Duisburg. . Möbel-Unternehmer Kurt Krieger und der Verein „Loveparade Selbsthilfe“ haben die zuletzt ins Stocken geratenen Verhandlungen über die Gedenkstätte am Ort der Katastrophe überraschend fortgesetzt: Der Grundstücksbesitzer sprach am Samstag nun doch wieder persönlich mit den Opfern.
Und sie reden doch wieder miteinander: Am Samstag haben sich Hinterbliebene der Loveparade-Todesopfer mit Möbel Investor und Grundstücksbesitzer Kurt Krieger getroffen, um im kleinen Kreis über die Gestaltung der Loveparade-Gedenkstätte am Ort der Katastrophe zu beraten.
Außenstehende überrascht an dieser Nachricht zweierlei. Erstens: dass sich Kurt Krieger – ihm gehört das Gelände, auf dem bei der letzten Loveparade 21 Menschen ihr Leben ließen – erneut persönlich an den Verhandlungen beteiligt hat. Nach dem vorigen Treffen mit den Opfer-Vertretern im Oktober hatte der Berliner Erfolgsunternehmer (Höffner, Möbel Kraft, Sconto) in einem Brief an die Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche (sie moderiert die Verhandlungen) geschrieben, er werde am nächsten Gespräch nicht mehr teilnehmen. Krieger hatten vor allem Vorwürfe aus dem Kreis der Betroffenen irritiert, wonach er „erpresserische Vorschläge“ gemacht habe. Zweitens: Teilnehmer des nicht-öffentlichen Gespräches am Samstag berichten von einer „deutlich positiveren Atmosphäre“. Da klingen Hoffnung auf eine Einigung und gegenseitiges Verständnis durch.
Die Runde in Duisburg moderierte am Samstag erneut Dr. Uwe Rieske, Landespfarrer für Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland. Mit Krieger und Edda Metz, Projektleiterin bei Krieger Bau, tauschten sich mehrere Mitglieder des Vereins „Loveparade Selbsthilfe“ aus. In dem Verein hatte sich Ende 2011 die Gruppe der Verletzten und Traumatisierten („Massenpanik Selbsthilfe“) mit dem Kreis der Hinterbliebenen zusammengeschlossen – vor allem, um künftig in allen Fragen der Aufarbeitung mit einer Stimme sprechen zu können.
Sie alle will Kurt Krieger schon bald nach Berlin einladen – zu einer nächsten Verhandlungsrunde.
Streitpunkt bleibt vor allem die Größe der Gedenkstätte
Denn eine inhaltliche Annäherung gab es am Samstag offenbar nicht. Vor allem auf die Größe des nach oben geöffneten Gedenkraumes können sich beide Seiten nicht einigen: Krieger plant mit 70 bis 80 Quadratmetern. Den Opfern wäre das aus mehreren Gründen zu klein. Zwei Beispiele: Durch die bis zu sechs Meter hohen Wände auf allen Seiten entstehe ausgerechnet dort, wo es im Gedränge zur Massenpanik kam, eine bedrückende Enge. Zudem wäre der Zugang durch eine Tür im künftig durchgängig geschlossenen Karl-Lehr-Tunnel wohl nur über genau das Fleckchen Erde möglich, auf dem die meisten Todesopfer ums Leben kamen. Besucher müssten also im Wortsinne darüber hinweg gehen.
Ein weiterer Knackpunkt: Die Angehörigen wünschen sich, dass weithin sichtbar wird, wo ihre Kinder starben. Zwar will Krieger einen zehn bis zwölf Meter hohen „Lebensbaum“ am Unglücksort pflanzen. Die Opfer-Vertreter befürchten dennoch, dass die Gedenkstätte dort, wo in Zukunft Besucher der Mega-Möbelmärkte parken, übersehen werden könnte.
Sie hatten sich zuletzt jedoch trotz aller unterschiedlichen Vorstellungen öffentlich für Kriegers Gesprächsbereitschaft und dessen Engagement bedankt. Zumal er und die Opfer-Vertreter sich angenähert haben, seit Vertreter der Stadt Duisburg nicht mehr mit am Tisch sitzen: Pläne für eine unterirdische, eingeschränkt zugängliche „Gedenkstätte“ sind vom Tisch. Große Teile der Mauer und der Treppe, vor der es zum Unglück kam, sollen erhalten bleiben.
Stadtdirektor Greulich nicht mehr mit am Tisch
Zwischen Juli und Oktober 2011 hatte Stadtdirektor Peter Greulich nach einem Auftrag des Duisburger Stadtrates den Austausch zwischen Krieger Bau und Opfer-Vertretern organisiert. Erste Entwürfe für die Gedenkstätte hatten die Angehörigen als „unterirdisch“, „Bunker“ und „Gruft“ abgelehnt. Im Oktober trafen sich Hinterbliebene und Verletzte erstmals ohne Vertreter der Stadt Duisburg mit Kurt Krieger. Kurz vor der Verhandlungsrunde hatte Klaus-Peter Mogendorf, dessen Sohn bei der Loveparade ums Leben gekommen war, mit eigenen Entwürfen gezeigt, wie sich die Angehörigen der Todesopfer die Gedenkstätte auf dem Gelände vorstellen, auf dem zwei Möbelhäuser entstehen sollen.