Duisburg-Hochfeld. Mit Punk, Weltmusik und Diskussionen wollen die Macher des „Fest der Vielen“ die Duisburger Kulturszene bereichern. Die Programmübersicht.
Das Duisburger „Fest der Vielen“, das im vergangenen Jahr an einem Tag im Hochfelder Rheinpark statt fand, mausert sich an diesem Wochenende zu einem ausgewachsenen Festival. Die ehrenamtlichen Organisatoren haben ein dreitägiges Musikprogramm auf die Beine gestellt. Zahlreiche Vereine und Initiativen aus dem Stadtteil beteiligen sich – und auch die Politik soll nicht zu kurz kommen, schließlich lautet das Motto „Umkämpfter Stadtteil – Geteilte Geschichten“. Von Punk bis zu folkloristischer Musik wird den Zuschauern eine große Bandbreite geboten – übrigens umsonst und draußen.
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„Wir wollen für ein Gefühl und eine Haltung der Verbundenheit werben. Es geht nicht nur um Solidarität unter Vertrauten und Freundinnen und Freunden, sondern um Solidarität über Klassen- und Kulturgrenzen hinweg“ haben sich die Ehrenamtler auf die Fahnen geschrieben. Zudem wolle man die Kulturszene von Duisburg mit einer musikalischen Farbe bereichern, die es in dieser Form bisher nicht gab.
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„Wir freuen uns“, sagt Mit-Organisatorin Lena Wiese vom „Verein für die solidarische Gesellschaft der Vielen“. Ein bisschen Aufregung sei auch dabei, schließlich arbeiten hinter den Kulissen rund 60 Menschen mit, um die drei Tage zu stemmen. Wer spontan Lust hat, kann sich auch an diesem Wochenende am Info-Point melden und mitmachen.
„Wir sind professionelle Amateure, es gehört dazu, dass vielleicht nicht alles glatt läuft“, bleibt Lena Wiese dennoch entspannt. Erklärtes Ziel ist übrigens, dass viele Leute aus Hochfeld, darunter auch Zugewanderte, das Fest besuchen. Ansonsten hoffen die Macher auf solidarischen Getränke-Konsum, denn jeder, der vor Ort etwas verzehrt, unterstützt damit das Festival.
Das Bühnen-Programm am Freitag im Rheinpark in Duisburg-Hochfeld
Los geht’s am Freitag um 17 Uhr mit ein paar DJ-Klängen. Um 18 Uhr übernimmt die Gruppe „Kavpersaz“ die Bühne. Das Quartett mit Musikern türkischer und kurdischer Herkunft schöpft aus dem Potenzial der anatolischen Musiktraditionen. Die Besucher können sich auf anspruchsvolle Kompositionen und traditionelle Instrumente freuen.
Hinter „The toten Crackhuren im Kofferraum“ steckt eine Berliner Pop-, Punk-, Elektroclash-Band. Der „familienunfreundliche Name“, um den sie selbst wissen, sollte nicht abschrecken. Um 19 Uhr beginnt ihr Konzert.
Als „Punkrocksensation aus dem Berlin des Ruhrgebiets (Duisburg)“ wird „Kruste“ angekündigt. Drei Männer, zwei Instrumente und drei Akkorde reichen, um die Zuschauer auf eine musikalische Zeitreise mitzunehmen. Die startet um 20.30 Uhr.
Casten Butterwegge samt Band ist ab 21.30 Uhr zu erleben. Der Musiker aus Duisburg hat jüngst eine Hommage an Alt-Punks gesungen und einst die Stilrichtung „Alkopop“ erfunden. Außerdem ist er immer wieder für das eine oder andere Schwätzchen auf der Bühne gut. Eine unterhaltsame Stunde ist garantiert.
Ab 23 Uhr steht der „Istanbul Ghetto Club“ auf der Bühne, und um 0 Uhr lässt der DJ Herr Bas den Abend ausklingen.
Hip-Hop und Punk: Gefeierte Künstlerinnen und Künstler am Samstag zu Gast
Um 15 Uhr eröffnet ein DJ im Rheinpark den zweiten Festivaltag. Um 16.30 Uhr beginnt das erste Konzert vom „Ensemble Noisten“. Auf der Basis des Klezmers kombiniert das Quartett prägende Elemente der jüdischen Klezmer-Musik mit anderen Musikrichtungen wie Flamenco, tamilischer und türkischer Musik, Klassik, Jazz und weiteren Einflüssen.
„Die schwarzen Schafe“, die ab 17.30 Uhr, übernehmen, gibt es bereits seit 1985. Für einige ist die Gruppe eine „der besten Punkbands überhaupt“ aus Düsseldorf. Sie wollen in Duisburg Midtempo-Punk mit Melodie und einem hohen Mitsingfaktor liefern.
„The Ramonas“ gründeten sich zu Ehren der Ramones im Jahr 2004. Kritiker bescheinigen ihnen, dass sie den Zauber der frühen Ramones einfangen – und obendrein sehen die Bandmitglieder auch noch viel besser aus als die Originale. Vollgas ab 18.30 Uhr garantiert.
Mit „Los Placebos“ steht wieder eine Gruppe mit Lokalkolorit auf der Bühne. Die Ska-Band aus dem Ruhrgebiet vermischt die ursprüngliche Ska-Musik mit Elementen aus Jazz, Pop, Punk und Soul. Die Musiker sind Anhänger des MSV Duisburg und verfassten mehrere Stücke für den Verein, darunter die Filmmusik zur Dokumentation „Meidericher Vizemeister“. Konzertbeginn: 19.45 Uhr.
Mit der deutsch-kurdischen Künstlerin Ebow wurde eine Rapperin verpflichtet, die von den Musikkritikern für ihr aktuelles Album „Canê“ gefeiert wird. Ebru Düzgün wurde 1990 als Enkelin türkischer Gastarbeiter in München geboren. Ihre Parole: „Ich will, dass Deutschrap femininer, queerer, experimenteller, mutiger wird. Wir kennen alle Storys, die gerappt werden. Ich will neue Storys hören, aus neuen Perspektiven mit neuen Einflüssen.“ Ab 21.15 Uhr steht sie auf der Bühne.
Numaqam ist ein Pseudonym von Gürsoy Tanc mit vielen Gesichtern und Formen: In live DJ Sets improvisieren die Musiker auf den Beats und Sounds mit Einfluss von verschiedenen Klangwelten Anatoliens und des Balkans, immer auch mit ein bisschen Reggae und Ragga, Dub und Ska gemischt. Zu erleben ab 22.45 Uhr.
Den Abend beendet der DJ Herr Bas. Er legt noch einmal um Mitternacht auf.
Politik und Pop-Punk am Sonntag
Das Programm am Sonntag beginnt um 15 Uhr mit DJ-Klängen. Ab 15.30 Uhr wird im Rheinpark debattiert. Jan Lemiz, Vertreter vom Netzwerk Hochfeld, betrachtet die Stadtentwicklungsperspektiven von Hochfeld mit Blick auf die IGA, der Schauspieler Patrick Dollas sagt „Unsere Armut kotzt uns an“. Amdrita Jakup vom Verein „Save Space“ und die Journalistin Gilda Horvath zeigen die Perspektiven der Roma auf. Außerdem wird ein Bewohner eines Hochfelder Hauses, das geräumt wurde, berichten, wie es ihm und seiner Familie danach ergangen ist.
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Ab 16.45 Uhr wird es wieder musikalisch. Der bulgarische Geiger Alex Xtra-Ta spielt rasante Musik. Er spielt und spielt, mit Tiefgang, Wehmut und Freude.
Ab 17.45 Uhr wird es wieder etwas lauter. Auch die Duisburger Pop-Punk-Band „The Flatulinees“ haben sich von den Ramones inspirieren lassen. Benannt nach Pupshelfern für kleine Kinder, produziert das Trio aber mitnichten nur heiße Luft, sondern hat sich eine große Fangemeinde erspielt.
„Die einzige Mafia, die die Welt braucht“ tritt ab 18.45 Uhr auf. 1989 wurde die „Microphone Mafia“ von einem Haufen 16- und 17-Jähriger in Köln-Flittard gegründet. Der Stadtteil im Kölner Nordosten im Schatten der Bayer-Werke ist die Heimat. „Ein Arbeiterstadtteil, kein Asi-Viertel, aber Reichtum wirst Du hier selten sehen. Wir sind keine Bürgerkinder, wir sind Proletenkinder, und wir sind sogar stolz darauf, denn wir mussten uns alles im Leben erkämpfen“, erinnern sich die Musiker, die seitdem mit ihren Hip-Hop-Klängen auf den Bühnen stehen.
Den Abend komplettieren um 19.45 Uhr „The Movement“ und ab 21.15 Uhr die Gruppe „HopStopBanda“, die sich mit ihrer Mischung aus osteuropäischen, lateinamerikanischen und jiddischen Musik in das Programm einfügt und das Festival groovend beschließen will.