Duisburg. Historische Entscheidung des Hauptausschusses Duisburger Karneval: Wie die Vereine durch eine Revolution von oben mehr Mitspracherecht bekommen.
In den Annalen des Hauptausschusses Duisburger Karneval (HDK) dürfte dem Jahr 2022 eine besondere Bedeutung gewiss sein. Denn kurz vor Beginn der neuen Session hat der närrische Stadtverband durch eine Neufassung seiner Satzung seine Struktur einschneidend geändert: Sie steht für mehr Mitspracherecht der angeschlossenen Karnevalsvereine.
Statt nur über den Beirat, der aus zwölf gewählten Repräsentanten bestand, werden künftig alle Gesellschaften bei den meisten Entscheidungen direkt mitreden dürfen. Das Erstaunlichste: Diese Revolution von oben – der Vorstand hatte die Satzungsänderung angestoßen – wurde im Rahmen einer harmonischen Mitgliederversammlung beschlossen, die gerade einmal 42 Minuten dauerte.
Karneval in Duisburg: Beirat ein sperriges Gremium
Die Väter des 1956 gegründeten HDK hatten das etwas sperrige Gremium namens Beirat vor 66 Jahren als eine Art Aufsichtsrat für die HDK-Spitze installiert. Er sollte dem Vorstand auf die Finger schauen und eventuelle Fehlentscheidungen nicht allein auf dessen Schultern abwälzen.
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Doch ein bisschen seltsam mutete es schon an, dass der Vorstand des HDK zwar jährlich von den Mitgliedsvereinen entlastet werden musste, aber nicht von diesen gewählt werden durfte. Die an der Spitze stehenden Amtsinhaber wurden ausschließlich vom Beirat gewählt. Nur er entschied auch über Veranstaltungen, Sessionsmotto oder die Wahl des Prinzen mit.
„Zuletzt haben wir in Video-Konferenzen stets direkt mit allen Vereinen gesprochen“
Das wird nun anders. „Manchmal benötigt man einen kräftigen Tritt in die richtige Richtung“, so Michael Jansen, Präsident des Hauptausschusses Duisburger Karneval. Dieser Tritt sei der Dauer-Krisen-Modus der vergangenen Jahre gewesen.
Orkane, Corona und Ukraine-Krieg hätten immer wieder gezeigt, dass es einfach viel zu umständlich gewesen sei, wenn der Vorstand für plötzlich notwendige Entscheidungen erst den Beirat fragen musste, um sie dann an die Mitgliedsvereine weiter zu tragen. „Zuletzt haben wir in Video-Konferenzen stets direkt mit allen Vereinsvertretern gesprochen.“
Entscheidungen auf eine breitere Basis stellen
Was sich bewährte: Entscheidungen wurden so auf eine breitere Basis gestellt, aber auch der Informationsfluss wurde deutlich verbessert. Ein Vorgehen, dass selbst die Mitglieder des Beirates davon überzeugte, dass es an der Zeit sei, ihre Ämter selbst abzuschaffen.
„Wir befürworten die Satzungsänderung ausdrücklich“, stellte Beiratssprecher Wolfgang Swakowski fest. „Wir haben festgestellt, dass das ein stärkeres Einigkeitsgefühl erzeugt hat. Es kamen viele konstruktive Beiträge von Vereinen, die sonst gar nicht in die Entscheidungsfindung mit einbezogen gewesen wären.“
Präsidentenversammlung als neues Instrument
Das neue Instrument heißt Präsidentenversammlung. In ihr ist jeder Verein mit einer Stimme vertreten. Das Stimmrecht darf nur von einem Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des jeweiligen Mitgliedsvereins ausgeübt werden.
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Damit sind gleich zwei Probleme des früheren Beirates gelöst: Denn immer wieder waren Beiratsmitglieder nur zu Beginn ihrer langjährigen Amtszeit durch einen Vorstandsposten in der Gesellschaft verankert, von der sie zur Wahl vorgeschlagen worden waren. Und diese Wahl war personenbezogen: Eine Vertretung war – beispielsweise bei einer Erkrankung – nicht möglich.
Gestaltung der Fünften Jahreszeit
„Die Präsidentenversammlung ist, kurz gesagt, künftig in alle Entscheidungen mit eingebunden, die unmittelbar die Session betreffen“, erläutert HDK-Präsident Jansen. Sie entscheidet über die Gestaltung der Fünften Jahreszeit in Duisburg, die Art und Anzahl der Veranstaltungen mit, wählt das Motto und die Tollitäten.
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Vertraten im Beirat zwei Mitglieder qua Amt wichtige nicht-karnevalistische Institutionen, so werden der Präsidentenversammlung künftig vier angehören: je ein Vertreter der Stadt, der Sponsoren, der Duisburg Kontor GmbH und des Immobilien-Management Duisburg.
„Sie haben kein Stimmrecht, sollen aber mit ihrem Fachwissen bei der Entscheidungsfindung helfen“, erläutert Jansen. „Alles, was vereinsrechtlich von Bedeutung ist, bleibt wie zuvor Sache der Mitgliederversammlung, dem höchsten Organ des HDK“, definiert Jansen die Grenze zwischen den Gremien.
Unterschiedliche Stimmgewichtung
In der Mitgliederversammlung haben die Gesellschaften dann auch weiterhin eine unterschiedliche Stimmgewichtung, je nach Zahl der Vereinsmitglieder und der Jahrzehnte, die sie dem HDK angehören. Das ist auch der Grund, warum ein Viertel der 42 Minuten, die die jetzige Mitgliederversammlung dauerte, auf die Auszählung der Stimmen entfiel. Das Ergebnis war eindeutig: 164 der 167 abgegebenen Stimmen sprachen sich für die Satzungsänderung aus.
>> HDK IN DUISBURG: ZAHL DER MITGLIEDSVEREINE HAT SICH LEICHT REDUZIERT
- Im dritten Jahr nach Corona hat sich die Zahl der Mitgliedsvereine im Hauptausschuss Duisburger Karneval leicht auf 32 reduziert.
- Der Kaßlerfelder Karnevals Club KKC, der sich schon vor der Pandemie dem Königreich Duissern anschloss, hat etwas verspätet gekündigt. Der Närrische Stammtisch befindet sich in Selbstauflösung. Und auch die „Schlappe Orgel“ und der Meidericher Carnevals Club MCC haben sich aus dem Stadtverband verabschiedet.
- Erfreulich ist dafür der Beitritt eines weiteren traditionsreichen Vereines aus dem linksrheinischen Teil Duisburgs. Auch die KG Blau-Silber aus Rheinhausen gehört nun dem HDK an.