Duisburg. Die Polizei hat nach der Schießerei auf dem Hamborner Altmarkt zwei Männer festgenommen. Was über die mutmaßlichen Hauptschützen bekannt ist.
Rund ein Jahr nach der Schießerei auf dem Hamborner Altmarkt meldet die Duisburger Polizei zwei Festnahmen. Es soll sich dabei um die Hauptschützen handeln.
Gegen 6 Uhr greifen die Ermittler am Montagmorgen unterstützt von Einsatzkräften aus Spezialeinheiten nahezu zeitgleich an zwei Orten zu: In einer ruhigen Straße in Hochheide sprengen sie nach Informationen unserer Redaktion die Tür eines frei stehenden Einfamilienhauses auf. Kurz darauf führen die schwer bewaffneten Spezialkräfte einen 38-Jährigen ab. Der Mann trägt Badelatschen.
In Beeckerwerth nehmen die Beamten in einem Mehrfamilienhaus einen zweiten Mann fest. Er ist muskulös und ebenfalls 38 Jahre alt. Der Vorwurf gegen beide Männer lautet: versuchter Totschlag. Beide sind dringend verdächtig, am 4. Mai 2022 auf dem Hamborner Altmarkt mit Pistolen bewaffnet an einem Schusswechsel beteiligt gewesen zu sein, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft.
Schießerei auf dem Hamborner Altmarkt in Duisburg: Festnahmen im Milieu
Rückblick: An dem Frühlingsabend vor gut einem Jahr eskaliert auf dem belebten Marktplatz im Duisburger Norden eine Auseinandersetzung zwischen den Rockern der Hells Angels und dem türkisch-libanesischen Saado-Demir-Clan. Etwa 100 Beteiligte – zahlreiche von ihnen sind einschlägig vorbestraft – mischen mit. Viele der Kontrahenten reisen extra aus umliegenden Städten an.
28 Schüsse fallen in Salven auf dem Platz, mindestens vier Männer werden verletzt. Die Kugeln schlagen auch in einem Auto und in einer Schaufensterscheibe ein. Seitdem halten sich in der Szene hartnäckig Gerüchte, wonach der Hintergrund ein Streit über Schutzgeldzahlungen für ein Lokal im Bereich des Altmarktes gewesen sein soll.
Seit über zwölf Monaten laufen die umfangreichen Ermittlungen. „Nun haben wir einen echten Erfolg gelandet, hinter dem viel Arbeit steckt“, sagt Polizeisprecherin Jacqueline Wardenski am Montag. Die Befragungen von unbeteiligten Zeugen, die Spurenanalyse sowie die Auswertung von Videomaterial habe zur Identifizierung der beiden Männer geführt. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) lobte die Ermittlungsarbeit: „Wer meint, er könne in Hamborn einen High Noon veranstalten, muss auch ein Jahr nach der Tat noch mit einem Hausbesuch rechnen“, sagte er.
Der Festgenommene aus Beeckerwerth wird dabei dem Rockermilieu zugeordnet. Der 38-Jährige aus Hochheide soll zum berüchtigten Familienclan gehören.
Die Ermittlungsbehörden gehen nach Aussage der Staatsanwaltschaft von Anfang Mai von insgesamt drei Schützen aus. Medienberichte, wonach sich ein weiterer Schütze im Ausland aufhalten soll, blieben bislang von offizieller Seite unbestätigt.
Befragungen der Tatverdächtigen könnten schwierig werden
Nach der Festnahme wollen die Ermittler die beiden mutmaßlichen Hauptschützen befragen. Dass sie etwas über die Tat und ihre Hintergründe preisgeben, erscheint unwahrscheinlich. Denn: In den Clan-Familien gilt, ähnlich wie in der italienischen Mafia, die „Omertà“, die Schweigepflicht. Gleichzeitig herrscht eine starke Ablehnungshaltung gegenüber der deutschen Justiz.
Ähnlich verhält es sich in der Rockerszene. Hier gilt: Wer mit der Polizei kooperiert, muss drakonische Bestrafungen durch Verbündete befürchten. Ein erschreckendes Beispiel dafür ist der sogenannte „Stückel-Mord“ am Hells Angel Kai M..
Umso größer für ein mögliches Gerichtsverfahren ist in dem Ermittlungskomplex Hamborner Altmarkt die Bedeutung der gesicherten Beweise. Und: Die Mammut-Ermittlungen laufen insgesamt gegen 51 Tatverdächtige. Aufgrund der Vielzahl der Beteiligten und deren Zugehörigkeit zu abgeschotteten Clan- und Rockerstrukturen zogen diese sich bis jetzt hin.
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>>Videoüberwachung wurde wieder eingestellt
- Noch an dem Abend des 4. Mai 2022 stellte die Polizei die Personalien von 128 Menschen fest und überprüfte diese.
- Duisburgs Polizeipräsident Alexander Dierselhuis – damals gerade neu im Amt – veranlasste umgehend eine Videobeobachtung des Altmarkts in den folgenden vier Wochen.
- Sie wurde nach Ablauf dieses Zeitraums wieder eingestellt.