Duisburg. . Am Ort des tödlichen Dramas in Beeck herrscht am Tag nach den Schüssen auf Ahmet E. Trauer, Betroffenheit ebenso wie Fassungslosigkeit. Was hier geschehen ist - fassen kann es niemand so recht. Das Gerücht, der Getötete habe etwas mit der Frau des Schützen gehabt, halten viele für “Blödsinn“.
Bestürzung und Betroffenheit sind auch am Morgen danach noch greifbar. Auf der Karl-Albert-Straße in Beeck stehen vor Hausnummer 18 ein Dutzend Menschen. Keiner redet ein Wort. Immer wieder kommen Nachbarn oder andere Schaulustige hinzu, die den Tatort mit eigenen Augen sehen wollen. Sie schütteln fassungslos den Kopf, sind sichtbar erschüttert. Hier wurde am Montag um 20 Uhr Ahmet E. niedergeschossen. Der 39-jährige Duisburger starb noch am Abend in einem Krankenhaus. Erschossen von einem Nachbarn, mit dem das Opfer scheinbar schon länger im Streit lag.
Eine Kugel traf das Opfer in den Kopf, fünf in die Brust. Hintergrund der blutigen Tat scheint verletztes Ehrgefühl zu sein. Die Frau des Täters wollte nach WAZ-Informationen seit längerem ihren Ehemann verlassen – und das Opfer und dessen Familie standen ihr dabei helfend zur Seite. Deshalb soll es auch bereits im Oktober 2011 zu einer Schlägerei zwischen den beiden Männern gekommen sein. Dieser Fall wurde auch bei der Duisburger Polizei angezeigt. Nun scheint dieser schwelende Streit auf fatale Weise eskaliert zu sein.
Kamerateams am Tatort
Der Computerladen des Opfers im Erdgeschoss des Hauses ist geschlossen. Kamerateams filmen den Tatort. Das Blut des Opfers klebt noch auf dem Asphalt. Ein wenig Sand ist darüber geschüttet. Die Polizei fährt Streife. Im Minutentakt klingeln schwarz gekleidete Menschen mit traurigen Mienen an der Haustür von Familie E., um ihr Beileid kundzutun und der Familie Trost zu spenden.
Aussage verweigert
Bei der Tatwaffe handelt es sich um eine Pistole – eine Beretta 9mm. Ob der Täter im legalen Besitz der Waffe war, konnte die Polizei gestern noch nicht klären. Der Angeklagte machte laut Polizeisprecher Ramon van der Maat beim gestrigen Verhör von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Er hat sich schon anwaltlichen Beistand genommen.
„Wir können das nicht fassen. Ahmet ist tot. Nein: Er wurde uns genommen! Er wurde einfach getötet“, klagt eine Cousine des Getöteten. Ihre Stimme versagt. Die Frau weint, zittert am ganzen Leib und schlägt sich mit den Händen auf die Knie. „Das hätte niemals passieren dürfen.“
In der Teestube gegenüber unterhalten sich Mehmet Ercoskun, Murat Altaca und Necdet Engin. Sie sind Nachbarn, kannten Opfer und Täter. „Jeder kannte die beiden hier“, sagen sie. „Das Opfer, also Ahmet ist fast im ganzen Duisburger Norden bekannt. Jeder hat seinen Computer bei ihm zur Reparatur abgegeben. Er war ein sehr guter, beliebter Mensch“, erklärt Ercoskun.
"Keiner würde so etwas für möglich halten"
„Das Gerücht, dass Ahmet etwas mit der Frau des Täters gehabt haben soll, ist Blödsinn“, sagt Engin. „Sie können hier 1000 Leute fragen: Keiner würde so etwas für möglich halten“, ergänzt einer der Männer. Das Opfer sei ein streng religiöser Mann gewesen, hatte schon mehrmals die Pilgerfahrt nach Mekka bestritten. „Er und ein Verhältnis mit einer anderen verheirateten Frau? Undenkbar!“, befindet Turgay Akyazin, der Inhaber der Teestube. Er war derjenige, den der Täter nach seinem Mord angewiesen hatte: „Ruf die Polizei! Ich habe einen Mann erschossen.“ Akyazin: „Ich war entsetzt. Wir hatten zuvor die Schüsse auf der Straße gehört. Ich habe schnell die Polizei angerufen.“
Mit Pistole erschossen
Zurück zu Opfer und Täter: Beide sind jeweils verheiratet. Beide haben zwei Kinder. „Dieser Mord geschah nicht zwischen zwei, um eine Frau rivalisierende Männer. Die Frau des Täters hatte sich von ihrem Mann getrennt. Dieser machte Ahmet E. dafür verantwortlich, weil er Frau und Kinder vor dem Täter schützte“, schrieb Seniye Ergün, eine Freundin des Getöteten, in einer E-Mail an die Duisburger WAZ-Redaktion.
Auf der Straße erzählen einige Nachbarn von gewalttätigen Übergriffen des Täters gegen seine Frau. „Sie wollte ihn verlassen. Und die Schuld daran hat er dem Opfer gegeben“, sagt ein älterer Mann.