Neudorf. Früher war die Plastiktüte auf dem Wochenmarkt normal. Heute tragen Marktbesucher meist Stoffbeutel und Papiertüten. Wie sich das gewandelt hat.
Am Freitagmorgen um kurz nach zehn ist der Wochenmarkt in Neudorf schon gut besucht. Die mobile Kaffeebar, die seit rund vier Wochen durch Bänke und Tische ergänzt wird, scheint viele Besucherinnen und Besucher dazu einzuladen, länger auf dem Ludgeriplatz zu verweilen. „Das finde ich richtig klasse“, sagt eine ältere Dame, nachdem sie die Obst- und Gemüsestände abgeklappert hat. Anschließend findet sie Platz, um sich bei Kaffee und Brötchen mit denjenigen zu unterhalten, die sie hier seit Jahren Woche für Woche trifft.
Dass viele Stammkunden unterwegs sind, erkennt man auch daran, dass fast alle Besucherinnen und Besucher die gleiche Tasche dabei haben: Ein dunkelgrüner, schon etwas in die Jahre gekommener, Stoffbeutel mit dem Aufdruck „Duisburg Kontor“. Wer den grünen Beutel zu Hause vergessen hat oder spontan über den Markt schlendert, ist an diesem Tag trotzdem nicht auf die Hemdchenbeutel aus Plastik angewiesen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Marktveranstalter „Duisburg Kontor“ sorgen für Nachschub und verteilen neue – diesmal eben dunkelblaue – Einkaufstaschen aus Stoff.
Früher war der Plastikbeutel auf dem Wochenmarkt normal
Stolzer Besitzer des neuen Modells ist auch der Duisburger Kabarettist und treuer Wochenmarkteinkäufer Kai Magnus Sting, der zufällig zum Einkaufen unterwegs ist. „Ich bin als Kind schon mit meiner Mutter auf den Wochenmarkt in Neudorf gegangen“, erzählt der 44-Jährige. Da sei auf der Oststraße noch ein Aldi gewesen, in dem man damals fast nur Konserven bekam. „Wir mussten nicht nur für frisches Obst und Gemüse, sondern auch für Käse, Milch, Wurst und Eier auf den Markt gehen. Das war für uns selbstverständlich“, so Sting.
Selbstverständlich sei damals auch der Plastikbeutel gewesen, den man beim Kauf von Obst und Gemüse immer dazu bekam. Diesen sieht man heut zu Tage auf dem Wochenmarkt zwar noch öfter als die Flasche Milch, aber dennoch deutlich seltener als damals. Seit diesem Jahr dürfen Einweg- und Bio-Plastiktüten in Deutschland per Gesetz nicht mehr ausgeben werden. Daran muss sich auch auf den Duisburger Wochenmärkten gehalten werden. Erlaubt bleiben sogenannte Hemdchenbeutel mit weniger als 15 Mikrometer Wandstärke – so heißen die klassischen dünnen Tüten in der Fachsprache. Erlaubt sind sie aus hygienischen Gründen – wie zum Beispiel beim Fleisch.
Nur wenige Kunden beschweren sich über „Plastik-frei-Bewegung“
Verwirrung auf dem Wochenmarkt- Sind Plastiktüten verboten?„Die Stoffbeutel sind eine gute Alternative. Da brauche ich gar kein Plastik mehr“, sagt Sting. „Nur bei der Wurst wäre das natürlich schwierig, dafür müsste man theoretisch seine eigene Tupperdose mitbringen.“ Bei Kuchen und Brot nehme er dankend eine Papiertüte an.
Laut Standbesitzer Julian Ghidio, der seit 25 Jahren Obst, Gemüse und Eier auf dem Duisburger Wochenmarkt verkauft, fahren die meisten Marktbesucher bei der „Plastik-frei-Bewegung“ gut mit. „Einzelne Kunden beschweren sich aber auch darüber, dass sie nur noch Papier- oder Stoffbeutel bekommen“, sagt er.
„Vermutlich generationsbedingt“, schätzt Alexander Klomparend, Pressesprecher bei Duisburg Kontor. „Über Jahrzehnte galt Plastik als ein Stoff, der unbegrenzt zur Verfügung stand, spottbillig war und Lebensmittel gut frisch hielt“, erklärt er. Dass Plastik ein schwieriges Material ist, den die Natur nicht eigenständig abbauen kann, sei viel zu lange kein Thema gewesen. Wer auf dem Wochenmarkt einkaufen gehe, der entscheide sich aber schließlich bewusst für Frische und Natürlichkeit. Da passe Plastik längst nicht mehr ins Bild. „Deshalb sorgen wir bereits seit 2006 regelmäßig auf allen Wochenmärkten im Duisburger Stadtgebiet für eine umweltfreundliche Alternative“, so Klomparend. Jährlich verteile man deshalb rund 20.000 Stoffbeutel. Die nächsten Verteilaktionen sind 8. September in Bissingheim und am 9. September in Wedau geplant.
Standleiter: Ein komplett plastikfreier Wochenmarkt wäre nicht möglich
Komplett frei von Plastik ist der Wochenmarkt dadurch jedoch nicht. „Das wäre auch nicht möglich“, so Ghidio. „Es gibt Produkte, die einfach in Plastik frisch gehalten werden müssen, weil sie sonst an Feuchtigkeit verlieren“, sagt er und nennt einen Kopfsalat als Beispiel. Auch Lebensmittel wie Beeren oder Trauben liegen noch in Plastikverpackungen am Stand.
„Aber nur, damit sie über den Tag frisch bleiben“, erklärt der Markthändler. Den Kunden gebe man die Lebensmittel in einer Papiertüte mit. Die Plastikverpackungen spüle man anschließend aus und verwende sie wieder. „Seit zwei Jahren hängt hier auch ein großes Schild, dass die Kunden darum bittet, alte Eierkartons wieder mitzubringen“, so Ghidio. Die könne man nämlich bis zu 20 Mal verwenden, anstatt sie nach der ersten Verwendung wegzuschmeißen.