Küppersmühle in Duisburg ist ein Luftschloss ohne Genehmigungen
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Duisburg. . Ein Jahr nach dem Baustopp an der Duisburger Skandal-Baustelle Küppersmühle kommen neue Details ans Licht: Der Stahlkubus war nicht das einzige Risiko. Unter anderem fehlen für Fassade, Beleuchtung und Schriftzug die Genehmigungen.
Am Mittwoch jährt sich zum ersten Mal der Baustopp für die Museumserweiterung der Küppersmühle. Heute, ein Jahr später, kommen immer mehr Details über das Planungs- und Baustellen-Chaos ans Licht. Das Desaster soll der damalige Gebag-Vorstand größtenteils selbst verschuldet haben.
So soll der Bau ohne eine vollständige Prüfstatik begonnen haben. Und selbst wenn bei dem Stahlgerüst alles gut gegangen wäre: Es gab weitere Risiken, die das Projekt im weiteren Verlauf hätten kippen können. So fehlen für Bauteile notwendige Genehmigungen, unter anderem auch für die spektakuläre Fassadengestaltung samt Lichtkonzept, das dem Kubus seinen Leuchtturm-Charakter verleihen sollte.
Kurios: Für den Werbeschriftzug in luftiger Höhe zahlt Evonik die stolze Summe von acht Millionen Euro. Dass der Firmenname aber jemals dort erschienen wäre, ist keinesfalls gesichert. Die Küppersmühle liegt so nah an der A59, dass der Landesbetrieb Straßenbau die Werbung und Beleuchtung hätte genehmigen müssen.
Wie aus dem neuen Bericht der städtischen Rechnungsprüfer hervorgeht, liegt der Antrag zwar seit drei Jahren vor, eine Genehmigung aber gibt es nicht. Die Entwurfsskizzen würden nicht ausreichen, heißt es. Der Gebag-Vorstand ging das Risiko ein, dass die Zustimmung erst bei einem Ortstermin erfolgen soll, wenn alles fertig ist. Gleiches gilt für die Außenhaut des Quaders. Auch hier liegt bis heute keine Genehmigung vor.
Gebag zahlt für Zwischenlagerung monatlich 35.000 Euro Miete
Der Clou der neuen Küppersmühle sollte nicht alleine der architektonisch anspruchsvolle Kubus auf dem alten Kornsilo werden, sondern auch die von innen beleuchtete Fassade. Sie besteht aus einer Innen- und Außenhaut. Der Schuhkarton sollte innen mit einer wärmegedämmten Aluminiumfassade verkleidet werden. Sie ist bereits seit Monaten fertig. Weil sie aber nicht auf das Stahlgerüst montiert werden kann, das seit einem Jahr im Innenhafen vor sich hinrostet, müssen die Alu-Teile in einer Halle zwischengelagert werden. Auch das verschlingt immense Kosten: Für die Miete der Halle muss die Gebag jeden Monat stolze 35.000 Euro zahlen.
Die von außen sichtbare Hülle des Schuhkartons dagegen sollte aus einer transparenten Spezialfolie gefertigt werden. Dafür liegt allerdings nur eine Genehmigung für den Brandschutz vor, nicht aber für den Werkstoff an sich. Diese notwendige Zustimmung fehlt bis heute. Sollte sich die Folie aber als untauglich herausstellen, hätte das weitere Millionen-Kosten zur Folge gehabt, wie aus dem internen Bericht der Rechnungsprüfer hervorgeht.
Die Fertigstellung sowie die Nutzung des Museumsanbaus hätte nicht genehmigt werden können, eine Alternativplanung zu der Spezialfolie gab es nicht. Bei einem Millionen-Projekt wie der Küppersmühle ein solches „unkalkulierbares“ Risiko einzugehen, halten die Rechnungsprüfer für „völlig unangemessen“. Der schnellen Fertigstellung seien ohne Rücksicht auf Mehrkosten andere Überlegungen untergeordnet worden.
Zudem gab es bereits Probleme mit der Spezialfolie, die - von innen beleuchtet - als Gestaltungshighlight angekündigt war. Denn die erste beauftragte Firma soll an der rechtzeitigen Fertigung gescheitert sein, den Vertrag aber aus anderen Gründen gekündigt haben. Kosten für die Vertragskündigung: mehr als 1,6 Millionen Euro. Die Gebag musste eine neue Firma beauftragen. Die Folie soll Wind, Sog und Druck geräuschlos und ohne Verformung aufnehmen. Die Rechnungsprüfer zweifeln allerdings, ob sich diese Vorgaben bei 37 Meter Höhe überhaupt erreichbar sind.
Gebag-Vorstand soll für Baustellen-Chaos verantwortlich sein
Weiteres Problem: Damit der Kubus überhaupt auf das Dach der Küppersmühle gehoben werden kann, ist für den speziellen Portalkran eine Pfahlgründung aus Stahlbeton als Standsicherheit nötig. Die Gründung und der Kran sind für ein Hubgewicht von 1350 Tonnen ausgelegt. Durch Änderungen sollte der Kubus später aber 1450 Tonnen wiegen. Die Gebag habe dennoch „mit allen Mitteln“ versucht, an dem Portalkran mit 1350 Tonnen festzuhalten, vermerken die Rechnungsprüfer: „Obwohl die Unmöglichkeit dieses Vorhabens abzusehen war“.
Hinzu kommt, dass mit dem Stahlbau ohne die vollständige Prüfstatik begonnen wurde. Die beauftragten Stahlbaufirmen hatten sogar schriftlich darauf hingewiesen. Die Antwort der Gebag liegt der NRZ vor. In dem Schreiben vom 7. Oktober 2009 erklärt die Gebag, dass sie „auch diese Risikoübernahme zusagt“ und dadurch entstehende „Kosten übernehmen wird“. Die Statik wurde erst knapp zwei Monate später erstmals geprüft. Auf sämtlichen Plänen, die die Rechnungsprüfer gefunden haben, soll allerdings der abschließende Stempel des Bauherrn zum Einverständnis fehlen.
Für das Chaos auf der Baustelle machen die Rechnungsprüfer vor allem den Gebag-Vorstand verantwortlich. Er habe durch Aufträge an externe Architekten und Ingenieure zwar das bauliche Risiko minimieren wollen, allerdings hätten sich nicht alle Verantwortlichkeiten delegieren lassen. Bezeichnend ist ein Aktenvermerk eines beauftragten Projektsteuers in dem Bauprotokoll. Er wies darauf hin, dass „nun keiner mehr wisse, wer etwas entscheide“.
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