Duisburg. Politische Statements und Live-Musik von Punk bis Klezmer: So war das Festival der Vielen im Hochfelder Rheinpark am Wochenende.
Die Spätsommersonne taucht die großen Freiflächen und die langen Sichtachsen des Hochfelder Rheinparks in ein mildes Licht. Von einer Bühne donnern an diesem Samstagnachmittag Punk-Riffs. „Die schwarzen Schafe“ aus Düsseldorf sind eine von rund 20 Bands und DJ-Projekten, die an diesem Wochenende beim „Festival der Vielen“. auftreten. Viel Punk ist dabei, aber auch Hip Hop, Klezmer oder Elektro-Sounds.
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Von „Vielen“ kann zunächst vor der Bühne nicht die Rede sein. Nur ein paar Menschen suchen den direkten Kontakt mit der seit 1985 bestehenden Band aus der Landeshauptstadt. Und doch bleibt ihr Auftritt nicht unbeachtet. Es mögen doch ein paar Hundert Menschen sein, die den Auftritt der Band von den zahlreichen Bierbänken und zu Sitzgelegenheiten umfunktionierten Getränkekisten verfolgen.
Drei Tage Programm beim Festival der Vielen
Ohren und Augen in Richtung Bühne gewandt, blinzelt man entspannt in die Sonne. Zwischen dreißig und fünfzig Jahre alt dürfte das Gros der Besucherinnen und Besucher sein, ein paar Kinder wuseln herum.„Extrem entspannt“ und viel besser besucht als erwartet findet auch Lena Wiese die Atmosphäre. Sie gehört mit dem Verein „Solidarische Gesellschaft der Vielen (SGVD)“ zu den Initiatoren und Organisatoren des Festivals.
Zum ersten Mal haben sie ein selbstorganisiertes Programm über drei Tage bei freiem Eintritt auf die Beine gestellt. Der Verein, der vor allem Sozialberatung in Hochfeld macht, verfolgt mit dem Festival nicht nur kulturpolitische Ziele. Er fragt auch nach der Zukunft des Stadtteils vor dem Hintergrund der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027.
Sozial- und kulturpolitische Gruppen stellen ihre Ziele vor
Politik ist auf dem Festival tatsächlich unübersehbar. Zahlreiche sozial- und kulturpolitische Gruppen aus der Region stellen sich dar. Die „Antifaschistische Aktion“ gehört ebenso dazu wie eine kurdische Frauengruppe, die „Seebrücke“ ebenso wie die Mülheimer Kulturinitiative Makroscope. Aus Hochfeld ist der Stadtteilladen „Syntopia“ aus der Eigenstraße dabei. Von der Hausaufgabenhilfe über einen Umsonstladen bis hin zu Vorträgen reichten die Aktivitäten, berichtet ein junger Mann, der einfach nur Christoph genannt werden will.
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Ein paar Schritte weiter ist der Stand des Hochfelder Fahrradladens Schraubbar. Die besondere Liebe der Betreiber gehört alten Rennrädern und hier haben sie sich einen Ruf erarbeitet, der weit über die Region hinausgeht. Aber sie reparieren alle Fahrräder. „Nur keine E-Bikes“, betont ein „Schrauber“ mit dem Namen Sven.
Punk und Ska, karibische Momente und packende Tempi
Auf der Bühne geht das Programm weiter. Die „Ramonas“, eine britische Frauenpunkband, räumt richtig ab. Sie lassen die Punk-Heroen „Ramones“ wieder auferstehen, haben aber auch starke eigene Songs im Repertoire. Das seit 2004 bestehende Quartett spielt schnell, aggressiv, hart und mit packenden Tempowechseln. Sofort bauen sie mit Blicken und Gesten den Kontakt zu Publikum auf. Jetzt drängen sich einige Hundert Menschen vor der Bühne und der Festivalplatz füllt sich immer mehr. Am Sonntagabend werden die offiziellen Zahlen bekannt: Jeweils etwa 1000 Zuschauer waren am Freitag und Samstag dabei, am Sonntag knapp 500.
„Los Placebos“ übernehmen mit Ruhrgebiets-Ska die Bühne. Satte Bläsersätze, pumpende Offbeats und überwiegend gute Laune-Songs vermitteln karibische Roots. Dabei ist dieser Auftritt von einem Hauch Melancholie überlagert. Nach dem Tod ihres Bassisten soll das der letzte Auftritt der seit 1994 bestehenden Band sein. Inzwischen geht links von der Bühne die Sonne rotglühend unter und zaubert ein traumhaftes Farbenspiel auf Himmel und Wolken. Hochfeld kann richtig charmant sein.
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>>DAS SIND DIE ORGANISATOREN
- Das „Festival der Vielen“ wird vom Verein „Solidarische Gesellschaft der Vielen“ organisiert.
- Der an der St.-Johann-Straße 18 in Hochfeld ansässige Verein macht vor allem Sozialberatung für in Hochfeld lebende Roma aus Rumänien und Bulgarien. Nach Zwangsräumungen stehen diese Menschen oft am Ende ihrer legalen Existenz. Der Verein versucht dann, im Kontakt etwa mit dem Jobcenter, wieder eine legale Existenz aufzubauen.
- Gleichzeitig seien die Räume auch Wohnzimmer und Kulturzentrum, in denen Betroffene Gemeinsamkeit erfahren, skizziert Vereinsmitglied Lena Wiese das Konzept. Mehr unter https://sgdv.org