Duisburg. Sex-Arbeit ist in der Corona-Krise in Duisburg verboten. Das Geschäft verlagert sich ins Internet. Die Situation für Prostituierte ist prekär.
In der Corona-Krise sind Bordelle in Duisburg geschlossen. Für Prostituierte gilt zurzeit ein Berufsverbot. Auch Hausbesuche, Treffen im Auto oder in Terminwohnungen sind gegen Bezahlung tabu. Bürger- und Ordnungsamt der Stadt kontrollieren, ob das Verbot eingehalten wird. Dass sich nicht alle Sexarbeiterinnen an die Regeln halten, zeigen nicht nur die durch das Ordnungsamt registrierten Verstöße, sondern auch ein Blick ins Internet.
Das Ordnungsamt in Duisburg hat bisher in vier Fällen illegal weitergeführte Prostitution feststellen können, wie die Stadt auf Nachfrage mitteilt. Die Sex-Dienstleistungen wurden in Wohnungen angeboten. Die Frauen erwarte ein Bußgeld von 5000 Euro.
Prostitution in Duisburg: Frauen bieten in Zeiten von Corona Sex-Dienste im Internet an
Dass es weiterhin bezahlten Sex in Duisburg gibt, zeigt auch ein Blick ins Internet. Auf Anzeigenportalen wird Sex gegen Geld angeboten. Die Frauen zeigen sich leicht bekleidet, sprechen etwa von ihren „langen Beinen und vollen Lippen“ und geben zum Teil minutengenau die Preise für Dienstleistungen an. Treffen sind in der Wohnung, zum Teil im Auto möglich.
Kontakt aufgenommen werden kann per Telefonnummer oder Direktnachricht. Manche der Anzeigen wurden in kürzester Zeit über 10.000 Mal angeklickt – und manche sind erst nach dem Bordellverbot geschaltet worden.
„Mogelpackung“ Bordellschließung – Kontaktaufnahme im Internet
Die Frauenhilfsorganisation Solwodi, die in Duisburg eine Beratungsstelle betreibt, sieht die Schließung der Bordelle in der Corona-Krise als „Mogelpackung“ an. Einige Betreiber, so der Verein für Frauen in Not, bringen die Sexarbeiterinnen seit der Schließung der Bordelle in Privatwohnungen, um sie dort weiter zu vermarkten. „Die Bordellbetreiber wollen Geld mit den Frauen machen – die lassen sich ihr Geschäft nicht von Corona vermiesen“, glaubt Vorsitzende und Ordensfrau Lea Ackermann.
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Johanna Weber, Vorstand des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) und selbst als Sexarbeiterin tätig, registriert für die Branche in Zeiten von Corona eine „Verlagerung ins Internet“. Gleichzeitig gebe es aber auch viele Frauen, die sich „sehr vernünftig verhalten“ und das Berufsverbot ernstnehmen. Das wird auch im Internet deutlich: Manche Frauen aus Duisburg haben ihre Anzeigen mit Hinweis auf das Coronavirus deaktiviert.
Prostitution in Zeiten von Corona: Freier drücken Preise und erpressen Handlungen
Warum andere Sexarbeiterinnen weiterhin ihren Körper anbieten – trotz des auch für ihr eigenes Leben steigenden Risikos der Arbeitsausübung? Viele wissen sich nicht anders zu helfen, erklärt der BesD. Ein hoher Anteil der Sexarbeiterinnen lebe von der Hand in den Mund. „Viele sind nicht krankenversichert, nicht angemeldet, haben keine Aufenthaltsberechtigung, oder sind von Armut betroffen.“ Aufgrund des Arbeitsverbots und der rückgehenden Nachfrage würden diese Menschen jetzt um ihr Überleben kämpfen.
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Das wissen auch Freier: „Einige Kunden nutzen die Lage der Sexarbeiterinnen aus – sie wissen um deren Not und drücken die Preise oder versuchen, normalerweise nicht angebotene Leistungen zu erpressen“, sagt Weber. Die Zustände in der Prostitution, so bestätigen es Sexarbeiterin und Missionsschwester, sind in der jetzigen Situation für die Frauen prekärer als zuvor.
Viele Frauen haben keinen Anspruch auf staatliche Hilfen
Zwar konnten auch einige Frauen staatliche Hilfen in Anspruch nehmen, viele gingen aber leer aus. „Sie haben keinen festen Wohnsitz in Deutschland“ und somit keine Leistungsansprüche, erklärt Weber. Sie wandern zum Arbeiten von einer Terminwohnung zur nächsten, wo sie dann in der Regel in separaten Zimmern auch wohnen können.
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Manchen Frauen sei nun die Wohnmöglichkeit in Bordellen weggebrochen, stellt Solwodi in Beratungsgesprächen fest. „Die Frauen sind wohn- und mittellos“, sagt Schwester Lea Ackermann. „Sie kommen zu uns, weil sie sich zum Teil nicht mal mehr Lebensmittel kaufen können.“
Gestiegene Gefahr für Sexarbeiterinnen
Der finanzielle Druck zwingt Frauen weiterzuarbeiten, sagt Weber. „Nicht im Bordell, sondern mit Hausbesuchen“, was für die Frauen eine zusätzliche Gefahr darstelle. „Das Bordell ist ein sicherer Arbeitsplatz. Kunden wissen, hier bin ich nicht alleine.“ Um Sexarbeiterinnen finanziell zu unterstützen, die durch alle Netze fallen und keinen Anspruch auf staatliche Hilfen haben, hat der Berufsverband einen auf Spenden basierten Nothilfefond ins Leben gerufen. Weitere Infos: www.berufsverband-sexarbeit.de
662 gemeldete Sexarbeiterinnen in Duisburg
• Aktuell sind 662 Sexarbeiterinnen in Duisburg gemeldet. Wo sich die angemeldeten Sexarbeiterinnen aufhalten, dazu liegen der Stadt keine Infos vor. „Wir vermuten aber, dass sich ein Großteil zurück in die Heimatländer begeben hat.“ Etwa Bulgarien oder Rumänien.
• Johanna Weber (BesD) glaubt, dass deutlich mehr Menschen in Duisburg sexuelle Dienste anbieten. „Die Zahlen entsprechen nicht der Realität.“ Viele Frauen fürchten die offizielle Anmeldung, sie haben Angst, so Weber, dass sie der Job nachhaltig stigmatisiere, wenn sie behördlich erfasst sind.
• Wie viele Wohnungen in Duisburg von einer Person für die Prostitutionsausübung genutzt werden, ist der Stadt generell nicht bekannt. Nur sobald mehr als eine Person die Prostitution in einer Wohnung ausübt, handelt es sich um eine Prostitutionsstätte, für die eine Erlaubnis nach dem Prostitutionsschutzgesetzt erforderlich ist. „Neben den Prostitutionsstätten an der Vulkanstraße gibt es im Duisburger Stadtgebiet sieben weitere Betriebe“, so die Stadt.
• Der Verein Solwodi hat in Duisburg eine Fachberatungsstelle für Frauen in verschiedenen Problemsituationen – etwa Betroffenheit von Menschenhandel, Zwangsprostitution oder drohender Zwangsverheiratung. Kontakt können Frauen per 0203 663150 oder Mail duisburg@solwodi.de aufnehmen.