Duisburg. .

Die Initiative „Neuanfang für Duisburg“ ist zuversichtlich, bis Oktober 55.000 Stimmen für das Abwahl-Verfahren zu sammeln: Der abgesagte Schüleraustausch und die Städtepartnerschaft mit Fort Lauderdale sorgten für Diskussionen - und Unterschriften.

Zuversichtlich sind die Sprecher der Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“, wenn es um das Erreichen ihres Ziels geht: 55.000 Stimmen müssen bis zum 19. Oktober 2011 gesammelt werden, um ein Bürgerbegehren zur Abwahl von Duisburgs OB Adolf Sauerland starten zu können. „Trotz Sommerloch läuft die Unterschriften-Aktion erstaunlich gut“, sagt Theo Steegmann, einer der drei Sprecher der Initiative. Denn Diskussionsstoff, der die Gemüter der Duisburger Bürger errege und zur Unterschrift bringt, gebe es genug.

Absage wegen 2500 Euro

Zum Beispiel dies: Im Juli kam die Absage des Schüleraustauschs der Stadtspitze, bei dem Jugendliche aus der türkischen Stadt Aydin in Duisburg erwartet worden wären. Nachdem der Landeszuschuss von 2500 Euro gestrichen worden war, sagte die Stadtspitze kurzerhand den Austausch ab. Zuvor, in 2010, waren Duisburger Jugendliche im Rahmen des Austauschprojektes „Weiße Stahlbrücke“, das vom Jugendamt und zwei Jugendzentren aus Rumeln-Kaldenhausen und Buchholz organisiert wird, in Aydin zu Besuch.

„Besonders oft wird an unseren Ständen die Peinlichkeit des abgesagten Schüleraustausches und die vor wenigen Monaten beschlossene Städtepartnerschaft mit Fort Lauderdale thematisiert“, so die Sprecher der Initiative. „Wer diese Kosten in Kauf nimmt, hat jede Legitimation verloren, im Interesse der Bürger dieser Stadt zu handeln.“

Auch bei Großveranstaltungen wie der Beecker Kirmes und dem Ruhrorter Hafenfest baut die Abwahl-Initative ihren Info-Stand auf und sammelt Unterschriften. Besonders freuen sich die Aktiven auf das nächste Heimspiel des MSV Duisburg am Sonntag (14. August) gegen Hansa Rostock (Treffpunkt 11 Uhr Kruppstraße/Margaretenstraße). „Zahlreiche MSV-Fans haben ihre Unterstützung am Infostand zugesagt“, so Theo Steegmann.

Nächstes Treffen

Deshalb ist die Bürgerinitiative zuversichtlich, das Ziel von 55.000 Unterschriften bis zum 19. Oktober zu erreichen und sogar 60.000 Stimmen zu sammeln. „Es macht Spaß, wieder Bürger aus Duisburg in Bewegung zu sehen. Jeder ist herzlich eingeladen, mitzumachen. Es findet sich für jeden eine interessante Aufgabe“, sagt Steegmann.

Einen Überblick über die genaue Anzahl der Unterschriften hat Steegmann im Moment nicht: „Weit mehr als 30.000 Stimmen sind es derzeit. In zwei Wochen, gegen Ende der Sommerferien, werden wir zählen und den aktuellen Zwischenstand bekanntgeben.“

Am Mittwoch, 10. August, trifft sich die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ um 19 Uhr im Café Museum in Duisburger Kantpark. Bei dem Treffen wird Georg Hötger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Gründungsmitglied der „Mülheimer Bürgerinitiative“ (MBI) über die Erfahrungen der Mülheimer Initiativen der letzten Jahre berichten, die mittlerweile sogar mit sieben Vertretern im Rat der Stadt sitzen. Danach soll es einen kurzen Rückblick und eine Vorschau auf die nächsten Veranstaltungen geben.

Über das Abwahlverfahren

Klaus Becker:
Klaus Becker: "Es ist nicht leicht zu beurteilen, ob das Abwahlverfahren falsch oder richtig ist. Das wäre zu einfach gedacht, da viele Initiatoren die Loveparade möglich gemacht haben. Es ist richtig, dass OB Sauerland im entscheidenden Augenblick viele Fehler gemacht hat, aber gilt nicht für den OB das gleiche Recht, wie für alle, „im Zweifelsfalle für den Angeklagten“? Ich habe kein Verständnis für die „Treibjagd auf den OB“. Man hat den Eindruck, dass eine kleine Anzahl Bürger ihren Willen durchsetzen will. Ich glaube nicht, dass das Abwahlverfahren Erfolg haben wird. Sauerland wurde mit großer Mehrheit gewählt." © WAZ FotoPool
Bärbel Trippelsdorf:
Bärbel Trippelsdorf: "Das Abwahlverfahren des Oberbürgermeisters sehe ich ambivalent: Natürlich hat er sich durch Missachtung der Vorsichtsmaßnahmen schuldig gemacht, aber nicht nur er alleine. Daher bin ich der Meinung, dass bei einem Abwahlverfahren nicht nur er, sondern alle für die Loveparade Verantwortlichen abgewählt und belangt werden müssten. Insofern brächte für mich persönlich eine Abwahl des OB keine Klarheit. Die kann nur das Ergebnis des langatmigen Strafverfahrens bringen. „Jetzt muss es mal gut sein“ ist eine verdrängende Devise, die im Interesse der vom Unglück betroffenen Opfer niemals greifen darf." © WAZ FotoPool
Serdar Bozkurt:
Serdar Bozkurt: "Man möchte, dass in der Stadt, in der man lebt, eine funktionierende Stadtverwaltung tätig ist. Der Eindruck zur Zeit hingegen ist Stagnation. Ich bin gewohnt, dass sowohl in der Wirtschaft, am Arbeitsplatz usw. nicht nur Pflichten, sondern auch Verantwortung übernommen werden muss. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Oberbürgermeister keine Respektperson mehr ist. Nicht nur die einheimische, sondern auch die ausländische Presse sieht unsere Stadt kopflos. In einer Stadt mit fast einer halben Millionen Einwohner müssten 55.000 Unterschriften erreichbar sein. Für die zukünftige Generation, ist es auch wichtig, dass sie lernen, dass Verantwortung getragen werden muss." © WAZ FotoPool
Dirk R. Schuchardt:
Dirk R. Schuchardt: "Ich bin froh darüber, dass das Bürgerbegehren in Gang kommt. Es bietet dieser Stadt endlich die Chance auf Heilung, die wir alle dringend brauchen. Sicherlich trifft Sauerland keine persönliche Schuld. Als oberster Repräsentant der Stadt trägt er aber eine moralische Verantwortung für das Versagen des Apparates. Das Abwahlverfahren wird, nein muss (!) gelingen, ist es doch Ausdruck einer lebendigen Demokratie in Zeiten einer allseits propagierten Politikverdrossenheit. Auch die Mitarbeiter in der Stadtverwaltung warten darauf, dass es einen Neuanfang gibt und die Stadt aus ihrer Erstarrung gelöst wird." © WAZ FotoPool
Siegfried Schmidt:
Siegfried Schmidt: "Ich halte das Verfahren für unbedingt erforderlich, um den Duisburger Bürgern eine Plattform zu geben, sich zu dem unsäglichen Verhalten der Politik rund um den OB und der Verwaltungsspitze zu artikulieren und ein – möglichst nachhaltiges – Zeichen zu setzen. Ob das gewünschte Ergebnis zustande kommt, scheint mir indes im Moment zweifelhaft. 55.000 Bürger zu mobilisieren, wird nicht einfach sein. Wird die Stimmenzahl erreicht, ist das ein Signal an alle politischen Kräfte. Wird die Zahl verfehlt, wird das bürgerliche Lager mit Häme daher kommen. So gesehen könnte das OB-Abwahlverfahren tatsächlich eher schaden. Dieses Risiko muss aber um der Sache willen eingegangen werden." © WAZ FotoPool
Doris Stegemann:
Doris Stegemann: "Ich halte das Abwahlverhalten für richtig, da es den Bürgern dieser Stadt eine Möglichkeit bietet demokratisch ihre Meinung zu äußern und ihr Recht einzufordern! Die Initiative, die dies in Bewegung setzt , hat meinen Respekt und meine Solidarität. Ich bin optimistisch und glaube, dass es genug Unterschriften geben wird und dann auch mehr Klarheit und es hoffentlich endlich etwas bewegen wird! Persönlich ist Oberbürgermeister Adolf Sauerland nicht der „Schuldige“ für mich, aber in seiner Funktion als Chef unserer Stadtverwaltung, hat er die Verantwortung zu übernehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen!" © WAZ FotoPool
Elsa Cremers:
Elsa Cremers: "Der Mann muss seinen „Hut“ nehmen. Er trägt die politische und moralische Verantwortung. Auch wenn man ihm keine direkte Schuld zuweisen kann. In jedem Betrieb ist das so, wenn ein Mitarbeiter „Mist“ gebaut hat , trägt der Chef die Verantwortung. Da gibt es viele, viele Beispiele. Ich werde auf jeden Fall unterschreiben. Entschuldigen Sie Herr Sauerland, aber die Stadt braucht wieder Ruhe. Die Toten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Aber was ist mit den Verletzten und den Traumatisierten und deren Angehörige? Auch Adolf Sauerland und die Familie hat Wunden davon getragen, oder? Das hätte so nicht sein müssen, wenn sofort reagiert worden wäre." © WAZ FotoPool
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Mit ihrem Treffen eine Woche später, am 17. August, will die Abwahl-Initiative besonders Jugendliche ansprechen. Dann steht, ebenfalls im Café Museum, das Thema „Soziale Netzwerke“, wie Facebook & Co auf der Tagesordnung.