Duisburg. . Als einzige Stadt in NRW führt Duisburg flächendeckend mit dem Jugendamt und dem DRK ein sogenanntes Eltern-Praktium ein. In diesem Rahmen betreuen Hauptschüler eine lebensechte Puppe, um die sich wie um ein echtes Baby gekümmert werden muss.

Hauptschüler erleben im „Praktikum“ die Elternrolle ganz realistisch. Das Baby wimmert. Bekommt es nichts zu essen, schreit es. Immer lauter und lauter.

Das kleine Wesen in der Wiege ist eine Puppe. Aber es weint wie ein echtes Kind. Nur wenn es richtig betreut wird, beruhigt es sich wieder. Die lebensechte Babypuppe steht für ein neues Projekt, das das Jugendamt in Zusammenarbeit mit den Hauptschulen und dem DRK startet. „Eine wichtige Sache“, sind sich alle Beteiligten einig.Auch die Schülerinnen und Schüler, um die es geht bei diesem „Eltern-Praktikum“. Es sind allesamt Neuntklässler und sie sollen einfach mal erleben, wie es sich anfühlt, ein Neugeborenes nach der Geburt zu versorgen.

Vorbereitung im Biologie-Unterricht

„Wir haben uns gefreut in der Klasse, dass wir uns einmal reinversetzen können in die Elternrolle“, sagt Pascale ­Sander (14) von der 9b der Gemeinschaftshauptschule Hitzestraße. Dass sie dabei einigen Stress durchmachen werden, wissen die Jungs und Mädchen schon. Lehrkräfte wie Konrektorin Birgit Wintgens bereiten die Babyzeit im Biologie-Unterricht vor.

„Die Schüler und auch deren Eltern müssen wissen, dass sie sich auf ein streckenweise anstrengendes Experiment einlassen, darum schließen wir miteinander einen regelrechten Vetrag ab.“

Denn für mehrere Tage werden die jugendlichen „Eltern“ ihr Puppen-Baby mit zu sich nach Hause nehmen, um den Alltag einer jungen Familie ganz realistisch nachzustellen. Den tieferen Sinn des ganzen Aufwands umreißt Jugendamtsleiter Thomas Krützberg: „Wir wollen nicht warten, bis Kinder in den Brunnen gefallen sind.“

Zahl der Kindeswohlgefärdung wächst stetig

Auslöser für das Modell, „das wir in Duisburg zwar nicht erfunden haben, aber als einzige Stadt flächendeckend in all unseren 14 Hauptschulen praktizieren wollen“, so Krützberg, „sind erschreckende Fälle, in denen junge Menschen mit dem Elternsein nicht zurechtkamen, wo Babys teils aus Überforderung derart heftig geschüttelt wurden, dass sie starben.“

Es sei alarmierend, dass die Zahlen der Kindeswohlgefährdung stetig wachsen. Das habe nichts speziell mit der Hauptschule zu tun: „Aber wir möchten jungen Leuten rechtzeitig Hilfen geben, mit Elternverantwortung umzugehen.“