ich möchte was in der Welt verändern und dafür muss ich bei den Kindern ansetzen“, ist sie überzeugt. Außerdem gehe es hier nicht nur um Nachhilfe, sondern um Beziehungsaufbau. Dafür gehen die Großen und die Kleinen auch mal ins Kino oder organisieren ein Fußballturnier. „Die Kinder nehmen uns als Vorbild wahr!“ ist sie sicher. Die türkischen Kinder nennen sie sogar „Abla“ – große Schwester.

Auch Anke Gebhardt will gar nicht Lehrerin werden. Die Master-Studentin der Philosophie „hatte in der Schule nie Probleme und empfand das als Privileg“. Das Chancenwerk hält sie für „richtig, gut und wichtig, das ist mein einziger Antrieb“. Geld verdienen könnte die 24-Jährige woanders leichter. Dafür wird sie hier von den Zwölfjährigen angehimmelt. Ein echtes Vorbild.