Duisburg. Wirtschaftsministerin Neubaur empfiehlt Stadtwerke-Chefs, wegen der Energiepreise auf Boni zu verzichten. Was die Stadtwerke Duisburg dazu sagen.

Nordrhein-Westfalens neue Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) empfahl beim Deutschen Energierechtstag jüngst den Stadtwerke-Chefs, wegen der aktuellen Energiepreisexplosion freiwillig auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten. Bei den Vertragskonstruktionen vieler Stadtwerke seien Bonuszahlungen für die Manager der kommunalen Unternehmen an den Umsatz gekoppelt, erklärte Neubaur. Sie „glaube, dass es eine kluge Entscheidung wäre“, wenn die Stadtwerke-Chefs ihren Aufsichtsräten mit Blick auf den Bonus sagten: „Ich würde darauf im nächsten Jahr gerne verzichten“ (wir berichteten). Was sagen Duisburgs Stadtwerke-Chefs um Marcus Wittig zu diesem Vorschlag?

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In den Chefetagen der öffentlichen Versorgungsunternehmen dürfte Neubaur keine neuen Freunde gewonnen haben, weil sie auf die Geschäftsführer vergleichsweise kleiner Versorger zeigt statt auf die besser verdienenden Manager großer Energiekonzerne und Krisengewinner. Zumal die Stadtwerke nicht wie RWE Milliardengewinne verbuchen und zumindest nicht direkt mit der Gasumlage gestützt werden wie Uniper, der gescheiterte Systemgefährder aus der Nachbarstadt Düsseldorf.

Stadtwerke Duisburg: Boni sind laut Sprecher nicht an Umsätze gekoppelt

Für die Stadtwerke Duisburg verweist auf Anfrage Ingo Blazejewski, Sprecher der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVV), darauf, dass „die Aussage von Frau Neubaur für Duisburg nicht korrekt ist“. Denn bei den Geschäftsführern der Stadtwerke, die zum städtischen Dienstleistungskonzern DVV gehören, sei der „variable Teil der Vergütung nicht an den Umsatz gekoppelt“. Insofern bestehe auch kein Zusammenhang „zwischen einer durch die Situation auf dem Energiemarkt getriebenen Umsatzerhöhung und einer Erhöhung des variablen Teils der Vergütung“, so Blazejewski.

DVV-Sprecher Ingo Blazejewski.
DVV-Sprecher Ingo Blazejewski. © DVV | Daniel Tomczak

Der variable Bestandteil der Vergütung sei „extra anstelle eines starren Fixgehalts eingeführt“ worden, „um leistungsorientierter zu vergüten“, erläutert der DVV-Sprecher. Der variable Anteil des Gehaltes sei „an festgelegte Ziele“ wie das Ergebnis nach Steuern („EAT“: Earnings After Taxes, Gewinn nach Steuern) sowie „an die Umsetzung strategischer Ziele“ gekoppelt. Diese Ziele lege der Aufsichtsrat (siehe Infobox) jährlich fest.

Marcus Wittig ist der Topverdiener in kommunalen Duisburger Unternehmen

Dem Vorstand der Stadtwerke Duisburg AG gehören neben Vorstandschef Marcus Wittig noch Axel Prasch und Andreas Gutschek an. Wittig ist als Duisburgs mächtigster kommunaler Manager obendrein Chef der Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG) und der Holdinggesellschaft DVV, die mehr als 30 Unternehmen einschließt (zum Beispiel Netze Duisburg, Octeo, Zoo, WBDU Wasserbeschaffungsgesellschaft).

So argumentiert Konzernsprecher Blazejewski gegen die Neubaur-Empfehlung, dass die Vorstände der Duisburger Stadtwerke ihre Vergütung als Holding- und nicht (nur) als Stadtwerke-Geschäftsführer erhalten. Viele der unter dem DVV-Dach operierenden Unternehmen, für die sie verantwortlich sind, seien zudem nicht im Energiesektor tätig.

In den Duisburger Unternehmen, die einer öffentlichen Gebietskörperschaft gehören, ist DVV-Chef Marcus Wittig inzwischen der Topverdiener. Seit 2018 wendet die DVV für ihn jährlich mehr als eine Million Euro auf. An Bonuszahlungen erhielt Wittig im ersten Corona-Jahr 2020 mit 120.753,58 Euro nochmals etwa ein Viertel seines Grundgehaltes (481.659 Euro) zusätzlich (>> zur Übersicht der Gehälter).

DVV-Sprecher: Debatte verkennt Situation auf dem Energiemarkt

Die DVV kritisiert die von Neubaur angestoßene Debatte. Diese verkenne „die derzeitige Situation auf dem Energiemarkt“, so Blazejewski: „Die Großhandelspreise auf dem Energiemarkt haben sich im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht.“ Die Stadtwerke könnten „durch eine langfristige Beschaffungsstrategie nur einen Teil dieser Kostenexplosion auffangen, so dass es in den kommenden Monaten enorme Preissteigerungen in den Tarifen geben wird.“ Für diese Probleme „lässt die Politik derzeit noch Lösungen vermissen“, spielt der Sprecher den Ball zurück an Neubaur.

>> DVV MIT VERLUSTEN, STADTWERKE ALS GEWINNBRINGER

  • Der DVV-Konzern (2021: 4309 Mitarbeiter) machte 2021 etwa 2,7 Milliarden Euro Umsatz und 0,8 Millionen Euro Verlust (EAT; Ergebnis nach Steuern), 2020 bei einem Umsatz von knapp 1,9 Milliarden Euro sogar 6,8 Millionen Euro Miese, vor allem wegen der Verluste im ÖPNV (DVG).
  • Die Stadtwerke (2021: nur noch 423 Mitarbeiter; 2016: 889) sorgten 2021 bei einem Umsatz von rund 2,4 Milliarden Euro für ein Ergebnis nach Steuern in Höhe von 34,6 Millionen Euro. Das war ein deutlich geringerer Gewinn als 2020: Damals betrug das Ergebnis 53,9 Millionen Euro (Umsatz: 1,6 Milliarden Euro).