Dressler und Rabe im Fokus der Loveparade-Ermittlungen
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Essen. . Bauordnungsdezernent Jürgen Dressler und Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe haben in den Augen der Staatsanwaltschaft im Vorfeld der Loveparade versagt. Die 400 Seiten starke Akte der Ermittler wirft ihnen gravierende Verfehlungen vor.
Sie müssen gewusst haben, was sie taten. Sie müssen gewusst haben, dass sie sich die Dinge passend machten. Und dass sie dabei nicht nach Recht und Gesetz handelten, kann ihnen eigentlich auch nicht entgangen sein. Was waren das für Tage und Wochen in Duisburgs Rathaus! Um das erklärte Ziel zu erreichen, die Loveparade in Duisburg stattfinden zu lassen, drehte und wendete sich wer konnte. Und wenn es nur darum ging, nicht eigenhändig eine Unterschrift zu leisten oder höchstpersönlich bei dem Event eine Kontrollfunktion zu übernehmen.
Druck von Rabe auf städtische Mitarbeiter
Nehmen wir also den Fall der Bauamtsleiterin G.: Frau G. hatte noch Mitte Juni 2010 in einem Brief an ihren Vorgesetzten Stadtbaudezernent Dressler das vom Veranstalter Lopavent vorgelegte Sicherheitskonzept als mangelhaft kritisiert. Nachdrücklich sogar. Hatte auch beschrieben, wie Sicherheits-Dezernent Wolfgang Rabe bei einem Treffen von Verwaltung und Lopavent aufgetreten war. Dass er betont hatte, dass der OB Sauerland die Veranstaltung wünsche und dass deshalb „eine Lösung gefunden werden müsse“.
Frau G. also schickt ihrem Dezernenten einen Monat später, kurz vor der Loveparade, eine Mail, die von der Staatsanwaltschaft so gewertet wird, dass sie sich vor ihren Aufgaben am Tag der Veranstaltung drücken will. „Den Gerüchten nach soll der sogenannte Krisenstab zur Loveparade einberufen werden... Grundsätzlich sind Herr ... und ich dort Mitglied. Ich kann aber den Sinn in unserer Anwesenheit nicht erkennen. Wenn wir vor Ort sind, wird das natürlich dazu führen, dass wir bei Verstößen gegen unsere Auflagen grundsätzlich sagen müssen, dass .... nicht alle rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.“
Gnehmigung der Loveparade war rechtswidrig
Für die Staatsanwaltschaft liest sich das so: Frau G. wollte vermeiden, ihre Pflichten zu übernehmen. Wortwörtlich aus ihrer Ermittlungsakte: „Hätten die Mitarbeiter des Bauordnungsamtes pflichtgemäß die entsprechenden Kontrollen und Überprüfungen vorgenommen, wären Verstöße des Veranstalters..., die unzureichende Beschilderung der Zu- und Abwege oder die nicht dem Brandschutzkonzept entsprechende Lautsprecheranlage, festgestellt worden.“ Dies hätte unwillkürlich den Stopp der Loveparade bedeutet. Und „es wäre nicht zu den Ereignissen gekommen“.
21 Tote, mehr als 500 Verletzte. Das sind die Folgen der so gewünschten Veranstaltung. Im über 400 Seiten starken und der WAZ vorliegenden Ermittlungsbericht der Staatsanwaltschaft gegen die 16 Beschuldigten heißt es unmissverständlich: Die Prüfung des Bauvorhabens sei nicht im erforderlichen Umfang erfolgt, die Genehmigung der Loveparade sei damit rechtswidrig gewesen. „Das Sicherheitskonzept des Veranstalters ist nicht geprüft, sondern unkritisch übernommen worden, obschon es unter nicht unerheblichen Mängeln litt.“
Offensichtliche Fehler auf der Loveparade
Doch nicht nur im Vorfeld des Events wurden gravierende Fehler gemacht, sondern auch auf der Loveparade selbst. So hätte Ordnungsamtsleiter Hans-Peter Bölling die Sicherheitsauflagen überprüfen müssen, was er, so die Ermittler, gar nicht oder nicht genügend getan haben soll. So seien ihm weder das Fehlen der Lautsprecheranlage aufgefallen noch die Verengungen auf der Rampe zum Veranstaltungsgelände durch Zäune.
Ähnlich wie die Polizei hatte auch das Ordnungsamt dem Sicherheitskonzept für die Veranstaltung nicht ausdrücklich zugestimmt. Hätte das Amt darüber nicht den Oberbürgermeister oder die Kommunalaufsicht informieren müssen, fragen die Ermittler.
Eindeutiger bewerten sie das Verhalten von Bauordnungsdezernent Jürgen Dressler und Sicherheitsdezernent Wolfgang Rabe. Beide hätten durch ihre herausragende Position in der Verwaltung jede Möglichkeit gehabt, Probleme etwa durch Weisungen auszuräumen. Beide seien hervorragend informiert gewesen, beide hätten jedoch nicht eingegriffen. Und so nahm das Unglück, das offenbar vermeidbare, seinen Lauf.
Verantwortliche griffen zu spät ein
Das mangelhafte Sicherheitskonzept, es sei von Lopavent vorgelegt worden. In sich voller Mängel, die dadurch verstärkt wurden, dass Verantwortliche weitere Auflagen nicht eingehalten hatten. So waren etwa nicht genügend Ordner, „Pusher“, vorhanden, die die Menschen zügig auf das Gelände leiten konnten.
Und schon um 14.30 Uhr, als sich im Tunnel und auf der Rampe erstmals die Menschen stauten, spätestens jedoch eine Stunde später, hätten zwei eingreifen müssen: Carsten Walter, der Crowd-Manager von Lopavent, und Kuno Simon, der Leitende Polizeidirektor. Die Staatsanwälte erkennen jedoch kein „Bemühen, die Gefahrenlage zu entschärfen“. Dabei habe der Polizist durch Kamerabilder über ein „umfassendes Lagebild verfügt“. Erst um 16.40 Uhr sei gehandelt worden.
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