Duisburg. In den nächsten zehn Jahren könnte der Duisburger Uni-Campus einen grundlegenden Umbau erfahren. Der betrifft auch Bibliothek und „Keksdosen“.

Die Universität Duisburg-Essen (UDE) steuert am Standort Duisburg auf einen grundlegenden Umbau zu. Obwohl die Untersuchungen des Neudorfer Gebäudebestandes noch laufen, ist für Uni-Kanzler Jens Andreas Meinen das Ziel klar: die Umsiedlung der Ingenieurwissenschaften nach Wedau-Nord auf das einstige Areal des Bahn-Waggonwerks und die Sanierung des Gebäudebestandes an der Lotharstraße.

Für diese „große Lösung“ nennt Meinen im Gespräch mit dieser Zeitung erstmals Zahlen: „Wir brauchen in den nächsten zehn Jahren rund 700 Millionen Euro.“

Grundlage für die weitere Planung ist eine Erhebung des „Ist-Bestandes“, den der Verwaltungschef der Uni bald nach seinem Amtsantritt im Sommer 2019 in Auftrag gegeben hatte. „Die Arbeiten haben sich durch die Pandemie verzögert, wir wollen Ende des Jahres damit durch sein“, sagt Meinen. Am Ende steht ein Hochschulstandort-Entwicklungsplan (HSEP), der die Entwicklung bis 2035 skizziert. Auf seiner Basis werden die Verhandlungen um die erforderliche Finanzierung geführt.

Stadt Duisburg und Universität im Gespräch mit den zuständigen NRW-Ministerien

Klingt eigentlich einfach, ist aber tatsächlich kompliziert: Denn damit bis Ende des Jahrzehnts ein neuer Uni-Standort in Wedau entstehen kann, müssen parallel bereits die Gespräche mit der Stadt und Gebag laufen, denen die Fläche gehört, mit den beteiligten Ministerien, die den Umbau finanzieren, mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes (BLB), der wohl zumindest die Bestandssanierung in Neudorf begleiten soll.

Ob der BLB auch Bauherr in Wedau wird oder die UDE sich für dieses Projekt einen anderen Partner sucht – auch diese Frage ist noch zu klären.

UDE-Kanzler: „Wedau ist die Option, die wir bevorzugen“

„Wedau ist die Option, die wir bevorzugen“, sagt Jens Andreas Meinen zu seiner Zielrichtung. Bei der Untersuchung der Gebäude an der Bismarckstraße, prognostiziert er, werde sich eine Sanierung kaum als wirtschaftlich sinnvolle Alternative herausstellen. Die Uni-Immobilien sind entweder in der Gründungszeit der Uni Duisburg in den 1970er Jahren gebaut worden oder, wie die ehemalige Ingenieurschule an der Kreuzung Oststraße, schon wesentlich älter. Meinen: „Wir haben da ein paar Schätzchen.“

Große Lösung: Jens Andreas Meinen, Kanzler der Universität Duisburg-Essen, treibt den Umbau des Hochschulcampus Duisburg voran.
Große Lösung: Jens Andreas Meinen, Kanzler der Universität Duisburg-Essen, treibt den Umbau des Hochschulcampus Duisburg voran. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Barrierefreiheit nicht zu schaffen: Zukunft der Uni-Bibliothek auf dem Prüfstand

„Schon die Barrierefreiheit ist ein großes Problem“, sagt der Kanzler. Das gelte auch für die Uni-Bibliothek an der Lotharstraße – ein zeitgemäßer Neubau ist auch dort wohl günstiger als der Umbau der Immobilie mit vielen Halbebenen und zahllosen Treppen. Es sei wohl vernünftig, nicht immer neu zu bauen, „aber manchmal macht Sanierung eben keinen Sinn“.

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Das gilt auch für die „Keksdosen“ – das architektonische Markenzeichen des Duisburger Campus ist so ein „hochinstalliertes Gebäude“ mit viel Technik und Forschungsbereichen, die nicht „mal eben“ während der Sanierung in ein Übergangsdomizil ausquartiert werden können. Deshalb wünscht sich der Kanzler einen Neubau für die Naturwissenschaften auf dem jetzigen Parkplatz an der Carl-Benz-Straße. Ein Parkhaus könnte hinter dem benachbarten LE-Hochhaus – das soll abgerissen werden – entstehen.

Konzept für die Gebäude entsteht in Abstimmung mit dem BLB

Was denn eigentlich geschehen soll mit den freigezogenen, nicht mehr benötigten oder zu sanierenden Gebäuden wie den „Keksdosen“, wenn die bisherigen Nutzer in neue Gebäude umziehen, auch diese Frage ist zu beantworten. „Diese Fragen werden wir in enger Abstimmung mit dem BLB beantworten. Wir arbeiten da partnerschaftlich zusammen“, sagt der Kanzler.

Möglich, dass sich die Hochschule mittelfristig aus dem Bereich Oststraße/Bismarkstraße/Geibelstraße zurückzieht und sich konzentriert auf die beiden Standorte Lotharstraße/Wedau-Nord.

Strukturhilfen für Kohleregionen sollen auch nach Wedau-Nord fließen

Wer soll all das bezahlen? Aus Fördermitteln für ehemalige Kohlereviere erwartet Duisburg über 100 Millionen Euro. Ein Teil der Mittel aus dem „5-Standorte-Programm“ soll in die Entwicklung zum Technologiequartier Wedau-Nord fließen. Ein Konzept entworfen für einen „Urban Innovation Campus“ hat Frederik Ahlemann, Wirtschafts-Professor an der UDE. Mit Interesse schaut die Uni auch auf das Projekt „Smart Rhino“ in Dortmund – dort soll die Hochschule auf dem ehemaligen Gelände der Kokerei Hansa umgesiedelt werden. „Da könnten wir uns die Bälle gegenseitig zuspielen“, so der UDE-Kanzler.

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Um die Fäden zusammenzubinden, steht der Kanzler mit Duisburgs Wirtschaftsdezernent Andre Haack und der Gebag-Spitze im Gespräch mit den NRW-Ministerien für Bau und Finanzen. „Wedau ist eine Riesenchance“, ist Jens Andreas Meinen überzeugt. Auch wenn es am Ende nicht „der modernste Campus in Europa“ wird, von dem Gebag-Chef Bernd Wortmeyer träumt. „Ich mach’s auch eine Nummer kleiner.“

UNI DUISBURG-ESSEN HAT HOCHSCHULPAKT-MILLIONEN AUF DER HOHEN KANTE

  • Einen Teil der Finanzierung kann die Uni aus eigener Kraft beisteuern. Sie hat Fördermillionen aus dem Hochschulpakt (HSP) für den Aufbau zusätzlicher Studienplätze und Personal auf die hohe Kante gelegt. Der Bundesrechnungshof rügte im Oktober 2020 eine Ruhrgebietsuni, die 161 Millionen Euro angehäuft habe.
  • „Wir sind schon damit gemeint“, räumt Meinen ein, „der Bundesrechnungshof war bei uns und hat sich das angesehen.“ Die Uni habe eine „hohe Liquidität“, die sei allerdings auch erforderlich, um die geforderten Eigenanteile für die Neubau- und Sanierungsvorhaben in Duisburg und Essen darzustellen.