Duisburg-Dellviertel. Nach Monaten des Stillstandes wird das alte St. Vincenz-Hospital in Duisburg nun gesichert. So soll es mit dem neuen Wohnquartier weitergehen.

Nach Monate langem Stillstand auf dem Gelände des ehemaligen St. Vincenz-Hospitals im Duisburger Dellviertel, soll sich nun etwas tun. Endlich, werden einige Nachbarn aufatmen, die in der Vergangenheit vor allem über Einbrüche, illegale Partys und einen neuen Drogenumschlagplatz rund um das Krankenhaus an der Pappendelle klagten. Um sich vor unliebsamem Publikum zu schützen, lässt der Projektentwickler, die „Fokus Development AG“, nun schwere Bleche vor den Fenstern im Erdgeschoss anbringen.

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„Wir haben in den vergangenen Monaten viel Geld in die Hand genommen, um das Gebäude zu sichern“, berichtete „Fokus“-Geschäftsführer Axel Funke jüngst bei einer Veranstaltung der CDU-Mittelstandsvereinigung. Projektleiter Andrej Pomtow, Vorstandsmitglied von „Fokus“, wird im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich: „Das Problem sind gar nicht so sehr die einzelnen Obdachlosen, die sich dort einen geschützten Schlafplatz suchen. Jugendliche haben nachts Gothic-Partys auf den Fluren gefeiert. Vieles ist zerstört worden. Kabeldiebe haben Material mitgenommen.“

Bei ihm auf dem Schreibtisch stapelten sich die Anzeigen. Auf Nachfrage bestätigt die Polizei Duisburg, dass insgesamt 17 Anzeigen im Zusammenhang mit dem Objekt St. Vincenz geschrieben worden seien. Noch öfter habe man nach Hinweisen aber niemanden mehr angetroffen.

350 Wohnungen sollen in drei Abschnitten im Duisburger Dellviertel entstehen

Die Gebäude des St. Vincenz-Hospitals stehen schon seit Jahren leer. Mit den sichtbaren Arbeiten soll aber in absehbarer Zeit begonnen werden. Hier ein Bild aus dem Jahr 2019.
Die Gebäude des St. Vincenz-Hospitals stehen schon seit Jahren leer. Mit den sichtbaren Arbeiten soll aber in absehbarer Zeit begonnen werden. Hier ein Bild aus dem Jahr 2019. © FUNKE Foto Services | Foto: Lars Fröhlich

Und wenn der Bauzaun rund um das 15.500 Quadratmeter große Gelände kurzzeitig wieder geschlossen wurde, suchten sich diejenigen, die einsteigen wollten, wieder andere Wege. „Das ist ein Katz-und-Maus-Spiel“, so Pomtow. Zunächst hatten noch Gruppen der Katholischen Grundschule Goldstraße einen Teil des Geländes genutzt und somit für ein bisschen Leben gesorgt. Nun habe man sich entschieden, die Fenster zu verschließen. „Wir haben lange versucht, dies zu verhindern, so etwas macht ja in der Außenwirkung keinen guten Eindruck“, weiß Pomtow.

Doch auch die geplante Bebauung nehme nun wieder Fahrt auf. 2019 war das neue Wohnquartier St. Vincenz eines der Mega-Projekte, das die Stadt auf der Messe Expo Real vorstellte. 350 neue Wohnungen sollen in drei Abschnitten entstehen.

Der erste Abschnitt bezieht sich auf das ehemalige Schwesternwohnheim. Der zweite liegt gegenüber vom Hospital und umfasst den Parkplatz. Der dritte ist dann das denkmalgeschützte Krankenhaus selbst. „Wir sind ein paar Mal mit Mitarbeitern der Denkmalbehörde drin gewesen und die waren erschüttert, wie wenig mittlerweile nur noch erhalten geblieben ist.“ Dabei, erklärt Pomtow, sei mit dem Krankenhaus, erbaut im neogotischen Stil, medizinisch und architektonisch Geschichte geschrieben worden.

Papst Pius IX. spendete für den Neubau des St. Vincenz

Eine historische Postkarte zeigt, wie prachtvoll das Gebäude früher einmal aussah.
Eine historische Postkarte zeigt, wie prachtvoll das Gebäude früher einmal aussah. © Foto: Zeitzeugen Börse Duisburg/ Fokus Development

In der Denkmalliste der Stadt ist genau vermerkt, was das Haus so besonders machte. Das katholische Hospital ging nach schriftlichen Berichten aus einer Stiftung des Pfarrers der Gemeinde Liebfrauen, Peter Hinrich Hollen sowie einer katholischen Familie aus Duissern, hervor. Am 30. April 1857 wurde in einem Privathaus an der Brüderstraße nahe der Minoritenkirche ein provisorisches Hospital mit 18 Betten eingerichtet. Weitere Spenden, etwa durch Papst Pius IX., ermöglichten dann den Neubau.

Am 7. August 1860 erfolgte die Grundsteinlegung. Das Gebiet lag damals außerhalb der Stadtmauer. Die Weihe mit 50 Krankenbetten erfolgte dann am 13. Oktober 1861 nach Plänen von Vincenz Statz. Die Krankenbetreuung übernahmen Klemensschwestern aus Münster. 1882 und 1888 gab es die ersten Erweiterungsbauten. Es folgten viele weitere. „Die Anschubfinanzierung für die neuen Flügel wurde 1897 durch einen mit großem Aufwand gefeierten, öffentlichen Bazar in der Städtischen Tonhalle erreicht“ – so kann man es im Stadtarchiv nachlesen. Auf diese Weise konnten drei Flügel nach Norden und zwei Flügel nach Süden entstehen, außerdem ein drittes Geschoss.

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In den Unterlagen, die noch im Archiv der Stadt zu finden sind, wird darauf verwiesen, dass mit den neuen Flügeln eine Kombination aus Pavillon- und Korridorsystem eingerichtet wurde – dies waren damals viel diskutierte Lösungen für den modernen Krankenhausbau. 1906/07 kam ein sogenannter „Absonderungsflügel für Seuchenkranke“, also Personen, die an Diphtherie, Typhus und Cholera erkrankt waren, hinzu.

Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg

Es folgten viele weitere Um- und Anbauten. 1940-45 war das Krankenhaus enteignet und wurde, nach einigen Unterbrechungen, als Städtisches Krankenhaus weitergeführt. 1944 zerstörten Bombenangriffe weite Teile des Baukomplexes, überwiegend im südlichen Bereich. 1947 wurde ein Antrag auf den Wiederaufbau gestellt, doch erst 1950 wurde dieser genehmigt. Der Schlussabnahme 1952 folgten Nachbesserungen bis 1958. 1956 wurde eine Leichenhalle samt Sezierraum im Erdgeschoss der Kapelle eingerichtet, ein Jahr später ein Röntgenraum im Untergeschoss. Pläne in den 1970er Jahren, an der Wintgensstraße neu zu bauen, werden nicht weiter verfolgt. Stattdessen wird weiter ausgebessert.

„Wirklich viele Duisburger haben einen Bezug zu dem Objekt. Weil sie dort selbst behandelt wurden oder vielleicht jemand aus der Familie“, kennt Andrej Pomtow zahlreiche Geschichten, die sich um das St. Vincenz ranken. Versorgt wurden grundsätzlich alle, allerdings gab es eine Drei-Klassen-Medizin. Für seine zentrale Lage sei es verhältnismäßig ruhig und grün gewesen. Daraus wollen die Planer nun Kapital schlagen und versprechen sich ein enormes Potenzial bei der Vermarktung.

Bis zum Frühjahr 2017 hat Helios das Hospital betrieben, dann zog auch die noch verbliebene psychiatrische Abteilung zur Marien Klinik nach Hochfeld. Im Oktober 2018 übergab Helios an den Vermieter, das Bistum Essen. Dieser verkaufte das Haus schließlich an den Projektentwickler.

Veränderte Marktlage: Keine Eigentumswohnungen mehr vorgesehen

Eine Visualisierung, wie das St. Vincenz Quartier aussehen könnte.
Eine Visualisierung, wie das St. Vincenz Quartier aussehen könnte. © RR | Visualisierung: Fokus Development

Mittlerweile hat „Fokus“ seine Pläne für das Areal im Dellviertel modifiziert. „Wir werden nur noch Wohnungen zur Miete anbieten und haben dem Markt entsprechend die Grundrisse angepasst. Es werden etwas mehr kleinere Wohnungen entstehen“, sagt Pomtow. Damit wolle man den Bedürfnissen des Marktes Rechnung tragen.

Trotz zahlreicher weiterer Bau-Projekte wie Sechs-Seen-Wedau oder dem Mercatorquartier sehe er nach wie vor großes Potenzial für das St. Vincenz-Quartier. „Ein Gebiet, das urban ist, nah zur Innenstadt liegt, mit Autobahn und ÖPNV eine gute Anbindung hat, recht ruhig liegt, aber auch Kneipen vor der Haustür hat, suchen sie in Düsseldorf längst vergeblich.“

Andrej Pomtow, Vorstandsmitglied bei „Fokus Development“, betreut das Projekt „St. Vincenz“.
Andrej Pomtow, Vorstandsmitglied bei „Fokus Development“, betreut das Projekt „St. Vincenz“. © RR | Foto: Fokus Development

Grundsätzlich sei das Thema „Vermietung“ für Fokus nicht neu. Der Anbieter, der zum Beispiel auch die Torhäuser an der Düsseldorfer Straße in Duisburg realisiert, kombiniert in anderen Städten etwa Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss und Wohnungen in den darüber liegenden Etagen: „Bei der aktuellen Entwicklung in den Innenstädten muss man sich was einfallen lassen.“

Mit den sichtbaren Arbeiten im Bereich des Schwesternwohnheims soll im ersten Quartal 2022 begonnen werden. Nach Rücksprache mit dem Beirat für Stadtgestaltung habe man sich für eine moderne Fassadengestaltung bei den Neubauten entschlossen, „damit der Altbau noch mehr hervortreten kann.“

>>Fokus Development seit vielen Jahren in Duisburg tätig

  • Die Fokus Development AG hat ihren Sitz im Duisburger Wasserviertel. Geschäftsführer Axel Funke und Vorstandsmitglied Andrej Pomtow sind schon viele Jahre in Duisburg tätig und haben beispielsweise die Königsgalerie und das Forum in Duisburg gebaut, allerdings damals noch unter der Flagge von „Multi Development“.
  • Derzeit laufen viele Diskussionen, wie sich die Innenstadt nach Corona entwickeln soll. Das Thema Wohnen soll künftig eine größere Rolle spielen. Wirtschaftsdezernent Andree Haack schlug bei einer Veranstaltung unlängst vor, die City in „unterschiedlichen Quartieren“ zu denken. Auch für die Duisburger Altstadt wird derzeit ein neues Integriertes Handlungskonzept erarbeitet.