Duisburg. .

Rund 40.000 Stimmen für die Abwahl von OB Sauerland sind bereits gesammelt. Monika Ayed engagiert sich für die Abwahl-Initiative „Neuanfang für Duisburg“, für sie ist die Arbeit zu einer Herzensangelegenheit geworden.

Ein spartanischer Holztisch, ein weißer Stehtisch und ein schwarzer Klappstuhl im Schatten des bunten Lifesaverbrunnens - das ist seit knapp acht Wochen quasi das zweite Zuhause von Monika Ayed. Jeden Tag, von morgens elf bis abends um halb sechs, steht sich die Duisburgerin in der Königstraße die Beine platt. Und zwar mit Freude. Denn sie weiß wofür: Für einen „Neuanfang für Duisburg“, wie es auf dem gelben Button steht, der an ihre Jacke gepinnt ist. Mehr als 40 000 Unterschriften hat die Bürgerinitiative für die Abwahl von OB Sauerland schon beisammen. „Und wir kämpfen weiter, wir schaffen es“, ist Monika Ayed felsenfest überzeugt.

Dabei ist das Sommerloch auch am Unterschriftenstand spürbar: Besonders mittags sei derzeit „tote Hose“, sagt Sammelkollege Frank Nohl. Trotzdem keine Spur von Langeweile: Alle paar Minuten steuert ein Passant auf die Sammler zu, um sich in die Liste einzutragen oder einfach nur Mut machend zu betonen, dass er bereits vor Wochen unterschrieben habe. Auch nach Halbzeit der Aktion kommen noch im Schnitt 200 Unterschriften pro Tag zusammen, schätzen die Sammler.

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„Wir hoffen, dass der OB uns die Abwahl erspart“

Die Listen liegen bei einem Rechtsanwalt, am 19. Oktober müssen sie der Stadt übergeben werden. „Der Abschlag für doppelte und unleserliche Unterschriften ist eingerechnet“, sagt Theo Steegmann, einer der drei verantwortlichen Initiatoren. Die Initiative hat keinen Zweifel am Erfolg. Das Ziel sind 60 000, obwohl einige tausend weniger auch reichen würden.

„Wir hoffen, dass der Oberbürgermeister uns die Abwahl dann erspart. Die würde die Stadt schließlich eine halbe Million Euro kosten. Aber was wäre das denn auch für ein Oberbürgermeister, der 60 000 Bürger, die für seine Abwahl mit ihrem Namen unterschrieben haben, einfach ignoriert?“, fragt Steegmann und schüttelt den Kopf. „Aber ich fürchte, er wird sich weiter wie bisher an die Macht klammern.“

Reaktionen aus dem Rathaus habe es zuletzt keine gegeben, aber man würde „schon etwas mitkriegen“. Steegmann: „Die werden nervös.“ Anfangs seien die Aussagen „sehr überheblich“ gewesen, „die arroganteste“ stamme von Stadtdirektor Peter Greulich, der Unterstützern die eigene Meinung und die Kompetenz absprach, die Situation sachlich einschätzen zu können. Das Zitat ziert heute noch die Internetseite der Initiative. „Das war schon sehr diffamierend. Es gab noch weitere Kommentare, die dieses demokratische Abwahlverfahren als Hexenjagd bezeichnet haben. Aber wir reagieren nicht darauf. Ich fürchte aber, es wird noch weiteres Störfeuer geben“, sagt Steegmann.

Arbeit aus Überzeugung

Der Strom am Stand werde dennoch nicht abreißen, ist sich Monika Ayed sicher: „Der Oberbürgermeister hat sich immer wieder selbst ins Knie geschossen“, sagt sie. Damit habe er vielen Bürgern „immer einen Grund mehr geliefert, dass man sagt: Jetzt ist Schluss. Das hat die Leute hierher getrieben.“ Keineswegs nur Einheimische: „Die ehemaligen Duisburger und Touristen bedauern sehr, dass sie nicht unterschreiben dürfen.“ Beflügelt durch diese Anteilnahme, verbringt Monika Ayed die Zeit gern am Stand auf der Königstraße: „Ich habe die Zeit dazu und mache es aus Überzeugung“, sagt sie.

Über das Abwahlverfahren

Klaus Becker:
Klaus Becker: "Es ist nicht leicht zu beurteilen, ob das Abwahlverfahren falsch oder richtig ist. Das wäre zu einfach gedacht, da viele Initiatoren die Loveparade möglich gemacht haben. Es ist richtig, dass OB Sauerland im entscheidenden Augenblick viele Fehler gemacht hat, aber gilt nicht für den OB das gleiche Recht, wie für alle, „im Zweifelsfalle für den Angeklagten“? Ich habe kein Verständnis für die „Treibjagd auf den OB“. Man hat den Eindruck, dass eine kleine Anzahl Bürger ihren Willen durchsetzen will. Ich glaube nicht, dass das Abwahlverfahren Erfolg haben wird. Sauerland wurde mit großer Mehrheit gewählt." © WAZ FotoPool
Bärbel Trippelsdorf:
Bärbel Trippelsdorf: "Das Abwahlverfahren des Oberbürgermeisters sehe ich ambivalent: Natürlich hat er sich durch Missachtung der Vorsichtsmaßnahmen schuldig gemacht, aber nicht nur er alleine. Daher bin ich der Meinung, dass bei einem Abwahlverfahren nicht nur er, sondern alle für die Loveparade Verantwortlichen abgewählt und belangt werden müssten. Insofern brächte für mich persönlich eine Abwahl des OB keine Klarheit. Die kann nur das Ergebnis des langatmigen Strafverfahrens bringen. „Jetzt muss es mal gut sein“ ist eine verdrängende Devise, die im Interesse der vom Unglück betroffenen Opfer niemals greifen darf." © WAZ FotoPool
Serdar Bozkurt:
Serdar Bozkurt: "Man möchte, dass in der Stadt, in der man lebt, eine funktionierende Stadtverwaltung tätig ist. Der Eindruck zur Zeit hingegen ist Stagnation. Ich bin gewohnt, dass sowohl in der Wirtschaft, am Arbeitsplatz usw. nicht nur Pflichten, sondern auch Verantwortung übernommen werden muss. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Oberbürgermeister keine Respektperson mehr ist. Nicht nur die einheimische, sondern auch die ausländische Presse sieht unsere Stadt kopflos. In einer Stadt mit fast einer halben Millionen Einwohner müssten 55.000 Unterschriften erreichbar sein. Für die zukünftige Generation, ist es auch wichtig, dass sie lernen, dass Verantwortung getragen werden muss." © WAZ FotoPool
Dirk R. Schuchardt:
Dirk R. Schuchardt: "Ich bin froh darüber, dass das Bürgerbegehren in Gang kommt. Es bietet dieser Stadt endlich die Chance auf Heilung, die wir alle dringend brauchen. Sicherlich trifft Sauerland keine persönliche Schuld. Als oberster Repräsentant der Stadt trägt er aber eine moralische Verantwortung für das Versagen des Apparates. Das Abwahlverfahren wird, nein muss (!) gelingen, ist es doch Ausdruck einer lebendigen Demokratie in Zeiten einer allseits propagierten Politikverdrossenheit. Auch die Mitarbeiter in der Stadtverwaltung warten darauf, dass es einen Neuanfang gibt und die Stadt aus ihrer Erstarrung gelöst wird." © WAZ FotoPool
Siegfried Schmidt:
Siegfried Schmidt: "Ich halte das Verfahren für unbedingt erforderlich, um den Duisburger Bürgern eine Plattform zu geben, sich zu dem unsäglichen Verhalten der Politik rund um den OB und der Verwaltungsspitze zu artikulieren und ein – möglichst nachhaltiges – Zeichen zu setzen. Ob das gewünschte Ergebnis zustande kommt, scheint mir indes im Moment zweifelhaft. 55.000 Bürger zu mobilisieren, wird nicht einfach sein. Wird die Stimmenzahl erreicht, ist das ein Signal an alle politischen Kräfte. Wird die Zahl verfehlt, wird das bürgerliche Lager mit Häme daher kommen. So gesehen könnte das OB-Abwahlverfahren tatsächlich eher schaden. Dieses Risiko muss aber um der Sache willen eingegangen werden." © WAZ FotoPool
Doris Stegemann:
Doris Stegemann: "Ich halte das Abwahlverhalten für richtig, da es den Bürgern dieser Stadt eine Möglichkeit bietet demokratisch ihre Meinung zu äußern und ihr Recht einzufordern! Die Initiative, die dies in Bewegung setzt , hat meinen Respekt und meine Solidarität. Ich bin optimistisch und glaube, dass es genug Unterschriften geben wird und dann auch mehr Klarheit und es hoffentlich endlich etwas bewegen wird! Persönlich ist Oberbürgermeister Adolf Sauerland nicht der „Schuldige“ für mich, aber in seiner Funktion als Chef unserer Stadtverwaltung, hat er die Verantwortung zu übernehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen!" © WAZ FotoPool
Elsa Cremers:
Elsa Cremers: "Der Mann muss seinen „Hut“ nehmen. Er trägt die politische und moralische Verantwortung. Auch wenn man ihm keine direkte Schuld zuweisen kann. In jedem Betrieb ist das so, wenn ein Mitarbeiter „Mist“ gebaut hat , trägt der Chef die Verantwortung. Da gibt es viele, viele Beispiele. Ich werde auf jeden Fall unterschreiben. Entschuldigen Sie Herr Sauerland, aber die Stadt braucht wieder Ruhe. Die Toten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Aber was ist mit den Verletzten und den Traumatisierten und deren Angehörige? Auch Adolf Sauerland und die Familie hat Wunden davon getragen, oder? Das hätte so nicht sein müssen, wenn sofort reagiert worden wäre." © WAZ FotoPool
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