Duisburg. Die Vollbremsung des Immobilien-Booms trifft auch die Duisburger Großprojekte. Die aktuellen Stände, die Perspektiven und ein Sorgenkind.

Stark gestiegene Baukosten und Zinsen haben für eine Vollbremsung des Bau- und Immobilien-Booms der 2010er-Jahre gesorgt. Die Duisburger Großprojekte 6-Seen-Wedau (60 Hektar), Wedau-Nord (30 Hektar), Duisburger Dünen (30 Hektar) und Mercatorviertel trifft der Abschwung zur Unzeit. Und damit auch die Gebag – die städtische Baugesellschaft entwickelt die Areale über ihre Flächenentwicklungstochter FE.

Beim Bilanzgespräch dieser Tage spricht Geschäftsführer Bernd Wortmeyer von seiner Vision: „Duisburg soll eine der lebenswertesten Städte der Metropole Ruhr werden.“ Mit zukunftweisenden Konzepten für die Verbindung von Arbeit und Wohnen wolle Duisburg Zeichen setzen, die weit über die Stadtgrenzen hinaus wirken.

Doch Investoren, die in die Umsetzung von Wohn- und Büro-Projekten auf den Flächen investieren sollen, trifft die Krise, deren Folge der Gebag-Chef so beschreibt: „Unter diesen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist kein Neubau mehr möglich.“ Deshalb nehme auch die Zahl der Anfragen ab, räumt Wortmeyer auf Nachfrage ein: „Es wird weniger“. So ist der aktuelle Stand der Projekte – und das sind die Perspektive.

6-Seen-Wedau: Neuer Stadtteil zwischen Wedau und Bissingheim

„Ein Drittel der Flächen ist verkauft“, lautet die Zwischenbilanz der Gebag für den neuen Stadtteil, der zwischen Wedau und Bissenheim entsteht. „Wir sind im Zeit- und Kostenrahmen, die richtig interessanten Flächen stehen noch zur Vermarktung an“, versichert Bernd Wortmeyer. Bislang seien „die Investoren unbeeindruckt von der Entwicklung“. Vereinbarte Fristen für den Baubeginn seien bislang nicht verlängert worden. „Es gibt auch keine Abstriche an der städtebaulichen Qualität.“ Ende 2023 soll der Bau der ersten 298 Häuser und Wohnungen beginnen.

Wedau-Nord: Uni-Campus und Technologie-Zentrum

Zwischen der Wedauer Brücke (unten) und dem DB-Cargo-Gebäude (oben Mitte) an der Masurenallee soll das Technologiequartier Wedau-Nord entstehen. Im Bau: Der Kreisel und die Zufahrtsstraße (unten r.) zum südlich angrenzenden „Wohnprojekt 6-Seen-Wedau“.
Zwischen der Wedauer Brücke (unten) und dem DB-Cargo-Gebäude (oben Mitte) an der Masurenallee soll das Technologiequartier Wedau-Nord entstehen. Im Bau: Der Kreisel und die Zufahrtsstraße (unten r.) zum südlich angrenzenden „Wohnprojekt 6-Seen-Wedau“. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

„Wir gehen immer noch davon aus, dass es den neuen Uni-Campus geben wird“, sagt der Gebag-Chef. Für den Umzug der Ingenieurwissenschaften auf die Flächen des ehemaligen Waggonwerks gibt es bislang nur einen „Letter of Intent“ der Uni Duisburg-Essen (UDE). Mit der Sanierung der Alt-Gebäude des einstigen DB-Waggonwerks für den Bedarf der UDE könnte die Gebag bald beginnen – einen Mietvertrag wird aber kaum unterzeichnet werden, ohne dass es eine Finanzierung für die Neubauten gibt.

Darüber verhandelt die Uni mit den NRW-Ministerien. Das Land kann die Finanzierung entweder über den Haushalt darstellen oder alternativ von Investoren errichtete Gebäude anmieten. Gut möglich, dass die letztere Variante gewählt wird, denn der Bedarf der NRW-Hochschulen ist enorm. Er wird sich allein in Duisburg auf über eine Milliarde Euro belaufen. „Wenn es gilt, Prioritäten zu setzen, zählt auch die Qualität der Planung“, hofft OB Sören Link. Es werde aber für das Areal „einen flexiblen Bebauungsplan geben“.

Seine Hoffnung: Das gemeinsame Konzept von Uni und Stadt hat die nötige Überzeugungskraft. Mit Fördermitteln aus dem „5-Standorte-Programm“ für einstige Kohlekraftwerk-Standorte will die Stadt den Umbau der einstigen Montagehalle des DB-Werks finanzieren und ein Technologie-Zentrum für forschungsnahe Unternehmen bauen.

„Den Antrag dafür werden wir unabhängig von der Universität stellen“, betont der OB. Bewegung soll ein Besuch von Silke Krebs (Grüne) bringen. Die Staatssekretärin im NRW-Wirtschaftsministerium wird sich am kommenden Dienstag vor Ort über die geplante Entwicklung informieren.

Duisburger Dünen: Wohnen und arbeiten am alten Güterbahnhof

Neue Ideen für die Verbindung von Wohnen und Arbeiten sollen auf dem Areal des alten Güterbahnhofs umgesetzt werden. Dem städtbauliche Siegerentwurf „Duisburger Dünen“ soll 2025 der Bebauungsplan folgen.
Neue Ideen für die Verbindung von Wohnen und Arbeiten sollen auf dem Areal des alten Güterbahnhofs umgesetzt werden. Dem städtbauliche Siegerentwurf „Duisburger Dünen“ soll 2025 der Bebauungsplan folgen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Seit dem Abriss der alten Hallen gibt es kaum noch eine sichtbare Entwicklung auf dem langgestreckten Areal zwischen Koloniestraße und Sternbuschweg entlang der A 59. „Man sieht zwar nichts, aber es bedeutet nicht, dass nichts passiert“, sagt Gebag-Chef Wortmeyer. Bis 2025 soll der Bebauungsplan auf der Grundlage des städtebaulichen Siegerentwurfs des Berliner Büros CKSA (Christoph Kohl Stadtplaner und Architekten) und der Landschaftsarchitekten Fugmann, Janotta & Partner verabschiedet sein.

Danach könnte der Bau der „Duisburger Dünen“ starten. Aktuell beschäftigt sich die Gebag mit den Anforderungen für die Bebauung. „Auch da geht es um nachhaltiges Bauen“, erklärt Wortmeyer, „natürlich ist auch die Energieversorgung ein Thema“. Damit am Ende tatsächlich auch weitere Bürogebäude in der vorgesehenen Zahl entstehen, muss sich auch dieser Markt erholen. Der Vorteil: Weil die Stadt im Besitz der Fläche ist, besteht kein Zeitdruck. „Qualität geht vor Geschwindigkeit“, hat der Gebag-Chef stets betont. Es habe angesichts der aktuellen Baukrise Anlass, „dass wir uns viele Gedanken über das künftige Zusammenleben in den Großstädten machen“.

Mercatorquartier: Wohnen in bester City-Lage gegenüber dem Rathaus

Sorgenkind Mercatorviertel: Trotz 1A-Lage gestaltet sich die Vermarktung des Mercatorquartiers gegenüber dem Rathaus schwierig. Investoren schrecken vor den Einschränkungen durch den Denkmalschutz zurück.
Sorgenkind Mercatorviertel: Trotz 1A-Lage gestaltet sich die Vermarktung des Mercatorquartiers gegenüber dem Rathaus schwierig. Investoren schrecken vor den Einschränkungen durch den Denkmalschutz zurück. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Weil der Schutz von Bodendenkmälern der Kreativität der Architekten Enge Grenzen setzen, ist aus dem Mercator-Viertel statt vermeintlichen Selbstläufer das Sorgenkind der Stadtentwicklung geworden. Nach einem weitgehend gescheiterten ersten Anlauf hat die Stadt der Gebag Anfang 2022 vier Teilflächen übertragen.

„Derzeit wird an einem neuen Vermarktungskonzept gearbeitet“, sagt Gebag-Sprecherin Gerhild Gössing. Wichtigstes Thema im Gespräch mit potenziellen Investoren bliebe der Umgang mit den Baudenkmälern. Sie stehen etwa dem Bau von Tiefgaragen entgegen für das Quartier, das autofrei sein soll. Zu beantworten bleibt die Frage, wo die Bewohner ihre Autos parken sollen. Selbst bauen wolle die Gebag nicht, Ziel bleibe der Verkauf der Flächen, so Gössing weiter.

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Immerhin: Mit dem Baubeginn des „Premier Inn“-Hotel ist der Anfang gemacht. Nebenan, auf dem Baufeld 4 an der Gutenbergstraße sollen 70 Mietwohnungen entstehen. Das haben die Projektentwickler Landguard Projektmanagement und SK62 Development zusammen mit dem Joint-Venture-Partner Devario Invest im Juli 2022 angekündigt.

>>SCHAUINSLANDREISEN-ARENA: NICHT ZUR ÜBERNAME GEZWUNGEN

  • Die Bewirtschaftung der städtische Kitas hat die städtische Baugesellschaft seit Anfang des Jahres übernommen, nun kommt auch noch die Schauinsland-Arena hinzu.
  • Die neue Stadion-Dienstleistungsgesellschaft wird geführt von Gebag-Prokuristin Sandra Altmann und Christopher Mainka ( Bereichsleiter Duisburg Sport). Die dringendste Aufgabe ist die Entwicklung einer Lösung für das marode Dach - die Sanierung erfordert wohl um einen zweistelligen Millionenbetrag.
  • „Man musste uns nicht zwingen, das Stadion zu übernehmen“, sagt Bernd Wortmeyer. Die Gebag sehe sich als Dienstleister, der das Stadion für die Stadt bewirtschaftet. Der Auftrag, Ideen zur Reduzierung des jährlichen Millionendefizits aus dem Arena-Betrieb zu entwickeln, sei damit nicht verbunden.