Duisburg. . DerWesten stellt Bürger vor, die sich nach der Loveparade ehrenamtlich engagieren. Im „Bürgerkreis Gedenken“ sind Vereine, Stiftungen, Kirche und die Stadt Duisburg vernetzt. Ihr Fernziel: eine Loveparade-Gedenkstätte für Duisburger und Besucher.
Nach der Loveparade-Katastrophe haben sich in und um Duisburg Bürger zu Gruppen, Initiativen und Vereinen zusammengeschlossen. Sie engagieren sich für unterschiedliche Ziele, treten mitunter dennoch gemeinsam auf oder unterstützen sich gegenseitig - etwa bei der Unterschriftensammlung der Abwahl-Initiative „Neuanfang für Duisburg“. DerWesten stellt die Gruppen in loser Folge in Steckbriefen vor: nach der Initiative Spendentrauermarsch, Neuanfang für Duisburg, DocuNews.org und Never forget nun den „Bürgerkreis Gedenken“.
Wer?
Dem „Bürgerkreis Gedenken“ gehören Duisburger Bürger, Vertreter der örtlichen Vereine, Initiativen und Kirchen, aber auch der Duisburger Stadtverwaltung an. „Bürger und Stadt sind nicht zu trennen“, erklärt Gabriela Grillo einen Leitgedanken der Gruppe. Die Unternehmerin ist als Mitglied der Bürgerstiftung zur Sprecherin des Bürgerkreises ernannt worden. Dieselbe Funktion hat Kulturdezernent Karl Janssen. An den anfangs wöchentlichen, nun monatlichen Treffen in den Räumen der Bürgerstiftung am Flachsmarkt - im besten Sinne: „Delegiertenversammlungen“ - nehmen teil:
Sevket Avci (Duisburger Integrationsrat), German Bensch (Ombudsmann der Stadt Duisburg), Manfred Berns (Bürgerstiftung Duisburg), Uwe Busch (Stadtsportbund), Arno Eich (Steinhof Duisburg), Detlef Feldkeller (Referent des Kulturdezernenten), Gabriela Grillo (Bürgerstiftung Duisburg), Franz Hering (Stadtsportbund), Elisabeth Höller (IG Duisburger Künstler), Karl Janssen (Kulturdezernent der Stadt Duisburg), Hermann Kewitz (pro Duisburg), Frank Kopatschek (Pressesprecher Stadt Duisburg), Dr. Müller-Willhardt (Zukunftsstadtteil e.V.), Romina Pieper (Stiftung Wilhelm-Lehmbruck-Museum), Armin Schneider (Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Duisburg), Prof. Dr. Raimund Stecker (Stiftung Wilhelm-Lehmbruck-Museum), Carsten Voß (Arbeitskreis christlicher Kirchen Duisburg, ACK), Peter Wende (Referat für Repräsentation und internationale Beziehungen der Stadt Duisburg), Petra Wosnitzka (Zukunftsstadtteil e.V.).
Seit wann?
Der neu gegründete Bürgerkreis Gedenken traf sich erstmals am 6. August 2010 - im Duisburger Rathaus. Gabriela Grillo: „Wir sind der Überzeugung, dass wir unsere Ziele am besten in Zusammenarbeit mit der Stadt erreichen können.“
Arbeit und Aktionen?
In der angestrebten Zusammenarbeit mit Vertretern der Stadt kümmerte sich der Bürgerkreis um eine provisorische Bleibe für die Kondolenzbücher aus dem Unglückstunnel und dem Rathaus: Seit Mitte August 2010 lagern die Bücher im Stadtarchiv. Dort sollen sie bleiben, bis dafür ein würdiger Platz in der durch den Bürgerkreis angestrebten Gedenkstätte gefunden wird.
Als am 4. September 2010 die offizielle Trauerzeit endete und der Tunnel der Karl-Lehr-Straße wieder für den Straßenverkehr freigegeben werden sollte, enthüllte der Bürgerkreis an der Brückenmauer am Fuße der Unglücks-Rampe eine bronzene Gedenktafel mit der Aufschrift: „Duisburg gedenkt der Opfer der Loveparade 24. Juli 2010“. Zudem rief der Bürgerkreis die Bevölkerung dazu auf, die Trauergaben - Kerzen, Stofftiere, Briefe, Blumen und Erinnerungsstücke - in einen großen Glaskubus an der Ostseite des Tunnels zu bringen. Die Initiative hatte die Finanzierung und Aufstellung des Glaskubus organisiert, stellte etwa 300 Helfern Körbe zur Verfügung und übernahm die Befüllung des bei einigen Anwohnern unbeliebten Glaskubus. Ursprünglich hatte der Bürgerkreis einen Standort im Duisburger Innenhafen vorgesehen. Dieser Vorschlag war jedoch auf breite Kritik gestoßen.
Zum Gedenkwochenende vor dem Jahrestag der Loveparade-Tragödie sammelt der Bürgerkreis Pläne für Aktivitäten vom 22. bis zum 24. Juli: So will die Initiative allen Gruppen, Gastronomen und Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Beiträge bekannt zu geben – in gedruckter Form und im Internet. Eine Übersicht der Veranstaltungen und Aktionen bietet die extra zu diesem Zweck eingerichtete Website www.gedenkwochenende.de. Zudem verteilen die beteiligten Gruppen und Vereine einen Flyer mit den Terminen in öffentlichen Gebäuden und Jugendzentren.
Das große, übergeordnete Anliegen des Bürgerkreises bleibt darüber hinaus eine Gedenkstätte. „Das soll kein zweites Mahnmal sein“, erläutert Gabriela Grillo. Ihr schwebt ein Treffpunkt vor, „ein Ort für junge Menschen - für solche, die unsere Stadt besuchen und für solche, die hier leben.“ Wie auch immer die (so der Arbeitstitel:) „Gedenkstätte“ letztlich gestaltet sein wird: „Sie soll auch der Zukunft zugewandt sein.“ Der Bürgerkreis wird laut Sprecherin Grillo eine Kommission bilden, die über Vorschläge berät.
Noch gibt es für diesen Ort nur Ideen, aber kein Konzept, keinen Zeitplan. Weshalb Gabriela Grillo auch nicht ausschließt, dass ein solcher Treffpunkt am Unglücksort entstehen könnte, für dessen Erhaltung sich die Hinterbliebenen der Todesopfer jüngst erfolgreich eingesetzt haben. Mit Eigentümer Kurt Krieger, der Stadt und den Angehörigen, so Grillo, habe der Bürgerkreis aber noch nicht darüber gesprochen: Noch sei nicht die Zeit dafür. Und: „Alles, was die Hinterbliebenen dazu vorbringen, hat für uns oberste Priorität.“
Kooperationen
Der Wesenszug des Bürgerkreises als Zusammenschluss bürgerlicher Vereine beinhaltet die enge Zusammenarbeit mit Akteuren, die nach der Katastrophe ebenfalls die Initiative ergriffen haben: Mit Hermann Kewitz (pro Duisburg) und Arno Eich (Steinhof Duisburg) zum Beispiel sind im Bürgerkreis zwei Initiatoren der Initiative Spendentrauermarsch vertreten. So unterstützte der Bürgerkreis etwa die Umsetzung des Loveparade-Mahnmals von Gerhard Losemann durch die Initiative.
Kontakt zur Gruppe der Hinterbliebene und Opfer, so Gabriela Grillo, halte der Bürgerkreis über den Ombudsmann der Stadt Duisburg, German Bensch.
Verflochten sind auch die Beziehungen zwischen dem Bürgerkreis Gedenken und dem Initiativkreis „Duisburg hat Zukunft! - Wir für Duisburg“ (zuweilen auch „Initiativplan Duisburg“ genannt), der sich aus der Duisburger Bürgerstiftung heraus gebildet hat.
Warum?
Gabriela Grillo: „Der Prozess der Aufarbeitung und der Trauer muss als ein langfristiger, stets fortschreitender Prozess in Duisburg erkennbar sein. Es ist eine Herzensangelegenheit vieler Bürger dieser Stadt, ihre Verbundenheit und ihr Mitgefühl mit den Opfern der Loveparade zu demonstrieren und dauerhaft an die Katastrophe zu erinnern. Persönliches Engagement ist da für viele Duisburger selbstverständlich, auch um unserer Stadt zu helfen.“