Duisburg.

O weh: Der Kommerz, er zerpflückt die Weihnacht, Saturn & Co versilbern christliche Nächstenliebe? Gemach, Gemach. Das Abendland steht nicht vor dem Untergang.

Zwischen bigotten Untergangsszenarien hier, Friede, Freude, Christstollen dort steht das reale, fraglos unperfekte echte Leben.

Wie groß sind die Klagen, ja Litaneien mitunter über die Beliebigkeit von Weihnachtsmärkten voller Glühweinbuden, Reibekuchen-Fettecken und „Last Christmas“-Jingles. Und? Kaum ein Abend, an dem sich nicht doch Unzählige an den Buden in der Innenstadt vorbeischoben, bei Glühwein Menschentrauben lachten und redeten oder Paare Hand in Hand durchs stimmungsvolle Lichtermeer aus kitschigen Sternen und blauen (!) Weihnachtsbäumen flanierten. Alles hat seine Zeit – auch das Weihnachtsgefühl.

Todesstern als Weihnachtswunsch

Oder aber die Rahmer Kindergarten-„Gartenzwerge“, die in herzerfrischender Art für die WAZ die Weihnachtsgeschichte erzählten. Fast in einem Atemzug berichten sie vom Stern von Bethlehem und schwärmen vom galaktischen „Star Wars“-Todesstern als Weihnachtswunsch. Und bei beiden Sternen funkeln die Augen. Ist das schlimm, verwerflich? Nein, das ist das Leben, so vielseitig, so widersprüchlich.

Und diese Konturen sind in einer Großstadt wie Duisburg umso schärfer. Einer Stadt mit harten sozialen Brüchen. Mit quälend hoher Arbeitslosigkeit und verbreiteter Armut, mit Brennpunkten in problembeladenen Stadtvierteln, mit der Anonymität der Masse. Aber eben auch mit intakten sozialen Gefügen in der Nachbarschaft, im Viertel, in Vereinen, Kirchengemeinden, sozialen Treffpunkten, mit unendlich viel bürgerschaftlichem Engagement.

Wunsch nach Besinnlichkeit

„Frohe Weihnachten“, „Schöne Tage“ – kaum einer, der diese Wünsche in diesen Tagen nicht ausspricht oder hört. Bei allem Klingeling, Geschenkpapierrascheln und Festbratenstress steckt dahinter der Wunsch nach Besinnlichkeit, Ruhe, ja auch Friedfertigkeit. Davon müsste man nur mehr in die Zeit danach herüberretten können. Denn mit mehr Unaufgeregtheit und Toleranz ließe sich dann das Stadtleben leichter und konstruktiver gestalten: Nicht jede Spardebatte ist sofort Kahlschlag, nicht jedes Bauvorhaben gleich zerstörerisch, nicht jedes Konzept erst mal untauglich, nicht jedes Politikerwort per se eigensüchtig, nicht jeder Verwaltungsakt ohnehin bürgerfeindlich. Oder nicht jede Kritik an alledem ist gleich Nörgelei und Selbstsucht.

Gelegenheit für künftig mehr Gelassenheit und Offenheit gibt es, wenn die letzten Weihnachtskerzen gelöscht sind und man eben nicht sofort beim nächsten Anlass beschreit, dass „der Baum brennt“.