Duisburg. Wie sieht die Duisburger Innenstadt von morgen aus? Ein Rundgang zeigt viele Stellen mit Handlungsbedarf und gelungene Orte mit Vorbildcharakter.
Wie sieht die Duisburger Innenstadt von morgen aus? Politik und Stadtplanung suchen nicht erst seit gestern nach Antworten auf diese Frage. Ein Rundgang durch die Innenstadt, organisiert von der Wirtschaftsförderung „Duisburg Business & Innovation“ (DBI), zeigt aktuelle Probleme und gelungene Stadtplanung mit Vorbildcharakter.
„Was kommt nach dem Handel?“, fragt Stefan Postert. Er ist Teamleiter für Stadtstrategien und Urbane Ökonomie im Büro Stadt+Handel, das die lokale Wirtschaftsförderung für die Entwicklung der City beauftragt hat. Ziel ist es, tragfähige Perspektiven und Strategien für die Innenstadt zu finden. In mehreren von der DBI organisierten Workshops sollen Impulse für den Veränderungsprozess gesetzt werden.
Zukunft der Innenstadt in Duisburg: Rundgang zeigt Handlungsbedarf
„Es ist der Auftakt eines langen Prozesses“, sagt Rasmus C. Beck. Der DBI-Geschäftsführer spricht zu Vertretern aus Wirtschaft und Handel, die die Wirtschaftsförderung zu dieser Begehung eingeladen hat. Der vielzitierte Wandel brauche „ein Zusammenspiel von vielen Akteuren“, schwört Beck die Gruppe ein.
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Über das Zielbild herrscht Konsens: Die Innenstadt soll lebenswerter werden. Mehr Grün, mehr Kultur, mehr Wohnraum, mehr Durchmischung. Eine Innenstadt für alle. Erste Konturen gewinnt der bitternötige Veränderungsprozess durch das weiterentwickelte integrierte Handlungskonzept Innenstadt (IHI), das 21 Maßnahmen vorsieht und noch im Rat diskutiert wird (wie berichtet).
Was passiert in Zukunft mit der Königsgalerie?
Von der Münzstraße zieht die Gruppe, zu der auch die Citymanager zählen, bis zur Kuhstraße weiter. Erster Stopp ist die Königsgalerie, die große Marken in die umgebaute Galeria Duisburg locken sollte. Elf Jahre nach der Eröffnung sind die verwaisten Ladenlokale deutlich in der Überzahl. Das Einkaufszentrum ist gescheitert, die Zukunft der Immobilie völlig offen.
Dem Center mit reichlich Potenzial müsse „eine völlig andere Nutzung zugeführt werden“, sagt Stefan Postert. Ihm kommt gleich ein Ärztehaus in den Sinn, ein Nahversorger oder altersgerechter Wohnraum, wenngleich er Zweifel hegt, ob die Stadt überhaupt den rechtlichen Rahmen für eine Nutzungsänderung hergibt. Rasmus C. Beck und der neue Citymanager Ömür Hafizoglu sinnieren da schon von Seminarräumen oder einem Institut der Universität, zumindest bis das Uni-Quartier Wedau-Nord realisiert ist.
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Immobilieneigentümer brauchen Willen zur Veränderung
Wohl der größte Knackpunkt: Ohne den Willen des Betreibers Klepierre, der in Duisburg auch das erfolgreiche Forum unterhält, bleiben all die Ideen nur Kartenhäuser. Das gilt ebenso für andere Immobilien in der City. Die DBI zählt 400 Immobilienbesitzer in der Innenstadt, von denen nur ein Drittel Duisburger Eigentümer sind. Oftmals seien Besitzer nicht greifbar oder zeigen mangelndes Interesse, gegen Leerstände in ihren Gebäuden vorzugehen.
Taubenschlag im Ladenlokal neben Restaurant an der Kuhstraße
Was passiert, wenn die Gleichgültigkeit eines Immobilienbesitzers überhand nimmt, zeigt sich an der Kuhstraße neben dem Restaurant „Mein Stübchen“. Hier haben sich hinter dem Rollgitter eines leerstehenden Lokals Tauben niedergelassen. Der Boden ist übersät mit Kot. Mehrmals hatte das Citymanagement versucht, den Immobilienbesitzer zu erreichen. Vergebens.
„Es ist ein Schandbild“, sagt der Gastronom im Nachbarhaus, der seit zwei Jahren dafür kämpft, dass seine Gäste ohne Geflatter ihre Gerichte zu sich nehmen können. Sein Bitten trifft aber bislang auf taube Ohren. Das Citymanagement verspricht einen Austausch mit dem Ordnungsamt.
Die Arkaden entlang der Königstraße sind in die Jahre gekommen
Die Gruppe zieht weiter bis zur Königstraße. Die Arkaden, die Überdachungen der Gehwege auf der Einkaufsmeile, werden von den Planern im IHI zwiespältig gesehen – einerseits bieten sie Schutz vor Regen, verhindern aber auch den freien Blick auf die Gebäude. Stefan Postert vom Büro Stadt+Handel fällt vielmehr der Zustand der in die Jahre gekommenen gewölbten Konstruktion auf.
Einst entstanden, um die erste regenfreie Einkaufsstraße zu ermöglichen, haben Witterung, Luftverschmutzung und herabfallende Blätter den Glasdächern eine dunkle Färbung verliehen, die dem Bereich entlang der Fassaden Licht nimmt. Wer unter der Überdachung flaniert, bekommt schnell das Gefühl, Wolken hätten den Himmel verdunkelt. Eine Reinigung würde wohl wieder den Durchblick bringen.
Was der Königstraße in Duisburg fehlt
Posterts Blick geht aber von den Arkaden mehr in die Straßenmitte. Die Königstraße biete zwar viel Platz für Veranstaltungen – ein öffentlicher Raum, den sich andere Städte nur wünschen können, sagt Postert. Doch in einigen Bereichen der langen Einkaufsmeile fehle es an Begrünung, an Orten, die Aufenthaltsqualität schaffen. Ruhezonen und Sozialräume, die Kontakte ermöglichen. „Wir schaffen Plätze, damit die Menschen wieder zusammenfinden“, erklärt der Experte. Dies sei nur wenige Meter weiter ausgesprochen gut gelungen: am König-Heinrich-Platz und vor dem Theater.
Ein Platz mit Vorbildcharakter für andere Städte
Ein Platz, über dessen Gestaltung samt Abriss der alten Mercatorhalle zuvor gestritten worden war, der nun aber mit seinen scheinbar schwebenden großen Rasenflächen einen „identifikationsstiftenden Ort“ schafft, schwärmt Postert. 2002 hatte es einen Wettbewerb für die Gestaltung der 2,3 Hektar Stadtmitte gegeben, 2007 war die gewählte Umsetzung fertig.
Heute zieht der Bereich bei Sonnenschein viele Passanten und Ruhesuchende im Innenstadtrubel an. Hinzu kommt das „Düsenfeld“, das vor allem Kinder vor dem Forum mit seinen unterschiedlich hohen Wasserfontänen begeistert. Bei der Gestaltung des Platzes – ein Filetstück in der Innenstadt kurzerhand für Grünflächen zu nutzen – habe die Stadtverwaltung Mut bewiesen, sagt Postert. Mut, die der Stadtplaner an anderen Stellen vermisst.
„Denken Sie in Möglichkeiten, nicht in Widerständen“
So etwa am Averdunkplatz. „Eine tote Fläche“, sagt Postert, die von vorbeilaufenden Passanten keines Blickes gewürdigt wird. Etwa durch einen temporären Spielplatz könne das zugepflasterte Areal belebt werden. Ähnliche Ideen gibt es im IHI. „Denken Sie in Möglichkeiten, nicht in Widerständen“, appelliert Postrat mehrmals in den Gesprächsrunden bei dem Rundgang. Aufgrund des Handlungsbedarfes brauche es jetzt politischen Mut. Es scheitere oftmals nicht an innovativen Ideen, glaubt der Experte, sondern vielmehr an bürokratischen Hürden.