Duisburg. In Duisburg gibt es zwei Galeria-Filialen. In einer herrschen Frust und Wut, in der anderen keimt Hoffnung. Einschätzungen aus den Betriebsräten.

Gabi Gaidt arbeitet seit 35 Jahren für Karstadt, Dirk Voss seit 39 Jahren für Kaufhof. Beide sind 55 Jahre alt. Sie ist die Betriebsratsvorsitzende in der Galeria-Dependance im Einkaufszentrum Forum, er ist der Betriebsratsvorsitzende der Galeria-Filiale an der Düsseldorfer Straße. Zwischen ihren Arbeitsplätzen in der Duisburger Innenstadt liegen nicht mal fünf Minuten Fußweg. Beide müssen sich seit Wochen – schon wieder – intensiv um verunsicherte Kolleginnen und Kollegen kümmern: Sie alle zählen zu den 17.400 Beschäftigten der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK), die erneut um ihre Arbeitsplätze fürchten. Doch Ausgangs- und Stimmungslage unterscheiden sich vor der anstehenden Zäsur in den beiden benachbarten Kaufhäusern. Das verdeutlichen Gespräche mit Gabi Gaidt und Dirk Voss.

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Das Amtsgericht Essen hat am 1. Februar ein Insolvenzverfahren in Eigenregie für den dauerkriselnden Kaufhauskonzern eröffnet. Es ist das zweite binnen drei Jahren. 2020 wurden 41 Filialen geschlossen und etwa 4000 Stellen abgebaut. Wie viele der heute noch 131 GKK-Filialen geschlossen, verkauft oder fortgeführt werden, werden Sanierer und Konzerngeschäftsführung wohl erst Mitte März bekanntgeben. Und: Auch in den Filialen, die erhalten bleiben – laut unbestätigten Medienberichten sollen es zwischen 49 und 70 sein – werden wohl Arbeitsplätze gestrichen.

Zwei Galeria-Filialen in Duisburg: „Doppel-Standorte stehen unter besonderer Beobachtung“

Im früheren Horten- und späteren Kaufhof-Warenhaus an der Düsseldorfer Straße ist von der Hoffnung auf einen Neuanfang nicht mehr viel zu spüren. Etwas mehr als 60 Angestellte arbeiten hier nur noch, Anfang 2020 waren es noch etwa 80 gewesen. Etliche junge Kräfte haben das Geschäft wegen der Ungewissheit zuletzt freiwillig verlassen. Das Durchschnittsalter in der Belegschaft liege „bei Ende 40“, sagt Dirk Voss, der auch Mitglied des Galeria-Gesamtbetriebsrates ist. Zur drohenden Schließung meint er: „Ich rechne leider schon damit.“

Die beiden Duisburger Galeria-Filialen liegen nur wenige Hundert Meter voneinander entfernt.
Die beiden Duisburger Galeria-Filialen liegen nur wenige Hundert Meter voneinander entfernt. © FFS | Fröhlich/Möller

Ein Grund: „Doppelstandorte stehen unter besonderer Beobachtung.“ Als die Konzernchefs im Juni 2020 bekannt gaben, dass NRW-weit 18 Filialen geschlossen werden, aber beide Duisburger Filialen erhalten bleiben, flossen Freudentränen im 1958 errichteten Warenhaus. Warum die Sanierer damals überraschend entschieden, auch den in die Jahre gekommenen Kaufhauskasten in 1B-Lage zu erhalten, „wissen wir bis heute nicht“, so Voss. Es könnte auch etwas mit einem Immobiliengeschäft zu tun gehabt haben (zum Artikel).

Schließung beider GKK-Filialen in Duisburg wäre „ein absoluter Albtraum“

Was Voss nun, vor der nächsten Schließungsrunde aber weiß: „Häuser müssen schwarze Zahlen bringen“, damit der Konzern sie nicht schließt. Diesbezüglich macht das veraltete Kaufhaus keinen guten Eindruck: Die Kundenfrequenz ist meist gering; in den Abendstunden ist es oft schwierig, überhaupt Verkäufer zu finden. „Die Personalbesetzung ist eine Katastrophe“, kritisiert Voss. Kurzfristige Ausfälle seien oft nicht mehr zu kompensieren. „Da ist es verständlich, dass Kunden unzufrieden sind und abwandern.“ Die Duisburger Innenstadt nennt der 55-Jährige zudem „ein seit Jahren zunehmend schwieriges Umfeld“.

Er kritisiert neben der Personalpolitik auch andere Entscheidungen der Konzerngeschäftsführung, etwa zu den Kassen- und Warenwirtschaftssystemen: „Es wurden auch intern viele Fehler gemacht. Darum kann man jetzt nicht alles auf Corona, den Krieg, die Inflation und äußere Umstände schieben.“ Viele Kolleginnen und Kollegen seien darum nicht nur verängstigt („Das geht auf die Psyche“), sondern auch „wütend“. Einziger Trost sei oftmals der Zuspruch der Kundschaft.

„Ein absoluter Albtraum“, so Voss, wäre die Schließung beider Duisburger Galeria-Filialen – auch für Duisburg. „Leider kann man nichts ausschließen“.

Betriebsratsvorsitzende: „Ich persönlich denke, dass wir gute Chance haben“

So sagt auch Gabi Gaidt, die Betriebsratschefin der Galeria-Filiale im Forum: „Wir können nichts sagen, außer dass wir hoffen.“ Aber auch: „Ich persönlich denke, dass wir gute Chancen haben.“

Sie vertritt rund 130 Mitarbeitende, mehr als doppelt so viele wie in der Nachbarfiliale. „Wir bräuchten meiner Meinung nach zwar noch drei Verkäufer mehr pro Etage, aber offiziell sind wir nicht unterbesetzt.“ Eine Abwanderungswelle wie in der Kaufhof-Filiale gebe es nicht.

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Der Optimismus der 55-Jährigen kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass sie vom Neuanfang nach der Insolvenz spricht: „Ich hoffe, man nimmt die Belegschaft dann mit und dass man den Standort-Geschäftsführern und Abteilungsleitern künftig mehr freie Hand gibt.“ Die zentralisierte Warensteuerung sei Gift fürs Geschäft: „Was die Filiale in Berlin braucht, ist nicht immer das, was wir in Duisburg brauchen.“

Was der Belegschaft an der Königstraße Hoffnung gibt, dass es weitergeht: Nach Corona seien die Kunden zurückgekehrt, berichtet Gaidt. „Wir haben alle gut zu tun.“ Ein weiterer Faktor: Das französische Immobilienunternehmen Klepierre, dem das Forum gehört, dürfte großes Interesse daran haben, den größten Mieter in seiner Duisburger Mall, zu behalten – und darum in Verhandlungen mit den Galeria-Sanierern zumindest gesprächsbereit sein.