Duisburg. . Anfang Februar wurde in Duisburg-Beeck ein 39-jähriger Türke erschossen - das Motiv lag offenbar im gekränkten Ehrgefühl des Täters. Nun wurde bekannt: Grundschüler sollen die Bluttat gerechtfertigt haben. Die Schule reagierte mit einem offenen Brief an alle Eltern.
Über diese Bluttat redet ganz Beeck: Auf der Karl-Albert-Straße wurde am 6. Februar ein Duisburger mit türkischer Staatsangehörigkeit (39) von einem Landsmann und Nachbarn auf offener Straße erschossen. Das Opfer und seine Familie sollen der Frau des Täters geholfen haben, aus der von Gewalt geprägten Ehe auszubrechen. Nun ist die Diskussion um den Mord auf offener Straße sogar auf dem Pausenhof der Gemeinschaftsgrundschule Lange Kamp angekommen.
Diese liegt nur wenige Meter vom Tatort entfernt. Nun wurde ein Skandal bekannt: Einige der 6- bis 10-jährigen Kinder mit Migrationshintergrund sollen die Tat vor Klassenkameraden gerechtfertigt und „Ehrenmorde“ wie diesen grundsätzlich gutgeheißen haben. Die Schulleitung reagierte daraufhin mit einem offenen Brief an alle Eltern. Dieser liegt der WAZ vor.
Eltern ins Boot
Grundschüler mit Migrationshintergrund rechtfertigen Ehrenmord. Was im ersten Moment wie eine vor Klischees und Übertreibung triefende Schlagzeile aus einem „Revolverblatt“ klingt, scheint in Beeck nun erschütternde Realität zu sein. Doch seien wir ehrlich: Kein 6- bis 10-Jähriger stellt solche menschenverachtende Thesen allein auf. Vielmehr dürfte es so sein, dass die Kinder auf dem Schulhof nur das nachplapperten, was ihnen daheim zu Ohren gekommen ist. Deshalb ist der Weg, den die Schulaufsicht einschlagen will, der richtige: Die Eltern müssen zwingend ins Boot geholt werden.
Denn all jenen, die nun hinter mehr oder minder vorgehaltener Hand diese Tat billigen oder gar rechtfertigen, muss klar gemacht werden: In diesem Kulturkreis ist Selbstjustiz ein inakzeptabler Weg. Diese Grundüberzeugung ist eine tragende Säule unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Wer das nicht akzeptiert, verwirkt sein Recht, Teil dieser Gemeinschaft sein zu dürfen. Und es ist eine Schande, dass diese Ehrenmord-Befürworter sich mit ihrer Haltung sogar schon in den Köpfen der eigenen Kinder festgesetzt haben. Deshalb muss nun konsequent eingegriffen werden – allein zum Schutz andersdenkender Mitschüler. Wehret den Anfängen!
„Schulleitung und Kollegium unserer Schule distanzieren sich hiermit ausdrücklich von jeglicher Mutmaßung über die Hintergründe und jeglichem Verständnis für dieses Verbrechen. Wir stellen hiermit klar, dass es keine Rechtfertigung für die Ermordung eines Menschen geben kann und darf.“ Mit diesen Sätzen endet das Schreiben an die Eltern der 302 Schüler, die die Schule besuchen. Unterzeichnet ist es von Raphaela Heimann, der kommissarischen Schulleiterin. Sie selbst wollte sich auf WAZ-Anfrage nicht zum Geschehen äußern.
Schulaufsicht wird tätig
Dafür redete Monika Müller Klartext. Die Schulamtsdirektorin ist für das Land NRW im „Schulamt für die Stadt Duisburg“ tätig. Die Grundschule Lange Kamp, die auch von den Kindern des Getöteten besucht wird, zählt zu ihrem Zuständigkeitsbereich. „Die Schule hat mit diesem Schreiben sehr besonnen reagiert. Sie hat darin ihre Haltung klar positioniert – und sie hat auch auf Beratungsmöglichkeiten hingewiesen“, sagt Müller.
Zahlreiche Kinder seien Ohren- oder gar Augenzeugen des Verbrechens geworden. Und weil sie ihre Angst und Trauer nicht immer zum Ausdruck bringen könnten, hat die Schule den Eltern auch Kontakte zu professioneller Hilfe bei Beratungsstellen genannt.
Müller wird für die Schulaufsicht am Mittwoch in einer Konferenz mit allen 18 Lehrern der Schule Lange Kamp sprechen. Kurz darauf soll eine außerordentliche Schulpflegschaftssitzung stattfinden, um die Vorfälle mit den Elternvertretern zu thematisieren. „Wir haben nicht nur einen Bildungs-, sondern auch einen Erziehungsauftrag. Deshalb müssen wir dem hier entgegen wirken“, so Müller. Das gelte nur für die Schüler. „Die Eltern können wir nicht erziehen. Die können wir nur beraten.“