Duisburg. . Bei KidsCare werden Kinder auch in den Randzeiten betreut, wenn es sein muss, auch nachts.

Ein Fuß in Ringelsocke ragt aus dem Gitterbettchen heraus, bäuchlings schläft Paulina ganz entspannt, beschienen von einer bläulich leuchtenden Nachtlampe, in der kleine Fischchen schwimmen. Sie ist zwölf Monate alt und liegt im Bett des „Kinderhotels“ - einer Tagespflegeeinrichtung für echte Randzeiten.

Auch an Wochenenden Betreuung möglich

Regina Küttner hat KidsCare in Hamborn gegründet, weil sie den Bedarf sah und zugleich einen Traum verwirklichen wollte. Sie mietete eine Wohnung, gestaltete Bad und Küche, Spiel- und Schlafzimmer kunterbunt und kindgerecht um. Hier soll auch von 17 Uhr abends bis 6 Uhr morgens und an den Wochenenden Betreuung möglich werden.

Im November 2010 gründete sie ihre Tagespflege, inzwischen betreut sie im Platz-Sharing 16 Kinder. Maximal fünf sind gleichzeitig da. Und wenn Paulina im Kids Care übernachtet, schlägt Regina Küttner ihr Bett neben dem Kind auf.

Arbeitsplätze schaffen

Das kann sie natürlich nicht sieben Tage die Woche. „Ich könnte hier Arbeitsplätze schaffen“, schwärmt sie und denkt an Tagespflegepersonen - oder vielmehr Nachtpflegepersonen, die fest und verlässlich bestimmte Kinder sozusagen auf eigene Rechnung betreuen.

Bedarf ist in Duisburg vorhanden

Für ihr „Hotel“ hat Regina Küttner einen Projektantrag gestellt. Die Übernachtung einzelner Kinder ist im Rahmen ihrer Tagespflege auch so möglich. Bei dem größeren Projekt wird das Jugendamt jetzt allerdings den Landschaftsverband als Genehmigungsbehörde einschalten.Ob man dieser Betreuung zustimmen könne, hänge vom pädagogischen Konzept, der Ausstattung der Wohnung, der personellen Besetzung und der Prüfung des Kinderschutzaspektes ab, so Jugendamtsleiter Thomas Krützberg.

Einen Bedarf sieht er in Duisburg schon, zumindest bezogen auf einige Berufsgruppen und Familienkonstellationen. „Mengenmäßig ist das allerdings eher gering und bisher fast noch nie nachgefragt worden.“

In Duisburg gibt es einige Großtagespflegen, die Randzeitenbetreuung anbieten, aber nicht rund um die Uhr, berichtet Krützberg. Für Montage- /Schichtarbeiter gebe es vereinzelt individuelle Lösungen mit Tagesmüttern, insbesondere was die Übernacht-Betreuung betrifft.

Für Natali Papesch ist Regina Küttner der rettende Engel. Die 22-Jährige besucht die Abend-Realschule. Spät hat sie die Kurve gekriegt, ist jetzt aber voller Elan, plant bereits Abitur und Hebammen-Ausbildung. Bis 22.30 Uhr läuft der Unterricht. Schläft ihre zwölf Monate alte Tochter Paulina dann schon, soll sie auch nicht mehr geweckt werden. „Am liebsten hab ich sie natürlich bei mir“, sagt Papesch, „aber sie geht gern hin und ist morgens zufrieden und ausgeschlafen, wenn ich sie abhole.“

Entspannte Stimmung 

Während Paulina schläft, spielt Samira nebenan mit einem Steckspiel, fummelt das Pferd in sein Loch, kämpft mit der Kuh, die nicht in die Schweinchen-Form passt. Kira kaut in einem Kinderstühlchen auf ihrem Wurstbrot herum. Sie haben rosige Wangen, waren stundenlang auf dem Spielplatz im Innenhof.

Hingefahren sind sie mit dem Kinder-Lkw, einer Art Großraum-Kinderwagen. Jetzt sind sie hungrig und müde, aber trotzdem ist die Stimmung entspannt. Inci Agsakal unterstützt KidsCare, macht auch Fahrdienste, um die Kinder zu holen oder zu bringen.

Großer Bedarf

Der Bedarf ist groß, sagt Regina Küttner, Anfragen kämen auch aus Nachbarstädten. „Wir sind in einem sozialen Brennpunkt, die Eltern brauchen ihre Arbeit.“ Die Mutter von Danielle (3 Monate alt) macht ihr Fachabi nach, Unterrichtszeit von 11 bis 19 Uhr. Die Mama von Justin (1,5 Jahre) macht eine Ausbildung zur Bäckerin, Arbeitsstart zu nachtschlafender Zeit. Krankenschwestern, Hafenlogistiker - die Kette der Berufe, die nicht zu üblichen Zeiten stattfinden, ist lang.

Paulina ist inzwischen aufgewacht, schmust auf dem Arm von Küttner. Sie ist als Mutter von drei eigenen und zwei Dauerpflegekindern, die inzwischen groß sind, stresserprobt. Nebenan ist die Tagespflege von Lydia Issa. Auch sie lässt Kinder übernachten, wenn Eltern Nachtdienst haben. Lukas, 7 Jahre alt, wird früh morgens gebracht, frühstückt schon in der Betreuung, wird von Issa zur Schule gebracht und wieder abgeholt. Hitzefrei wird hier aufgefangen, und als Lukas in der Schule stürzte, wurde ebenfalls die Tagesmutter angerufen.

Geliefertes Mittagessen ab April

Nebenan wird Kira abgeholt, die Kleine fliegt Papa in die Arme. Christian Müller ist alleinerziehend und selbstständig, macht Altbausanierung. „Andere Tagesmütter sind einfach nicht so flexibel, hier ist es für mich perfekt“, lobt der 31-Jährige. Es ist halb sieben.

Um den gesetzlichen Verordnungen zu genügen, gibt es ab April geliefertes Mittagessen. Bislang wurde selbst gekocht, aber die Hygienevorschriften sind Küttner dann doch zu hoch. „Ich kann doch nicht ein halbes Jahr die Quarkdeckel aufheben“, schimpft sie, und als Lebensmittel-Hersteller sieht sie sich auch nicht. Wie es mit ihren Ausbauträumen weitergeht, bleibt abzuwarten. Der Projektantrag ist eingereicht.