Duisburg. Die Videoüberwachung am Hamborner Altmarkt in Duisburg wird nicht fortgesetzt. Warum sich die Polizei gegen eine Verlängerung entschieden hat.

Die Polizei Duisburg hat die Videoüberwachung auf dem Hamborner Altmarkt vorerst beendet. Zwei Kameras hatten dort nach der Schießerei zwischen Männern, die dem türkisch-libanesischen Saado-Demir-Clan und der Rockergang Hells Angels zugerechnet werden, seit dem 6. Mai Live-Bewegtbilder aufgenommen.

Am Donnerstag transportierten Technik-Experten ab 13 Uhr die beiden mobilen Kameramasten ab, die eine Leihgabe der Bonner Behörde waren. Die Geräte waren zwei Tage nach der blutigen Eskalation mit vier Verletzten auf dem Platz in Betrieb gegangen.

Auch interessant

Polizeipräsident Alexander Dierselhuis hatte die Überwachung zeitlich begrenzt bis zum 2. Juni angeordnet. „Die Kameras haben in den vergangenen vier Wochen ihren Zweck erfüllt und nach den Schüssen vom 4. Mai – zusammen mit einer erhöhten polizeilichen Präsenz – die Sicherheit am Altmarkt gewährleistet“, teilte die Polizei am Donnerstagmittag mit.

Kameras auf dem Hamborner Altmarkt in Duisburg: Anordnung berief sich auf das Polizeigesetz NRW

Es steht aber fest: Die Anordnung wird nicht verlängert. Die Entscheidung, die kurzfristig gefallen ist, ist allerdings keine Überraschung.

Denn: Die rechtlichen Hürden für die Maßnahmen sind relativ hoch. Der Paragraf 15a im Polizeigesetz NRW besagt: „Die Polizei kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen, von Teilnehmern erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dabei Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden.“

[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Stadtseite + Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

Heißt: Es müsste die Annahme bestehen, dass auf dem Hamborner Altmarkt auch in Zukunft schwere Straftaten begangen werden könnten. Dies war kurz nach dem Tumult mit 100 Beteiligten und über 30 Schüssen durchaus der Fall. Bei einer Neubewertung in dieser Woche kamen die Ermittler allerdings wohl zu einer neuen Einschätzung. In den gut vier Wochen hatten die Kameras lediglich eine Verkehrsunfallflucht gefilmt.

Nicht nur am Tag nach der Schießerei zeigte die Polizei Duisburg Präsenz auf dem Hamborner Altmarkt.
Nicht nur am Tag nach der Schießerei zeigte die Polizei Duisburg Präsenz auf dem Hamborner Altmarkt. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Daher entschied sich Dierselhuis vorerst gegen eine Verlängerung der Maßnahme: „Wir sehen hier aktuell keinen neuen Kriminalitätsschwerpunkt, werden aber weiter stark Präsenz zeigen und die Lage vor Ort im Blick behalten. Sollte sich hier irgendeine Form der Eskalation abzeichnen, handeln wir unverzüglich.“

Videobeobachtung in Hamborn: Diskussion auf politischer Ebene geht weiter

Auf politischer Ebene wird weiter über eine dauerhafte Videobeobachtung am Altmarkt diskutiert: Einen AfD-Antrag dazu hatten die übrigen Fraktionen im Stadtrat auf einer Sondersitzung zu dem Thema zwar mit Verweis auf den „Konsens gegen Rechts“ abgelehnt.

Im Ausschuss für Ordnungs- und Bürgerangelegenheiten ging dann jedoch ein gemeinsamer Antrag von CDU und SPD durch. Demnach soll die Verwaltung die Möglichkeit einer permanenten Kameraüberwachung prüfen. FDP, Junges Duisburg, die AfD und die Tierschutzpartei stimmten dem Antrag zu, nur die Grünen und die Linken lehnten diesen ab.

Zahlreiche Anwohner und Passanten drückten in den vergangenen Wochen immer wieder ihre Zustimmung zu der Kameraüberwachung aus, weil diese ihrer Meinung nach das Sicherheitsgefühl stärke. Einige Markthändler äußerten sich allerdings auch kritisch und fürchteten eine Abschreckung der Kunden.

Der Hamborner Altmarkt war vor der Schießerei, bei der sich der türkisch-libanesische Saado-Demir-Clan mit der Rockergang Hells Angels duelliert haben soll, nicht als Kriminalitätshotspot bekannt. Der Bereich gilt als gut frequentiertes Nebenzentrum – und als Treffpunkt der Rocker.

Geschäftsleute aus der Szene wollen Ruhe

Auch weil Personen aus der Szene dort als Geschäftsleute tätig sind und keine Unruhe wollen, rechnen Polizei und Ordnungsamt nicht mit einer Wiederholung. Die Schießerei sei nach Einschätzungs von Christian Draeger, Leiter der Polizeiinspektion Duisburg Nord, ein „schlimmes, singuläres Ereignis“ gewesen.

Die einzige stationäre Videoüberwachung gibt es in Duisburg seit 2016 am Marxloher Pollmann-Eck: Dort sind die Kameras an Versorgungsleitungen der DVG angebracht. Die Polizei bewertet diese Überwachung des einstigen Kriminalitätsschwerpunktes als Erfolg: Seit die Kameras mitlaufen, sei dei Straßenkriminalität im überwachten Bereich und in ganz Marxloh zurückgegangen.

>> Ermittlungen laufen bei der EK Markt weiter

  • Die Videobilder aus den beiden Überwachungskameras wurden in den vergangenen Wochen direkt zur Hamborner Wache übermittelt. Geschulte Polizistinnen und Polizisten beobachten und bewerten sie dort live.
  • Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Schießerei am Abend des 4. Mai laufen bei der Ermittlungskommission Markt weiter. Etwa 90 Beteiligte konnten die Ermittler bislang identifiziert werden. Nun muss geprüft werden, ob ihnen konkret Straftaten nachgewiesen werden können.