Duisburg. Nur 297 Frauen waren 2021 in Duisburg als Sexarbeiterinnen angemeldet – das entspricht einem Minus von 30 Prozent. So beschreiben sie die Lage.

Die Corona-Pandemie hatte in Duisburg auch Auswirkungen auf das älteste Gewerbe der Welt: Das Land NRW hat erhoben, dass die Zahl der angemeldeten Prostituierten um 30 Prozent gesunken ist. Waren es 2020 noch 424 Damen, wurden für 2021 nur 297 Anmeldungen in Duisburg gezählt. Die Zahlen umfassen Erstanmeldungen und Arbeits-Verlängerungen nach dem Prostituiertenschutzgesetz. Die Stadt bestätigt die Angaben, die sie jeweils zum Jahresende selbst an das Land NRW meldet.

Hört man sich allerdings bei den Frauen rund um die Vulkanstraße um, bekommt man überraschende Antworten. „Ich habe den Eindruck, dass es noch mehr als 30 Prozent sind, die hier nicht mehr zu finden sind“, erklärt eine Betreiberin, die an der Charlottenstraße Zimmer vermietet. Die meisten seien wohl in Wohnungen abgewandert und sparten sich nun die Miete für ein Zimmer.

Viele Duisburger Prostituierte können oder wollen sich die Zimmer-Miete nicht leisten

Für viele ist die Lage prekär. Um sich die Tagesmiete in Höhe von teilweise 110 Euro leisten zu können, brauchen sie mehrere Freier. Doch auch bei denen sitzt das Geld nach Corona und in Zeiten hoher Inflation nicht mehr so locker. Traditionell ist es im Sommer im Rotlicht-Milieu ohnehin etwas ruhiger. Viele Frauen, die an der Vulkan- und Charlottenstraße arbeiten, stammen aus Rumänien und Bulgarien. Die meisten von ihnen sind während des Corona-Lockdowns zurückgekehrt. „Aber abends ist hier auch nicht mehr viel los“, beschreibt eine.

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Hinzu kommt: Sex-Arbeit war während der Lockdowns verboten. Stattdessen boten einige ihre Dienste im Internet an, Treffen fanden privat statt. Später, als die Bordelle wieder öffnen durften, brauchten die Frauen PCR-Tests und die Männer mussten für die Kontaktnachverfolgung ihre Daten hinterlassen. „Viele stellen sich lieber wieder auf die Straße an der Monning“, berichtete einer der Hausbesitzer seinerzeit. In den Häusern im Rotlichtviertel „wird auf Hygiene geachtet und darauf, dass alle Regeln eingehalten werden.“ Er kritisierte die Stadt, die nicht genügend Kontrollen durchgeführt habe.

Stadt Duisburg hat während Corona 110 Verstöße im Bereich Wohnungsprostitution festgestellt

Ein Stadtsprecher widerspricht nun auf Nachfrage unserer Redaktion: „Die Örtlichkeit wurde regelmäßig, teilweise sogar mehrfach in der Woche, kontrolliert.“ Auch der Bereich Wohnungsprostitution sei von der Stadt in den vergangenen Jahren „intensiv kontrolliert“ worden: „So konnten insgesamt ca. 110 Verstöße festgestellt werden.“ Der Rückgang von 30 Prozent sei wohl mit den Arbeitsverboten zu erklären. „Von März 2020 bis September 2021 stand den Frauen eine Sozialarbeiterin zur Seite. Angeboten wurden unter anderem Selbsttests für sexuell übertragbare Krankheiten, aber auch Hilfestellungen in anderen Belangen, etwa bei sozialrechtlichen Fragen“, heißt es von Seiten der Stadt.

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Das schlägt sich übrigens auch in den Sexsteuereinnahmen wider, die die Stadt seit 2010 erhebt. Die Erträge aus der Sexsteuer beliefen sich 2019 auf rund 605.000 Euro, gingen 2020 auf etwa 238.000 Euro zurück und stiegen 2021 wieder auf 312.000 Euro an.

Ob sich die Situation im Herbst wieder verbessert? Die Bordellbetreiberin von der Charlottenstraße ist skeptisch: „Wenn man sich die Corona-Zahlen anschaut – wer weiß, was uns dann in den nächsten Monaten wieder erwartet.“

>> Verband schlug während Corona Alarm

Während der Corona-Pandemie haben Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, die sich im „Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V“ engagieren, in Duisburg eine Pressekonferenz gegeben, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Der Verband wurde 2013 von einer Gruppe von Sexarbeiterinnen gegründet.

Bundesweit sind etwa 600 Personen Mitglied, darunter auch Vertreterinnen und Vertreter des „Alten Bizarren Bahnhof“ in Duisburg. Wer an der Vulkan- oder Charlottenstraße arbeitet, ist in der Regel eher nicht organisiert.