Duisburg. Der 21. Juli ist der Gedenktag der Drogentoten. Davon hatte Duisburg im Jahr 2021 dramatisch mehr als zuvor zu beklagen. Eine Ursachensuche.

Die Zahl der Drogentoten in Duisburg ist im Jahr 2021 dramatisch gestiegen. 32 Menschen erlagen im Vorjahr „Überdosierung, Mischkonsum oder verunreinigten Substanzen“, bestätigt Dita Gomfers aus dem geschäftsführenden Vorstand des Suchthilfeverbunds Duisburg. Zum Vergleich: 2020 waren es noch 13 Menschen, 2019 sogar „nur“ acht. Das geht aus den Zahlen der Kriminalitätsstatistik der Duisburger Polizei hervor. Alkoholtote tauchen in dieser Statistik nicht auf.

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Genau so wenig wie Drogentote übrigens, die an den Langzeitfolgen ihrer Krankheit und nicht unmittelbar beim Konsum sterben. „Die Dunkelziffer dürfte also wesentlich höher sein“, vermutet Gomfers. Auch sie ist schockiert ob des dramatischen Anstiegs der Toten durch harte Drogen wie Heroin. Die nahe liegende Erklärung – Folgen der Corona-Pandemie – könnte laut der Geschäftsführerin zumindest bedingten Einfluss gehabt haben.

Drogentote: Woher kommen die vielen neuen Duisburger Todesopfer?

„Viele Einrichtungen waren geschlossen, wir waren die Einzigen, die durchgängig offen hatten“, erinnert sie sich. „Ich habe gehört, dass es Fälle von betreutem Wohnen gab, bei denen die Betreuung nur noch telefonisch stattgefunden hat. Man ist nicht mehr in die Wohnungen reingekommen.“ Noch dazu sind etliche Menschen auch nicht mehr zu ihren Terminen bei der Suchtberatung gekommen. „Die hatten dann zum Beispiel Angst, sich zu infizieren. Manche haben sich gar nicht mehr aus der Wohnung getraut.“

Ein weiterer möglicher Grund für den sprunghaften Anstieg der Drogentoten in der Stadt: die gestiegene Drogenkriminalität, die schlicht die Quantität der Drogen auf dem Markt bedingt.

So heißt es im Kriminalitätsbericht der Polizei Duisburg für das Jahr 2021, dass „vermehrte Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Postversand“ eingeleitet wurden. Die Polizei nennt diese Entwicklung, bei der Drogen über das Internet und das Darknet vertrieben werden, „auffällig“.

In Zahlen stellt die Polizei fest, dass im Jahr 2021 insgesamt 2872 Rauschgiftverfahren bearbeitet wurden – 35 Prozent mehr als 2020. Die Aufklärungsquote ist gesunken, wenn auch nur gering. Zwar, so ergänzt der Bericht, machten Verstöße im Zusammenhang mit Cannabis nach wie vor den größten Teil der Delikte aus. Auffällig sei jedoch, dass „auch andere Drogenarten eine stark ansteigende Tendenz aufweisen, insbesondere Kokain und Amphetamin.“

Mehrere Drogen-Hotspots in Duisburg

Außerdem ermittelten die Kommissionen „Mokka“ und „Onkel“ im ersten Quartal 2021 jeweils gegen Tätergruppen der Drogenkriminalität. Auch diese Tatsache bezeichnet der Kriminalitätsbericht als besonders erwähnenswert.

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Wie kann Duisburg dieser Entwicklung nun entgegenwirken? Zunächst einmal mit einem Drogenkonsumraum, zumindest, wenn es nach Dita Gomfers geht. „Da arbeiten wir seit Jahren dran“, erklärt sie. „Wir bekommen Anrufe über Menschen, die in der Öffentlichkeit konsumieren. Aber wo sollen wir die denn hinschicken?“

Als Hotspots der Fixer nennt die Expertin zum Beispiel, wenig überraschend, den Kantpark, aber auch das alte St. Vincenz Hospital im Dellviertel. Auch hier versucht der Verbund zu helfen: Schon bald gehen Mitarbeiter mit einer Substitutionsärztin durch den Kantpark, sozusagen um „Werbung“ für ein Substitutionsmedikament zu machen.

Der Kampf gegen die Drogentode braucht Öffentlichkeit – und Geld

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Auch wichtig: die öffentliche Wahrnehmung. Der 21. Juli ist der internationale Gedenktag der Drogentoten. Im Zuge dieses Tages weisen die Aidshilfe Duisburg/Kreis Wesel, der Suchthilfeverbund und der JES (Junkies, Ehemalige und Substituierte) Duisburg gemeinsam darauf hin, was es bereits für Hilfsangebote in der Stadt gibt – und was noch getan werden müsste. So stehen etwa Spritzenautomaten bereit, in der Szene werden saubere Konsumutensilien verteilt und medizinische Angebote werden gemacht.

Auch das St. Vincenz Hospital im Dellviertel ist mit den Jahren zu einem Hotspot der Duisburger Drogenszene geworden.
Auch das St. Vincenz Hospital im Dellviertel ist mit den Jahren zu einem Hotspot der Duisburger Drogenszene geworden. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Wir müssen bestehende Angebote der Aids- und Drogenhilfe dringend finanziell absichern, ausbauen und weiterentwickeln“, mahnt Lisa-Marie Kröll vom Suchthilfeverbund. Konkret bezieht sie sich auf den angesprochenen Drogenkonsumraum, aber auch auf mehr Personal für Streetwork und sogenannte „aufsuchende Arbeit“. Gerade jetzt brauche es ein deutliches „Mehr“ an Angeboten, weil die Pandemie die Problemlage bei vielen Menschen verschärft habe – so wie es auch die Zahlen in Duisburg anscheinend belegen.

>> SUCHTHILFEVERBUND DUISBURG: KONTAKT UND STATISTIK

  • Auch NRW-weit wurden nach Angaben des Suchthilfeverbundes 2021 deutlich mehr Drogentote gezählt. 693 Menschen seien demnach im Bundesland an den Folgen ihres Drogenkonsums verstorben. Zuletzt sei diese Zahl vor 30 Jahren so hoch gewesen: „Im Vergleich zum Jahr 2020, in dem nicht zuletzt durch den coronabedingt verschlechterten Zugang zu Hilfsangeboten mehr Menschen als zuvor verstorben waren, bedeutet dies nochmals ein Plus von 73 Prozent.“
  • Mehr über den Suchthilfeverbund Duisburg gibt es im Internet unter suchthilfeverbund-duisburg.de. Dort wird auch fündig, wer für sich selbst oder für andere Hilfe sucht.
  • 2021 hat der Suchthilfeverbund insgesamt 1462 Menschen in Duisburg beraten und betreut, heißt es im Jahresbericht des Verbunds.
  • Allein im Kantpark kamen die Helfer 2498-mal mit Drogenkonsumenten in Kontakt. In 1195 Fällen ließen sich die Angesprochenen laut Verbund auf verschiedene Arten helfen.