Über 500 Menschen demonstrieren für Erhalt des Djäzz in Duisburg
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Duisburg. .
Über 500 Menschen gingen nach Polizei-Schätzungen Samstag für den Erhalt des Djäzz auf die Straße. Musiker und Besucher des Szenelokals zeigten mit ihrer Aktion die Bedeutung des Veranstaltungsortes eindrucksvoll auf.
Ins Djäzz hätten sie schon nicht mehr gepasst, so viele waren es. Selbst an zwei Abenden wäre die Menschenmenge für den Kellerclub an der Börsenstraße zu groß gewesen. Mehr als 500 Demonstranten gingen nach Schätzungen der Polizei am Samstagmittag für den Erhalt des Lokals auf die Straße, dem nach einer Sperrzeitverlängerung der finanzielle Ruin und damit die Schließung drohen. Die Protestaktion von Musikern und Besuchern war mehr als nur Werbung für das Djäzz. Sie entwickelte sich zu einem Straßen-, zu einem Stadtfest, das Duisburg die Bedeutung des Veranstaltungsortes eindrucksvoll aufzeigte.
Demo für das Djäzz
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Selbst die Redner bei der Eröffnungskundgebung vor dem Averdunkcentrum konnten es nicht fassen. Dass für den Erhalt eines Musikclubs tatsächlich so viele Menschen einstehen würden, hat vor der Demonstration kaum einer vermutet. Auch Geschäftsführer Ercan Ulucan nicht. „Ich habe keine Worte dafür, um das zu beschreiben“, sagte er, während die Demonstration am Nachmittag in einem Konzert an den Wiesen vor dem Landgericht gipfelte. „Heute ist endlich mal wieder ein Tag, an dem ich die ganze Zeit lachen kann.“
In der kommenden Woche Gespräche mit der Stadt
Wie es mit dem Djäzz weitergeht, ist noch nicht klar. „Ich habe in der nächsten Woche Termine mit ein paar Leuten von der Stadt“, erklärte Ulucan. „Ein neues Objekt muss her, für das Djäzz an der bisherigen Stelle gibt es einfach keine Hoffnung.“ Die Konzerte sollen in den nächsten Monaten weiterhin stattfinden, auch wenn durch den Ausfall der Party nach der Sperrzeitverlängerung finanzielle Einbußen bevorstehen. Das sei er den Gästen und Musikern schuldig, die sich seit Wochen mit kreativen Aktionen für den Erhalt des Djäzz einsetzen und das Lokal durch ihre Besuche unterstützen.
Sieben Gruppen standen am Samstag auf den zwei Bühnen, die im Rahmen der Demonstration bespielt wurden. Sie spiegelten die Facetten des Programms wider, das im Djäzz nur mit der Querfinanzierung durch die Partyreihen möglich ist. Jazzer, Singer/Songwriter, Rapper, Pop-Musiker und viele mehr zeigten, was Duisburg nach der Schließung des Lokals verlieren würde. Allein die hohe Qualität der Bands, die aus Musikern der wöchentlichen Sessions zusammengesetzt waren und die erst im Djäzz zueinander gefunden haben, dürfte jeden Kulturinteressierten von der Einzigartigkeit und der Wichtigkeit des Clubs überzeugt haben.
Isfort. "Man muss sich in Duisburg entscheiden, was man möchte"
„Es geht hier um das Selbstverständnis einer Stadt“, erklärte Tim Isfort. Der künstlerische Leiter des „Traumzeit“-Festivals war Teilnehmer der Demonstration und trat anschließend noch im Rahmen der Abschlusskundgebung auf. „Anwohnerbeschwerden, die Sperrzeiten und solche Sachen sind für mich gerade gar kein Thema“, sagte er. „Man muss sich in Duisburg einfach entscheiden, was man möchte, ob man das Leben erhalten möchte. Für eine Stadt mit 500.000 Einwohnern ist das Selbstverständnis im Moment sehr schlecht. Es ist peinlich, was hier passiert.“
Thomas Amshove, Mitbesitzer des Clubs Goldengrün an der Realschulstraße, stieß während seines Redebeitrags in die gleiche Richtung. „Ich möchte die Politiker fragen: Was für eine Stadt wollt ihr eigentlich haben? Wollt ihr sämtliches Nachtleben auf Systemgastronomie in großen Glas- und Stahlkästen reduzieren?“ Das Djäzz habe, so Amshove, überregionale Strahlkraft, würde kulturinteressiertes Publikum nach Duisburg ziehen und es hier auch binden. „Mit dem Djäzz haben wir einen Club, der seit acht Jahren das macht, was sich kommunal geförderte Kulturstätten gerne auch die Fahne schreiben, aber selten einlösen. Nämlich: lokalen Musikern, Kleinkünstlern und anderen Kulturschaffenden der verschiedenen Subkulturen eine Bühne bieten.“
Jeder weiß um den prekären Zustand vieler Kulturstätten
Das könne man nur durch Tanzveranstaltungen finanzieren, die weit davon entfernt seien, zu Sauf- und Gröl-Orgien auf der Straße auszuufern. „Und der Hammer ist: Das funktioniert auch noch! Was also eigentlich Kulturpolitikern, Stadtplanern und interessierten Bürgern Tränen der Freude in die Augen schießen lassen sollte – jeder weiß um den prekären Zustand vieler durch die Stadt finanzierter Kulturstätten –, wird in Duisburg zu einem Problem.“
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