Duisburg. Duisburg ist Gastgeber einer großen Konferenz der Aidshilfe. Dabei wird deutlich: HIV-Infizierte werden im Alltag immer noch diskriminiert.
In der Regel findet die Konferenz „Positive Begegnungen“ der Deutschen Aidshilfe alle zwei Jahre statt. Corona und die Einschränkungen haben aber auch hier die Planungen über den Haufen geworfen. Die letzten „Positiven Begegnungen“ fanden 2018 in Stuttgart statt, 2020 konnte die Zusammenkunft aus den bekannten Gründen nicht stattfinden. An diesem Wochenende ist das Treffen endlich wieder möglich. Gastgeber ist die Aidshilfe Duisburg, die auch den Kreis Wesel betreut.
Knapp 400 Teilnehmer sollen von Donnerstag bis Sonntag in den Räumen der Mercatorhalle miteinander diskutieren, Erfahrungen austauschen und Gemeinschaft erleben. Die Veranstaltung wird mittlerweile zum 21. Mal durchgeführt, dabei sind in diesem Jahr auch Betroffene aus der Ukraine, die sich derzeit als Geflüchtete in Deutschland aufhalten. Schirmherrin ist Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
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Die Duisburger Begegnungen stehen unter dem Leitmotiv „Gemeinsam Unterschiede feiern – sichtbar, streitbar, stark“ und sollen in der Region öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen, die Selbsthilfearbeit darstellen und neue Impulse setzen.
Neue Impulse erhoffen die Organisatoren von den Diskussions- und Arbeitsgruppen, die sich an den Konferenztagen nach dem „Open-Space“-Format organisieren. Heike Gronski von der Deutschen Aidshilfe erläutert das Prinzip: „Es gibt keine Vorgaben, jeder kann eigene Themen einbringen. So finden sich Gruppen zusammen, die bestimmten Themen ihre Aufmerksamkeit widmen. Auf diese Weise wird die ganze Vielfalt der Aids-Problematik abgebildet.“
Konferenz in Duisburg: HIV-Infizierte werden immer noch diskriminiert
Die Verantwortlichen machen deutlich: Infizierte sind auch im Jahr 2022 immer noch mit offener oder unterschwelliger Diskriminierung konfrontiert. Rund 91.000 Menschen leben aktuell mit HIV. Dank des medizinischen Fortschritts haben früh behandelte Infizierte heute eine ganz normale Lebenserwartung. Heike Gronski erläutert, dass die Diskriminierung auf vielfältige Weise geschieht: „Das fängt bei unangemessenen Fragestellungen bei Einstellungsgesprächen an, setzt sich oftmals auch bei der ärztlichen Behandlung fort und geht bis zu Kontaktabbrüchen im privaten Bereich.“
Lilian Petry vom Organisationsteam, die aus Uganda stammt und schon lange in Deutschland lebt, kennt aus eigener Erfahrung noch die Steigerungsform: „Wenn man infiziert ist und dann noch eine schwarze Hautfarbe hat, spürt man die Ressentiments besonders deutlich.“ Winfried Holz, Vorstand der Deutschen Aidshilfe, machte auf ein weiteres Problem aufmerksam, das in den letzten Jahren deutlich geworden ist: „Bezüglich der medizinischen Versorgung geflüchteter Menschen besteht Handlungsbedarf. Wir brauchen eine vollwertige medizinische Versorgung für alle Menschen, unabhängig von der Staatsbürgerschaft oder dem Aufenthaltsstatus. Menschen ohne Aufenthaltspapiere zum Beispiel haben oft keinen Zugang zum Medizinsystem. Die Folge sind vermeidbare Aids-Erkrankungen.“
Marie Schellwat, als lokale Geschäftsführerin der Aidshilfe für Duisburg und den Kreis Wesel zuständig, blickt kritisch auf die Lücken in der ärztlichen Versorgung in der von ihr betreuten Region: „In Duisburg gibt es nur noch einen HIV-Schwerpunktarzt. Wir benötigen dringend eine Perspektive für die ärztliche Versorgung HIV-positiver Menschen. Ein weiteres Problem ist die Unterfinanzierung der örtlichen Aidshilfe, das betrifft auch andere Städte in NRW.“
Bärbel Bas bringt in ihrem Grußwort die aktuelle Situation auf den Punkt: „Wir brauchen mehr Wissen über neue Therapie- und Schutzmöglichkeiten. Wir müssen ein realistisches Bild vom Leben mit HIV vermitteln und mit überholten Vorstellungen aufräumen.“
>>Demo am Samstag
- Am Samstag um 16 Uhr findet im Rahmen der „Positiven Begegnungen“ ein Demonstrationszug durch die Innenstadt statt. Die Abschlusskundgebung beginnt um 17 Uhr vor der Mercatorhalle.
- Die Deutsche Aidshilfe e.V. (DAH) ist ein als Verein organisierter Dachverband von etwa 120 regionalen Mitgliedsorganisationen und Einrichtungen in Deutschland, der sich für Menschen mit HIV/AIDS einsetzt und deren Interessen gegenüber Politik, Wissenschaft und medizinischer Forschung vertritt.