Duisburg. 424 Wohnungen, rund 1200 Bewohner: Der City-Wohnpark am Rande von Duisburg-Hochfeld galt vor 50 Jahren als schick. So gefällt’s Mietern heute.

Der City-Wohnpark am Rande von Duisburg-Hochfeld galt vor 52 Jahren als todschicke Siedlung: Die Wohnungen modern geschnitten, die Innenstadt ganz in der Nähe. 424 Wohnungen zählt die Großwohnanlage, rund 1200 Erwachsene und Kinder leben hier. Anderswo wäre das ein ganzes Dorf. Doch das Umfeld hat sich in all den Jahren verändert – und damit ist nicht nur die Großbaustelle gemeint, die die Bewohner seit Monaten vor der Haustür haben. Einige klagen auch über die Nachbarschaft. Ein Besuch bei Helga Baensch und Bärbel Baranczak aus der Hausnummer 68.

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„Et is nicht mehr so schön. Ich kenne kaum noch jemanden und kann mich nicht mehr mit vielen unterhalten“, bedauert Helga Baensch. Sie gehörte zu den ersten, die hier einzogen. Es ist noch immer ihre erste Wohnung. „Es war ja damals nicht so einfach, etwas zu finden. Ich hab noch bei meinen Eltern gewohnt, aber es wurde Zeit. Ich war ja schon über 30“, erinnert sie sich zurück an die 1970er Jahre.

1200 Personen aus 40 Nationen wohnen im Duisburger City-Wohnpark

Die Wohnung, rund 60 Quadratmeter, sei gut aufgeteilt. Zwei Zimmer, Küche, Bad. Aus der Küche hat man einen Blick auf die anderen Häuser gegenüber. Es gibt einen Balkon. Das Wohnzimmer ist gemütlich eingerichtet. Blumen stehen auf dem Tisch. „Ich hab’ immer gedacht, hier bleibe ich wohnen und werde mit den Füßen zuerst herausgetragen. Aber jetzt habe ich so einen Ärger“, berichtet sie Dennis Ifkovitz von der Gebag.

Ständig würden Türen geknallt, Kinder seien laut und frech. Und wenn sie einmal was sage, müsse sie sich beschimpfen lassen. Nein, dass wolle sie nicht mehr. Sie überlege ernsthaft auszuziehen, vielleicht ein Stückchen mehr Richtung Neudorf oder gen Stadtsüden, wo es etwas ruhiger ist.

Sozial- und Quartiersmanager behält das Miteinander im Blick

Ifkovitz versucht zu beschwichtigen. „Um welche Nachbarn geht es denn?“, erkundigt er sich. Früher hat er selbst Wohnungen im City-Wohnpark vermietet und kümmert sich nun um das sogenannte Sozial- und Quartiersmanagement. „Für uns ist das Türenknallen alltäglich und eine Kleinigkeit, die wir in den Griff bekommen können, aber für die Mieter ist das sehr belastend“, kennt er die Reibereien.

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Menschen aus 40 Nationen sind hier Mieter. Zuletzt hat die Gebag verstärkt mit der Stadt kooperiert und Flüchtlinge untergebracht. „Die Bewohnerstruktur spiegelt den Charakter des Stadtteils, der mit über 58 Prozent den höchsten Ausländeranteil in ganz Duisburg verzeichnet“, weiß Ifkovitz. Ein paar Tage später teilt er mit: Mittlerweile habe der Integrationsbeauftragte der Siedlung mit den Nachbarn gesprochen. Es sei Ruhe eingekehrt in dem Haus und auch Frau Bänsch hat momentan keine Klagen mehr.

Blick über die Dächer der Stadt. Dabei sind die Wohnungen gar nicht so sehr gefragt wie die anderen Etagen, sagt Dennis Ifkovitz von der Gebag.
Blick über die Dächer der Stadt. Dabei sind die Wohnungen gar nicht so sehr gefragt wie die anderen Etagen, sagt Dennis Ifkovitz von der Gebag. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Früher sind sich die Mieter in einer der beliebten Club-Räume im Dachgeschoss begegnet. Dort wurde der eine oder andere Geburtstag gefeiert. Allerdings sind diese derzeit geschlossen – es fehlt ein Brandschutzkonzept für die oberste Etage. Neue Rettungswege einzurichten, ist kompliziert und teuer. Stattdessen gibt’s nun das sogenannte „Goldene Ei“ im Hof. Zahlreiche Verbände machen Angebote vor Ort, darunter Sprachkurse für Eltern, Kinderbetreuung von den „Flükids“, das Repaircafé Duisentrieb schraubt an alten Schätzchen und verlängert deren Leben. Außerdem gibt es ein Mieter-Café. All das soll den Zusammenhalt stärken.

Einblicke in Wohnkoloss- Leben im Duisburger „Affenfelsen“„Die Wohnungen waren eigentlich immer schnell weg. Die zentrale Lage ist beliebt“, schildert Ifkovitz. Das weiß auch Helga Baensch. „Ich war ja bei der AOK beschäftigt.“ Anfangs sei die Geschäftsstelle noch auf der Friedrich-Wilhelm-Straße gewesen, da konnte sie gut zu Fuß gehen. Als diese zur Falkstraße zog, war der Weg dennoch machbar. Die Leerstandsquote im City-Wohnpark liegt laut Ifkovitz momentan bei rund fünf Prozent. Das sei so vorgesehen, um die Wohnungen bei Mieterwechseln renovieren zu können. In einigen Bädern gibt es noch die Kacheln aus den 1970er Jahren.

Die Bauarbeiten am City-Wohnpark werden sich noch Jahre hinziehen und werden voraussichtlich 2026 abgeschlossen.
Die Bauarbeiten am City-Wohnpark werden sich noch Jahre hinziehen und werden voraussichtlich 2026 abgeschlossen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

23.000 Quadratmeter Fassade werden saniert und 2500 Fensterelemente ausgetauscht

Und nicht nur die Sanitäranlagen brauchen eine Erneuerung. Die Farbe an den Außenwänden ist ab. Die Häuser sind momentan Großbaustelle und werden in den nächsten Monaten nach und nach modernisiert. 23.000 Quadratmeter Fassade werden saniert und rund 2500 Fensterelemente ausgetauscht. „Wir fangen immer im Frühjahr an, damit wir nicht in den Winter kommen“, so Ifkovitz. Die Siedlung trotzt mit der Renovierung einem Landes-Trend – normalerweise werden Hochhäuser momentan eher abgerissen.

City-Wohnpark in Duisburg-Hochfeld soll grüner werdenDie Architekten Druschke & Großer haben den City-Wohnpark als „Wohnen im Park“ interpretiert. Die Fensterrahmen sind künftig braun, die Fassaden grün. Die Innenhöfe sollen ein erweitertes Wohnzimmer sein. Schon jetzt gibt es Angebote wie gemeinsames Gärtnern. Ein Imker hat Bienenvölker stationiert. „Ich bin froh, wenn die Baustelle vor der Tür endlich weg ist“, sagt Helga Bänsch. Dann ist das nächste Haus an der Reihe. Bis alles fertig ist, könnte es locker noch vier Jahre, bis 2026, dauern.

Bärbel Baranczak hat jeden Tag Gesellschaft von ihren Lieblingen. Jeden Morgen werden die Figuren auf dem Balkon drapiert.
Bärbel Baranczak hat jeden Tag Gesellschaft von ihren Lieblingen. Jeden Morgen werden die Figuren auf dem Balkon drapiert. © rr | f.P.

Auch Bärbel Baranczak ist froh, wenn die Baustelle bald weiterzieht. Andererseits kam schon der eine oder andere Arbeiter vorbei und sprach sie auf ihre tierischen Mitbewohner an, die sie jeden Tag auf der Balkonbrüstung aufbaut. „Ich war mal Tierpflegerin, das sind meine Lieblinge“, erzählt sie. Die Gefährlichen stehen hinten, die Harmlosen weiter vorne. Die Figuren leisten ihr Gesellschaft, wenn sie mit dem Laptop auf dem Balkon sitzt und eine Sendung schaut. „Mein Mann und ich sind hier von 15 Jahren eingezogen. Uns gefällt’s hier.“

>> Als Big Beautiful Building ausgezeichnet

So sah die Siedlung kurz nach dem Bau 1972 aus.
So sah die Siedlung kurz nach dem Bau 1972 aus. © RR | Stadtarchiv

Die Häuser im City-Wohnpark wurden zwischen 1969 und 1979 auf dem ehemaligen Grundstück der Firma Kiefer am Marientor erbaut. „Der City-Wohnpark sollte für eine Verdichtung der Stadtmitte und eine belebtere City sorgen“, heißt es vonseiten der Gebag. Die von Architekt Friedrich Krapoth entworfenen vier- bis achtgeschossigen Gebäude mit rund 30.000 Quadratmetern Wohnfläche stellten damals eine erhebliche Erweiterung des Wohnraumangebots der städtischen Wohnungsbaugesellschaft dar.

2018 ist der City-Wohnpark als sogenanntes „Big Beautiful Building“ ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung würdigt Gebäude, die gemeinhin nicht als schön empfunden werden, aber für eine wichtige Architektur-Epoche stehen.

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