Duisburg. Jedes fünfte Kind kommt in Deutschland mit leerem Magen zur Grundschule. In Duisburg sorgen Senioren für ein gesundes Frühstück. Wie das läuft.
Morgens um 6.45 Uhr an der Abteischule an der Jägerstraße 23a in Duisburg-Alt-Hamborn. Die Rentnerinnen Dagmar Kielczewski (61) und Monika Steck (72) sind bereits zum dritten Mal in dieser Woche früh auf den Beinen, um zu verhindern, dass in der ersten Schulstunde um 8.10 Uhr Kindermägen knurren. Nach Einschätzung des Hilfsvereins „brotZeit e.V.“ soll in Deutschland nämlich jedes dritte Grundschulkind ohne ein Frühstück zur Schule kommen.
Mithilfe der deutschlandweiten Organisation werden in Duisburg an 19 Grundschulen täglich vor Schulbeginn Vollkorn-, Graubrot, Äpfel und Gurken aufgeschnitten, Platten mit Käse, Geflügelwurst, Marmelade und Butter angerichtet sowie Tee und Kakao gekocht. Bevor die ersten Grundschulkinder ab 7.30 Uhr in der Mensa eintrudeln, werden von den Ehrenamtlern noch Joghurt, Honig, Müsli, Cornflakes und Säfte hinzugestellt.
In den darauffolgenden 40 Minuten wird hier weitaus mehr als nur das Hungerbedürfnis gestillt.
brotZeit in Duisburg: Die Stullen werden eigenständig am Platz geschmiert
Nach und nach treten bis zu 75 Kids ein, schnappen sich einen Teller und langen am kostenlosen Frühstücksbuffet zu. „Hey, nicht mit den Händen! Dafür liegt dort eine Gabel“, ermahnt Kielczewski einen Jungen, der gerade in den Brotkorb greifen will.
Die Brote werden von den Kindern eigenständig am Platz geschmiert. Wer für den Vormittag gestärkt ist, muss Teller, Tassen und Besteck anschließend wieder in die Küche bringen. „Das sieht ja profihaft aus“, lobt Steck eine Schülerin, die mehrere Teller und Tassen gleichzeitig zurück zur Küchenzeile balanciert.
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Die 72 Jahre alte Duisburgerin ist bereits seit neun Jahren bei dem Projekt „brotZeit“ mit dabei, das im Jahre 2008 von der Schauspielerin Uschi Glas ins Leben gerufen wurde. Steck und Kielczewski sind zwei von über 1500 „brotZeit“-Ehrenamtlern in Deutschland. „Auch unser Tag gewinnt dadurch wieder an Struktur“, sagt Kielczewski. „Außerdem macht es riesigen Spaß, hier mitzuhelfen.“ Bei der Arbeit lerne sie Menschen in ihrem Alter kennen und schließen neue Freundschaften. „Der Umgang mit den Kids hält uns fit“, fügt Steck hinzu.
Wo sonst, wenn nicht hier, würde sie die neusten Infos über die coolsten Fußballspieler oder Fernsehstars erfahren? Wer sonst, wenn nicht die Kids, würde sie jeden Morgen herzlich grüßen und anlächeln?
Helfer werden von den Kids „Tante- und Onkel-Brotzeit“ genannt
„Die Senioren sind ein fester Teil unseres Schullebens und stehen den Kindern sehr nah“, erklärt Katrin Elstermann, kommissarische Schulleiterin der Abteischule. Für die Kinder, von denen die Helferinnen und Helfern auch liebevoll Tante- oder Onkel-Brotzeit genannt werden, sei das Projekt eine „warme Angelegenheit“. „Abgesehen davon, dass sie was Gesundes in den Magen bekommen, lernen sie auch, wie es ist, morgens in Gemeinschaft zu essen“, so Elstermann.
Viele Kinder seien das Zusammensitzen am Tisch und eine morgendliche Frühstücksroutine von zu Hause nicht gewohnt.
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Nicht jedes Kind habe das Glück, jeden Morgen eine Pausenstulle dabei zu haben. Manchmal lande auch die Pizza vom Vortag oder das Schokocroissant vom Bäcker im Schultornister. Nun bevorzugen die meisten Kinder das gemeinsame Frühstück mit den Freunden. „Die Kinder sind begeistert vom Frühstücksangebot und erzählen ihren Eltern zu Hause davon“, erklärt die Schulleiterin. In einigen Familien sei das Frühstück nun am Wochenende neu eingeführt worden.
Es werden noch Freiwillige für brotZeit in Duisburg gesucht
„Unser Ansatz ist es jedoch nicht, die Eltern zu belehren, sondern für die Kinder zu sorgen“, erklärt Claudia Stappert, Regionalleiterin Nord von „brotZeit“. So sei die Hoffnung groß, dass die gesunde Morenroutine auch an die nächsten Generationen weitergegeben wird. Damit das kostenlose Frühstücksangebot bis dato weiterhin bestehen kann, werden in Duisburg und den umliegenden Städten immer wieder neue Ehrenamtler gesucht.
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Wer mindestens 55 Jahre alt ist, gerne mit Kindern umgeht und ein offenes Ohr für deren Sorgen hat, kann sich bei Projektleiterin Nadja Frauenhofer als Frühstückshelfer bewerben: 0179 3 66 8178, frauenhofer@brotzeit.schule. Interessierte sollten mindestens zweimal wöchentlich einen Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden vor Schulbeginn einkalkulieren. Die Frühstückshelfer arbeiten in einem Team, das pro Schule jeden Morgen zwischen 45 und 80 Kinder betreut.
>> Das Hilfsprojekt „brotZeit“: Seit Mai 2013 in Duisburg
- Deutschlandweit versorgt „brotZeit e.V.“ nach eigenen Angaben an mehr als 290 Schulen jeden Morgen Kinder mit einem Frühstück und unterstützen damit über 10.000 Kinder.
- In Duisburg ist der Verein seit Mai 2013 am Start.
- Die Firma Lidl spendet jährlich 450 Tonnen Lebensmittel für die Frühstücksversorgung. Grundschulen können aus einem großen Sortiment von 36 Lebensmitteln auswählen, was sie haben möchten.
- In NRW wird das Projekt vom Ministerium gefördert. Die Arbeit von „brotZeit“ finanziert sich außerdem durch Spendengelder.